Betterov, Ebertbad Oberhausen, 27.11.2023

These: Betterov ist der deutsche Musiker, der die letzten Jahre mit Abstand am meisten über die Nacht gesungen hat. Einzig passendes Setting also, dass man draußen die Hand schon nicht mehr vor Augen erkennen kann, als der Musiker im schicken und gemütlichen Ebertbad vor großem Feedback-Loop auf die Bühne stapft. Das Publikum erwartet hier etwas ganz Großes, ganz ohne jedweden kühlen Perfektionismus.

Aller Anfang ist schwer

Erstmal gibt es zum Aufwärmen aber sanften und angenehm melodiösen Indie von Pano – die mit „Oceans“ sogar schon einen eigenen kleinen Hit im Gepäck hat. Warmes Timbre, schöne Arrangements, super sympathisches Auftreten. Merken!

Etwas weniger freundlich beginnt der Auftritt von Betterov, der mit dem für seine Verhältnisse kantigen „Irrenanstalt“ – (darf man das überhaupt noch sagen? I doubt it) – über die Bühne tänzelt. Statt einstudierter TikTok-würdigen Choreo und protzigem Bühnenbild gibt’s eine schöne schlichte Lichtshow und losgelösten Tanz. Mit seiner dreiköpfigen Band in Standard-Besetzung spielt Betterov dann die ersten sieben Songs – mit ersten Highlights wie „Schlaf gut“ und „Bring mich nach Hause“ – in großem Sound-Kleid, irgendwo zwischen melancholischem Post-Punk und kauzigem Indie. Tanzen geht da schon mal ziemlich gut. Das Maximum ist aber noch nicht erreicht.

Der kleine große Funke

Denn herausragend groß wird es dann, wenn die Band die Bühne verlässt und Betterov alleine am Klavier Platz nimmt. Das ist aus mehreren Gründen außergewöhnlich:

  1. Wird mit „Dussmann“ direkt der bisher größte Track des Musikers angestimmt.
  2. Spielt Betterov unzählige Ligen besser Klavier als der durchschnittliche Indie-Musiker.
  3. Kommt nun endlich (!) Betterovs Honig-warmes und gleichzeitig so tief trauriges Timbre auch durch.

Mit dem Triple aus „Dussmann“, „Böller aus Polen“ und „Viertel vor Irgendwas“ ist das hier wirklich oberste Liga, sicherlich auch im gesamten nationalen Ranking. Alleine für den angenehm unverbrauchten Wortschatz und eigenwilligen Klangwelten hat Betterov jede Auszeichnung verdient. Gänsehaut überall – und das sagt jemand, die mit dem Akustik-Set meist eine Getränkepause verbindet.

Danach fühlt es sich schon fast desillusionierend an, wenn die Band wieder dazu steigt und erneut große Gitarrenwände, gewittrige Strobo-Lichter und laute Refrains die Bühne einnehmen. Gut klingt das weiterhin, vor allem bei so schönen Hymnen wie „Olympia“ oder „Mein Leben ist monoton“ – und getanzt wird dann eben gemeinsam, ganz ohne TikTok-Flair, aber umso ausgelassener. Und mit dem verpatzten Publikum-Mitsing-Moment im tosenden „Dynamit“ gibt es auch einen sympathischen Moment des Makels im sonstigen Profi-Auftritt.

Am Ende geht der Abend mit einem ungewohnten Move zuende: „Viertel vor Irgendwas“ und „Dussmann“ dürfen nochmal in ganzer Länge über die Boxen flirren, dieses Mal aber in voller Besetzung. Nun gut – beschweren will man sich da nicht! Die Nacht darf Betterov mit solchen Auftritten auf jeden Fall weiter gehören. Demnächst dann gerne auch mal mit einer ganzen Klavier-Tour.

Und so hört sich das an:

Website / TikTok / Instagram /

Betterov live 2023:

  • 01.12. E-Werk, Erlangen
  • 02.12. Felsenkeller, Leipzig
  • 04.12. M.A.U. Club, Rostock
  • 05.12. Columbiahalle, Berlin
  • 06.12. Club Central, Erfurt
  • 08.12. Plaza, Zürich
  • 09.12. Sudhaus, Tübingen
  • 10.12. Muffathalle, München
  • 11.12. Schlachthof Wiesbaden

Betterov live 2024:

  • 17.01. Kulturtage Oldenburg
  • 20.01. Alter Schlachthof Eupen BE
  • 17.01.-20.01. ESNS Groningen NL

Beitragsbild von Julia.

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