K. Flay, Kulturkirche Köln, 29.10.2019

K. Flay

Die Kirche verdunkelt sich. Auf die Bühne treten zwei ganz in weiß gekleidete Musiker, aus den Lautsprechern erklingt die unverkennbar kratzig-hohe Stimme von Kristine Flaherty, die mit ihrem ureigenen Indie-Hip-Hop-Rock-Pop-Gemisch seit einigen Jahren die Musikwelt zumindest im Underground gehörig auf den Kopf stellt. Sie lädt im Einspieler dazu ein, den heutigen Abend zu nutzen, um allen Frust, allen Zorn, aber auch alle positiven Gefühle einfach rauszulassen. Als die Künstlerin hinter dem Pseudonym K. Flay schließlich trotz erst kürzlich gebrochener Nase verzückt auf die Bühne springt, sind die ausgelassenen Rufe und der tosende Applaus Zeichen genug, dass Hunderte Anwesende bereit sind, dieser Einladung nachzukommen.

Die Magie des Loslassens

Wie gut das Publikum heute generell gestimmt ist, zeigte schon der ganz eigene Auftritt des Supports Your Smith. Zu den klar von Robyn beeinflussten Songs der Solo-Künstlerin aus Minneapolis lässt es sich herrlich ausgelassen tanzen, insbesondere wenn die Musikerin stets über beide Backen grinsen muss – ob beim Bedienen der Synthies, der Loop-Station oder natürlich beim Singen. Doch trotz all der positiven Rückmeldung ist das noch gar nichts im Vergleich dazu, was für eine unvergleichliche Stimmung beim Auftritt des Hauptacts folgen soll. Angefangen mit drei Songs des aktuellen, poppigeren Albums „Solutions“ übernimmt K. Flay die ausgelassene Stimmung des Opening Acts, springt über die Bühne, ohne deswegen einen Ton daneben zu setzen. Musikalisch betten die beiden Musiker die Umwelthymne „Not In California“, den kecken Selbstermächtigungssong „This Baby Don’t Cry“ und den Beat getränken Hit „Bad Vibes“ viel rockiger ein, als auf der Platte hörbar war. Dann nimmt sich die Musikerin noch einmal Zeit für ein Dankeschön und eine erneute Betonung des befreienden Effekts, bis sie dann von der „Black Wave“ überrannt wird. Diesem düsteren Sog aus Noise-Gewitter, zornigem Schreien und wummernden Beats ist dann spätestens niemand mehr gefeit, die Meute springt, der Applaus ist ohrenbetäubend.

Himmelhoch, knöcheltief

Erst K. Flays neuem Soundgewand hat es die Setlist zu verdanken, dass diese Energie durch den einzigartigen Kontrast beibehalten werden kann. Poppig, positiv nach vorne blickend geht es in „Good News“ weiter, „Champagne“ ist ein wilder Ritt, in dem die Künstlerin ihre Ursprünge im Hip-Hop beeindruckend unter Beweis stellt, zu den intimen Akkustik-Momenten von „Nervous“ und „Can’t Sleep“ lässt es sich herrlich träumen, „Ice Cream“ ist der zuckersüße Liebessong des Abends und die Gegenüberstellung aus dem zwei Jahre alten „High Enough“ und dem neuen „Sister“ beweist zuletzt, dass sich grundlegend gar nicht viel an der Strahlkraft der Musikerin geändert hat. Mit der intensiven Darbietung treffen K. Flay und ihre Mitmusiker stets den richtigen Ton, um jede dieser Facetten bewegend in Szene zu setzen.

Katharsis ist also das Stichwort des Abends, doch um an diesen Punkt zu gelangen, musste die Künstlerin hinter dem Pseudonym K. Flay sich zunächst auf eine Sinnsuche begeben, die sich in diesem krassen Soundwandel niedergeschlagen hat. Doch dazu mehr in unserem Interview – von den besonderen Umständen hinter dem Auftritt ist schließlich vor der Bühne nichts zu bemerken. Für einen letzten Gänsehautmoment sorgt dann der Grammy-nominierte Song „Blood In The Cut“, der zu guter Letzt für die komplette Ekstase sorgt – insbesondere als die Musikerin für die allerletzte Bridge zum Hinsetzen und Aufspringen aufruft. Ansonsten ist der Abend frei von solchen Tricks, denn die braucht es bei K. Flay einfach nicht. Für die unkonventionelle Seelenreinigung brauchte es einfach nur die eigenwillige, Hand gemachte Musik einer einzigartigen Musikerin – von der wir hoffentlich noch viele weitere Facetten kennen lernen dürfen.

Karten für die „Solutions“-Tour bekommt ihr hier.*

Und so hört sich das an:

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K. Flay live 2019

  • 31.10. Astra, Berlin
  • 04.11. Markthalle, Hamburg
  • 05.11. Werk 2, Leipzig
  • 08.11. Flex, Wien (AT)
  • 09.11. Dom in Berg, Graz (AT)
  • 10.11. Strom, München
  • 11.11. Zoom, Frankfurt

Beitragsbild von Julia.

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