Jennifer Rostock, Zeltfestival Ruhr, 25.08.2017

Jennifer Rostock ist ohne Frage eine Band, die sehr polarisiert. Meist lassen sich Leute entweder als Fans einordnen – oder sie können gar nichts mit der Musik und dem Auftreten der Gruppe anfangen. Auf ihrem aktuellen Album „Genau in diesem Ton“ zeigen sich die Musiker*innen kompromisslos wie nie zuvor: ob Sexismus, Asylpolitik oder die Boulevardpresse, die Band nimmt zu nahezu keinem Thema ein Blatt vor den Mund. Im Zuge der zugehörigen Tour machten sie auch beim Zeltfestival Ruhr Halt und haben dazu noch eine Überraschung im Gepäck!

Erst am Vorabend des Konzerts wurde bekannt, was zuvor nur in Snippets angedeutet wurde: zum 10-jährigen Jubiläum der Band erscheint noch in diesem Jahr, am 29.09., ein neues Album unter dem Titel „Worst Of“. Am Tage des Auftritts erscheint dann auch gleich die erste Single , „Alles Cool“. In sommerlichen Tönen und mit einer Panflöte (?) sinniert der Text über die unschöne Situation nach einer Beziehung. An einer Stelle heißt es „Wärst du ’ne Frau, dann könnt‘ ich sing’n: „Du bist ’ne Hure“, Misogynie ist schließlich Teil unsrer Kultur“, was man als indirekten Kommentar zu Kraftklubs „Dein Lied“ sehen könnte. Im Vorfeld gab es zu diesem Thema schließlich schon einige Diskussionen. Möglich wäre es, denn auch auf dem neuen Album ist wieder mit Tabuthemen zu rechnen.

Bei den Fans kommt das neue Lied super an, einige können den Text schon am Erscheinungstag auswendig, und auch die Band scheint sichtlich Spaß zu haben. Aber auch die restliche Setlist weiß zu überzeugen, von den ersten Songs wie „Kopf oder Zahl“ bis zu „Wir sind alle nicht von hier“ sind die größten Hits alle dabei. Die musikalische Bandbreite ist enorm, so werden während des Liedes „Ein Schmerz und eine Kehle“ drei Moshpits geöffnet, während Jennifer Weist die Regenbogenfahne schwingt. Innerhalb des größten spielen dann Bassist Christoph Deckert und Tourgitarrist Elmar Weyland den Rest des Songs. Zwei andere Lieder, die deutlich härtere Töne anschlagen sind natürlich „Kaleidoskop“ und „Es war nicht alles schlecht“. Bei diesen wird die Band mit Screams von Nico Webers unterstützt. Im krassen Kontrast stehen dann die ruhigen Stücke „Schlaflos“ oder „Deiche“. Bei derart emotionalen Titeln wird der Raum schließlich im Feuerzeuglicht erhellt, sowohl die lauten, als auch die ruhigen Teile des Konzerts überzeugen und zeigen, was für eine super Liveband Jennifer Rostock sind.

Zudem wird darauf hingewiesen, wie wichtig es im kommenden Monat wird, wählen zu gehen. Als letztes Lied kommt schließlich „Hengstin“, ein weiterer Hit, der sehr polarisiert hat. In diesem Song kriegen alle Frauenfeinde und Sexisten ihr Fett weg – und wieder ein Mal stellt sich die Band dabei mit so klaren Worten gegen ein Gesellschaftsproblem, wie es sich selbst viele Punkbands nicht trauen würden. Dass das Auftreten der Sängerin überhaupt so häufig kritisiert wird, nur weil diese in knappen Outfits teils auch anrüchige Tanzschritte tanzt, ist ja schon ein eindeutiges Zeichen, wie nötig klare Worte gegen Sexismus weiterhin sind. Schließlich steht der Abschiedsgruß des Abends „Nazis raus, Schwanz rein!“ für das, was Jennifer Rostock so besonders macht: Kompromisslosigkeit und klare Positionen.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=znLQrPbozAg

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Bildrechte liegen bei Julia Köhler.

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