Man kann den Umstand, dass sehr viele Bands in den umliegenden Ländern und vor allem in der UK viel bekannter sind, als in Deutschland, fast schon als Phänomen bezeichnen. In keinem Land ist Rock-Musik wohl so wenig im Mainstream verankert, als in der Bundesrepublik. Füllen Bands wie Muse oder Biffy Clyro dort locker Stadien und Arenen, schafft man es hierzulande teilweise nicht einmal kleinere Arenen auszuverkaufen. Auch Kasabian mussten gleich zum zweiten mal hiervon Notiz nehmen. Spielte man in England bereits vor ausverkauften Stadien und wird im Dezember gleich zwei mal die Londoner O2-Arena füllen, wurde die Show der britischen Band in Köln nach 2014 schon das zweite mal vom Palladium in das nur halb so große E-Werk runterverlegt. Das war dann aber zu Beginn des intensives Konzertes, das das in der Live-Situation zum Septett angewachsene Quartett präsentierte, zum Glück ziemlich gut gefüllt.
Es war Punkt 21 Uhr, als die komplett in weiß gekleidete Band zu den Klängen der legendären Super-Mario-Melodie die Bühne betrat. Zuvor hatten Slaves aus Kent, dem Süden Großbritanniens, das teilweise ältere Publikum eher in Schock, als in Begeisterung versetzt. Schade, natürlich ist der Humor des Punk-Rock Duos speziell und die Songs, die zwischen treibenden Bass- und Gitarren-Klängen und dem enthusiastischen Getrommel von Sänger Isaac Holman pendeln, manchmal schwer verdaulich – die Band macht ihre Sache jedoch wirklich gut. Beim Hauptact sprang der Funke darauf jedoch direkt über. Gleich zum Album- und Konzert-Opener „Ill Ray (The King)“ entstand ein ausgelassen tanzender Moshpit vor der Bühne, die Lead-Sänger Tom Meighan für die kommenden 95 Minuten zu seinem Eigen machte.
Das Quartett, von der konservativen Tageszeitung Münchner Merkur vor einigen Tagen noch als „britische Neuentdeckung“ bezeichnet worden, legte den Fokus merklich auf sein neuestes Werk „For Crying Out Loud“, von dem fünf Songs gespielt wurden. Obwohl der Band dieses durchaus gelungen (mehr dazu hier!) ist, war es auch schön, dass man auch vielen älteren Tracks Raum bot. In der 20-jährigen Bandgeschichte – Hust, Neuentdeckung – hat man ja auch den ein oder anderen sehr tanzbaren Indie-Hit abgeliefert. So feierte das Kölner Publikum vor allem „L. S. F. (Lost Souls Forever)“ aus dem im Jahr 2004 erschienen Debütalbum, zu dessen erweitertem Outro sich ein großes Loch in der Menge öffnete, in das kurz darauf etliche sich windende Körper verschwanden. Auch zu „Treat“ aus der 2014er „48:13“, wurde fleißig getanzt. So wie der Bass die Gehörgänge durchspülte, blieb den Zuhörern aber auch kaum etwas anderes übrig. Das war schon fast zu viel des Guten.
Vor allem den festen Mitgliedern der Band sah man den Spaß, den sie während ihres Auftrittes hatten, sichtlich an. Übernahm Co-Sänger Sergio Pizzorno für einen Song den stimmlichen Part und hüpfte so energiegeladen über die Bühne, dass man vermuten könne er vermisse seine Gitarre, die er abgelegt hatte gar nicht, ging Meighan während seiner Passagen immer wieder in Blickkontakt mit dem Publikum und seinen Kollegen. Auch Schlagzeuger Ian Matthews bot ein beeindruckendes, unterhaltsames Schauspiel, das vor allem von seinem beim Spielen zu einer verzerrten Grimasse verzogenem Gesicht ausging. Es bleibt zu hoffen, dass die „Neuentdeckung“ Kasabian das nächste Mal, wenn sie in Köln vorbeischaut, auch in der geplanten Location bleiben kann. Mit diesem wirklich großartigen Konzert hat das Quartett erneut bewiesen, warum es in anderen Ländern zurecht so viel populärer ist, als in dem musikalisch oft sehr stumpfen Deutschland. Wir wollen mehr davon, auch hierzulande!
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Foto von Jonas Horn.
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