Prada Meinhoff sind in jeder Hinsicht einzigartig. Und das muss schon was heißen im 21. Jahrhundert und dazu noch im Jahrzehnt des Musikstreamings. Der Musikmarkt ist überflutet von Acts, eine grandiose Band jagt die nächste. Umso schöner ist dann das Gefühl, zu denken “Moment, so habe ich das bisher aber noch nicht gehört!” So erging es mir letztes Jahr, als ich Prada Meinhoff im Vorprogramm von Milliarden erleben durfte. Ein Duo, ein Mann am Bass und eine Sängerin, die binnen kürzester Zeit den Saal auf den Kopf stellten und vor einem Hintergrund aus Exzentrik und ballernden Beats wunderbare Songs ablieferten. Dieses Jahr erschien das grandiose Debütalbum (Rezension hier) und die Reise ging erstmalig auf eine Headline-Tour. Zum Tour- und damit Jahresabschluss durfte ich dabei sein und erneut bestätigt bekommen, warum Prada Meinhoff meine liebsten Newcomer des letzten Jahres waren.
Als Unterstützung hat das Berliner Duo zum einen Martha dabei, die mit einem Versatzstück aus New Wave und Post-Punk arbeiten und mit einem exzentrischen Frontmann punkten, der so auch zum Hauptact des Abends passen würde. Ganz im Gegenzug dazu spielen Snøffeltøffs im Anschluss Garage-Rock zum Mithüpfen. Besonders begeistern kann dabei Meghan, die bestgelaunteste Schlagzeugerin aller Zeiten, und die wunderbaren Harmonie-Führungen von Julian und Florian. Was zunächst jedoch ziemlich verstört, ist die Fotograf*innen-Wand, die sich vor der Bühne breit machte. Sonderlich groß ist das Blue Shell schließlich nicht und so ist es dann kein Wunder, dass die Band darum bittet, dass das Publikum doch mal besser mit den Kameras die Plätze tauschen sollen. Und schon wird das Pressekoferenz-Feeling kleiner.
Schließlich schreiten Chrissi Nichols und René Riewer durch die Menge und positionieren sich an Synthesizer und Keyboard. Bevor die eigentliche Setlist beginnt, wird das Blue Shell so in wabernde und pulsierende Bässe getaucht, einige Versatzstücke verschiedener Aufnahmen werden dazwischen geschaltet. Ein Schritt von den Geräten weg, hin zur Masse, René ergreift seinen Bass, die ersten Takte sind fordernd, die Menge jubelt, Chrissi intoniert aufmüpfig “Jetzt mach mal nicht so ‘n Stress!” und schon tanzt das ganze Blue Shell. Dieses ist in der Zwischenzeit übrigens ziemlich voll geworden, was die beiden zu einem breiten Grinsen verleitet, das sie den ganzen Abend nicht verlassen wird. Auch dem Publikum sind die Glücksgefühle anzusehen und das ist auch kein Wunder! Die Bässe wummern, René holt alles aus seinem Instrument heraus, Chrissi tanzt und singt mit ungemein viel Charme und Kraft den ganzen Laden zusammen. Musikalisch einordnen kann man das Duo kaum, New Wave, Post-Punk und Pop sind wohl die zentralsten Einflüsse. Auf der Setlist stehen viele Songs des Albums und alle drei der neuesten “Stress EP”, sowie ein Cover des Kraftwerk-Überhits “Das Modell”, alle zünden. Auch für die sanften Momente ist Zeit, wie “Schluss”, das Lied zum Mal-auf-die-Bremse-Treten, unter Beweis stellt. Zwischen den Songs werden häufig wieder die elektronischen Beats aus den Synthies gekitzelt, die Menge tanzt ausgelassen dazu. Besonders euphorisch ist dabei Meghan aus der Vorband, die kurzerhand in “Maske” die Bühne entert und den Refrain mit Chrissi im Duett performt. Auflösung: Meghan ist Chrissis Schwester – ein reines Familienfest! Zu “Cocktail” wird die Bühne glatt zur Tanzfläche ummodeliert, Leute werden mit auf die kleine Fläche geholt und alle tanzen zum unmissverständlichen Beat: “Wir tanzen und wir fühlen nichts.” Eskapismus ist erlaubt, vor allem wenn an anderer Stelle über Flüchtlingskrise und Krieg geredet wird. Prada Meinhoff können das alles bedienen und beenden ein energiegeladenes und atemberaubendes Set mit “Komplizen”, einem verhältnismäßig ruhigem Song. Dann endet der Beat. Chrissi und René liegen sich eine halbe Ewigkeit in den Armen. Nächstes Jahr wollen sie wiederkommen, die Pläne sind groß. Prada Meinhoff haben ihren ganz eigenen Fleck im wilden Musikdschungel gefunden – und der darf gerne noch größer werden!
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