Was macht man, wenn Northlane in die Sauna in der Nachbarstadt einladen? Na, natürlich brav dorthin pilgern! Das Bla in Bonn ist eine Punk-Rock-Kneipe, die etwa zehn Gehminuten vom Bonner Hauptbahnhof entfernt liegt. Ab und an finden hier auch Konzerte statt, bei denen knapp über hundert menschliche Körper eng aneinander gedrängt vor der kleinen Eckbühne stehen und der Musik lauschen. Die zugehörige Burger-Bude serviert den Künstlern vor ihren Auftritten saftige Pommes, das Bla selber kühles Bier. Die perfekte Umgebung also, damit Bands sich wohlfühlen. Die australische Metalcoreband lädt heute nur Gewinner und geladene Gäste in diese heimelige Atmosphäre ein, um in intimer Umgebung und bei sengender Hitze einige Stücke aus ihrer Diskographie zum Besten zu geben. Im November spielt das Quintett nämlich im Rahmen der diesjährigen Ausgabe der Never Say Die Tour neben Kollegen, wie Being As An Ocean und Casey, unter anderen in sechs deutschen Städten. Ein solch großes Event möchte natürlich auch promotet werden und da man momentan ja eh durch Europa tourt, um Festivals und einige wenige Club-Shows zu spielen, kann man ja auch das tun, was eben immer noch am überzeugendsten ist: Live-Musik spielen.
Im langgezogenen Raum angekommen, kämpfen wir uns erstmal zu den Toiletten. Die befinden sich direkt an der Bühne, man muss sich also erstmal an allen wartenden Leute vorbeidrängen, um sein Geschäft verrichten zu können. Manchmal nutzen Künstler diese Räumlichkeiten, in denen man sonst nur erleichtertes Stöhnen und Klogespräche auffängt, auch um vor ihrer Zugabe aus dem Sichtfeld der Besucher verschwinden zu können. Besondere Situationen verlangen eben sonderbare Methoden. Nach dem erleichternden Toilettengang wird uns klar, dass der Großteil der wartenden Menge nicht wirklich bis an die Seite aufgerutscht ist. So stehen wir die erste Hälfte des Konzertes direkt an den Klos ganz vorne vor Gitarrist Josh Smith, der „wie ein BWL-Student“ aussieht und sein Griffbrett während der gut einstündigen Show leichtfertig in ein mal brachiales, mal atmosphärisches Soundbrett verwandelt.
Dass die Band heute etwas besonderes, einzigartiges schaffen will, wird gleich zu Beginn klar. Sänger Marcus Bridge sei in seinem Leben noch nie gecrowdsurfed, also sollen die Menschen ihn vom Ende der Kneipe auf die Bühne tragen, bittet Smith. Gesagt, getan, kann das Konzert kurze Zeit später schon beginnen. Northlane halten hier ein dreizehn Songs starkes Set, das neben vielen Klassikern aus „Singularity“-Zeiten den Fokus vor allem auf „Mesmer“-Songs legt, für ihre Fans bereit. Nachdem die im letzten Monat erschienene Single „Vultures“ erstmal für einen entspannten Einstieg sorgt, gerät die Situation bereits zu „Masquerade“ komplett außer Kontrolle. Menschen stürzen nach vorne, brüllen Bridge die Texte seiner Band entgegen und headbangen so enthusiastisch, dass man meint ab und an einen Kopf auf den Bühnenboden aufschlagen zu hören. Bei dieser Energie im Raum ist es nichtmal schlimm, dass der Sound an den Klos fast schon beschiss.. ähm bescheiden ist (naja, wir haben uns unseren Platz ja selber ausgesucht).
So dauert es nicht lange, bis die ersten Menschen zu den Toiletten stürmen, um sich eine kurze, aber wohlverdiente Abkühlung zu beschaffen. Das bemerkt auch der Frontmann der Band, der bereits nach wenigen Songs oberkörperfrei spielt, und bittet seine Bandkollegen eine kurze Pause einzulegen, damit alle sich etwas akklimatisieren können. Nachdem die Fenster des Blas kurz geöffnet wurden, bietet Bridge an zur Überbrückung der Pause ein paar Fragen aus der Menge zu beantworten. Auch hier fühlt sich der Auftritt der Metalcore-Band sehr nahbar an. Der Sänger antwortet auf die Frage nach seinem Lieblingssong mit „Heartmachine“ aus dem letzten Album seiner Band, das dann – oh Zufall! – auch folgt und die Abkühlungspause und Fragerunde beendet.
Wirklich für Abkühlung gesorgt, hat die kurze Unterbrechung jedoch nicht. Wie denn auch bei 27 Grad Außentemperatur? Also werden die eigenen Hände fix sehr schrumpelig, sein T-Shirt kann man nach der Show ohnehin auswringen, auch wenn man nur bewegungslos und apathisch zur Band schaut, und selbst die Kopfhaare liegen einem, beschwert von einer Mischung aus eigenem und fremdem Schweiß, wirr im Gesicht. Immer wieder knallt die Band einem ihre vertrackten Ping-Pong-Riffs um die Ohren. Dass Northlane eine technisch einwandfreie Band sind, ist ja nichts neues. Die brachiale Musik des Quintettes ist neben den nassen Körpern, die sich immer wieder zum Klo zwängen, wohl auch das einzige, was einen in einer solch kritischen Umgebung bei Bewusstsein hält. Mit „Quantum Flux“ beschließen Northlane nach einer knappen Danksagung Bridges kurze Zeit später diese Grenzerfahrung, die uns nicht nur um ein paar Schwimmhäute, sondern ebenfalls ein unvergesslichen Abend reicher gemacht hat. Wir sehen uns auf der Never Say Die Tour.
Und so hört sich das an:
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Northlane live auf der Never Say Die Tour 2018:
02.11. – Wiesbaden – Schlachthof
03.11. – Paris – Le Trabendo (FR)
04.11. – London – Koko (UK)
05.11. – Bristol – SWX (UK)
06.11. – Manchester – Club Academy (UK)
07.11. – Birmingham – Asylum (UK)
08.11. – Eindhoven – Dynamo (NL)
09.11. – Hamburg – Gruenspan
10.11. – Wroclaw – Pralnia (PL)
11.11. – Berlin – Columbia Theater
12.11. – Prague – Storm Club (CZ)
13.11. – Wien – Arena (AT)
15.11. – München – Backstage
16.11. – Milan – Santeria Club (IT)
17.11. – Pratteln – Z7 (CH)
19.11. – Madrid – Caracol (ES)
20.11. – Barcelona – Bóveda (ES)
21.11. – Geneve – L’Usine (CH)
22.11. – Hasselt – Muziekodroom (BE)
23.11. – Köln – Essigfabrik
24.11. – Leipzig – Felsenkeller
Foto von Jonas Horn.
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