„Herzlich willkommen zu einem Kraftklub-Konzert“, sagt Felix Brummer mit ausgebreiteten Armen. Anschließend erklärt er die Spielregeln (Rücksicht in der Eskalation, kein Prollo-Gehabe). Es folgt der vierte Song des Abends, das ironisch doppelbödige „Unsere Fans“. Die das Palladium füllende Masse spielt Atom.
Zwei Abende lang residieren die Chemnitzer im späten November im Kölner Palladium. Dass Band und Location nur so mittelmäßig matchen, ist keine neue Erkenntnis. Es ist bereits das dritte Palladium-Doppelspiel der Band. So wenig stressig wie heute, dem ersten Abend des „Kargo“-Tour-Köln-Zweiers, war es bislang noch nie. Es ist generell etwas luftiger vor der Bühne. Entweder hat man ein paar Handvoll weniger Tickets verkauft oder aber ein paar Menschen sind spontan wegen Krankheit oder anderer Gründe nicht erschienen. Verantwortlich zeichnet sich auch die Band selbst. Brummer nämlich ruft (wenn er nicht gerade Crowdsurfer abklatscht) nicht nur immer wieder zu Rücksicht auf, sondern steht gleich am Bühnenrand wenn es irgendwo in der Menge zu unkontrolliertem Gedränge kommt und klärt mit schlacksigen Handzeichen die Lage.
Dass Kraftklub in anderer Lokalität (etwas) mehr glänzen als hier, das liegt auch an der Produktion. Die „fünf Weißbrote auf der Bühne“ touren mit einer rechteckigen Bühnenkonstruktion, die von einem weißen Vorhang umrahmt wird und in den meisten Hallen nicht nur von vorne, sondern auch von ihren Seiten betrachtet werden kann. Das schlauchige Palladium macht das nicht möglich und so muss die Band mit einer typischen Endbühne auskommen. Auch die über den Musikern in die Höhe gezurrte Lichtkonstruktion passt nicht vollständig. Steht Gitarrist und Sänger Karl Schumann für das Stück „Angst“ eigentlich über seinen Kollegen auf ebener Installation, so muss diesmal ein wackeliges Podest herhalten. Immerhin: Das Kraftklub-K darf auf seinen gewohnten Platz. Eindrucksvoll ist die über zwei Stunden andauernde Show dennoch.
Ein weiterer Stein liegt der Band im Weg, auch wenn sie selber den Umstand gar nicht thematisiert. In der letzten Woche mussten Kraftklub aufgrund von Krankheit eine Handvoll Konzerte an das Tourende schieben. Der Abend ist daher ein quasi Tourwiederauftakt. Heute sind grundsätzlich zwar alle wieder gesund, Schumann kämpft im ersten Showdrittel jedoch noch ein wenig mit seiner Stimme. Und auch der ein oder andere Verspieler in Griffbrett oder Fell geschieht. All diese ungünstigen Kontextfaktoren jedoch können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die fünf Musiker ein durchweg gutes Konzert darbieten. Der Platz zwischen den Säulen betreibt anerkennend Dauersport und auch die Choräle, etwa die zu „Angst“ oder „Blaues Licht“, wollen gar kein Ende finden. Diese Euphorie möchte selbst zu den weniger populären „Kargo“-Songs nicht abklingen – Kraftklub nämlich spielen alle Stücke ihres aktuellen Albums. Dazwischen gibt es massig Altbekanntes. „Mein Leben“ und „Eure Mädchen“ vom Debüt oder „Wie Ich“ und „Irgendeine Nummer“ von der „In Schwarz“ etwa.
Nach „So Schön“ steigt die Band dann von der Bühne und spaziert durch eine Menschengasse in die Menge. Dort spielen die Brummer-Brüder, Schumann, Israel und Marschk umringt von sitzenden Fans erst „Kein Liebeslied“ und dann eine balladeske Interpretation des Kummer-Hits „Bei Dir“, bevor es per Crowdsurf zu „500K“ zurück zu den Verstärkern und Instrumenten geht. „Kein Gott, Kein Staat, Nur Du“ außerdem wird das erste Mal gemeinsam mit Mia Morgan performt. Die übernimmt mit ihrem Debütalbum „Fleisch“ und ihrer zweiköpfigen Liveband im Rücken zuvor die schwere Aufgabe die Menschen auf Kraftklub vorzubereiten. Ausgelassene Stimmung aufkommen möchte leider nicht, auch wenn Musik und Performance top sind. Morgan hat sogar einen alten Bekannten dabei, der in neuem Gewand seine Live-Premiere feiert, den „Wiedergänger“. Nach und nach lockern sich während der 30 Minuten dann scheinbar doch auch die festgefahrensten Denkmuster und zumindest das Klatschen funktioniert.
Kraftklub nutzen die Aufmerksamkeit der 4000 Anwesenden später noch für eine Ankündigung. Im nächsten Juni spielt die Band am Fühlinger See ein großes Open-Air Konzert, erzählt Brummer. Es wird aller Voraussicht nach die größte Köln-Show der Band mit dem K werden. Sicher ist: Eine bessere Werbeveranstaltung als diesen Abend hätte es trotz der kleinen Hindernisse wohl nicht geben können. Den Zweikampf Kraftklub vs. Palladium jedenfalls gewinnt eindeutig die Band.
Mehr Kraftklub gibt es hier.
Und so hört sich das an:
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Kraftklub live 2022/2023:
29.11.2022 – Köln, Palladium – AUSVERKAUFT
01.12.2022 – Berlin, Max-Schmeling-Halle – AUSVERKAUFT
02.12.2022 – Leipzig, Quarterback Immobilien Arena – AUSVERKAUFT
03.12.2022 – Frankfurt am Main, Festhalle – AUSVERKAUFT
04.12.2022 – Erfurt, Messe – AUSVERKAUFT
07.12.2022 – Münster, Halle Münsterland – AUSVERKAUFT
09.12.2022 – Stuttgart, Schleyerhalle
10.12.2022 – Zürich, Halle 622 – AUSVERKAUFT
11.12.2022 – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle – AUSVERKAUFT
24.06.2023 – Köln, Fühlinger See
05.08.2023 – Berlin, Wuhlheide
02.09.2023 – Dresden, Rinne
Foto von Jonas Horn.
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Welche Alternative gibt es denn in Köln für KK? Bitte nicht die Kölnarena. Oder in der Umgebung (südlich von Düsseldorf)?
Die Lanxess Arena wird langfristig wohl der einzig sinnvolle Schritt sein – zumindest wenn man möchte, dass sich die eigene (auf andersformatige Hallen ausgelegte) Produktion auch entfalten kann. In anderen Städten spielt man ja schon Hallen der Dimension (die Festhalle etwa), auch wenn es diesmal vielerorts dann noch die kleineren Arenen (Mitsubishi Electric Halle, Halle Münsterland, …) geworden sind. Die Openair-Fläche am Fühlinger See fasst maximal auch nahezu 30.000 Menschen, die Lanxess Arena (mit all ihren Macken) wäre diesbezüglich also durchaus ein paar Schritte kleiner.
30K, das ist mal ne Ansage!
Ich mag eigentlich die kleinen Hallen, aber aus denen ist KK wohl so langsam rausgewachsen.
Es fehlt in der Region einfach eine Halle in der Dimension 6.000 bis 8.000 Zuschauer. Jetzt nicht nur für KK, gibt ja noch mehr Bands/Künstler/Veranstaltungen für so eine Halle.