Bereits zehn Tage nach Jahresbeginn ging es für uns wieder in das enge, schwitzige The Tube in der Düsseldorfer Altstadt, in das diesmal die Emsländer Razz einluden. Der Schuppen war schon im Voraus ausverkauft, was bei der Location eher immer zu Stress, als Entspannung führt, wobei vor allem die knapp drei bis vier Meter direkt vor der Bühne befindliche Säule zu dieser Situation beiträgt. Im Vergleich zu der sehr hektischen Leoniden-Show im vergangenen Oktober, stellte sich das Publikum der Indie-Band jedoch als deutlich gelassener heraus. Dies war sicherlich auch den älteren Menschen, die sich doch eher im hinteren Teil des langgezogenen Raumes aufhielten, zu verdanken. Dadurch stauten sich nicht alle Massen in dem kleinen Bereich direkt vor der Bühne, in dem sich vor allem die jungen, weiblichen Fans breitgemacht hatten und die Warterei auf die Band mit Kartenspielen und Plaudereien totschlugen (ja, wir kamen extra früh an der Location an, um uns einen akzeptablen Platz zu sichern!).
Eine knappe halbe Stunde nach Einlass durften jedoch erst einmal KID DAD aus Paderborn auf die minikleine Bühne des Clubs und ihren, für das Razz-Publikum fast schon zu harten, Neo-Grunge darbieten. Die Menge lauschte der Band, die diesmal leider komplett ohne Blitzlichtgewitter und Nebel auskommen musste, brav, während Sänger Marius Vieth sich seine Gitarre auf unnatürliche Weise um seinen Körper wand und die oft sehr düsteren Texte mit halbgeschlossenen Augen aus seinem Kehlkopf presste. Die raue Stimme Vieths erinnert dabei nicht selten an das Stimmorgan Kurt Cobains. Dieses Jahr wird die Band wohl ihr Debütalbum herausbringen, auf das das Quartett bereits den Großteil seines Sets auslegt. Wieder schaffte es lediglich „Rehab“ aus der doch sehr gelungenen Debüt-EP „Disorder“ in die Setlist. Ausgehend von dem Material, was es bereits live auf die Ohren gibt, prophezeie ich, dass die Karriere der Band mit dem ersten Album erst so richtig starten wird und wir hier bald einen neuen deutschen Untergrund-Durchstarter haben.
KID DAD ohne Nebel und Flackerlichtlein.
Als es dann Zeit für Razz war, hatten sich einige wenige Fans aus der Heimat der Band, dem Emsland, vor die Bühne geschlichen, was sich während des gut 70-minütigen Sets des jungen Quartetts durch einigen wenigen, fast schüchterne „Emsland, Emsland“-Rufe herausstellte. Razz ignorierten diese gekonnt und wirkten die erste Hälfte ihres Konzertes eher distanziert und konzentriert, als greifbar. Das direkt vor Sänger Niklas Keiser platzierte Keyboard wirkte dabei wie eine Grenze zwischen Publikum und Band, auf deren beiden Seiten jede Partei für sich selbst agierte. Auf Seiten des Publikums entwickelte sich innerhalb der ersten Songs der Band aus zaghaften Rumgehüpfe ein kleiner, aber doch spaßig wirkender Pogo-Kreis, in den sich vor allem die Hardcore-Fans, die jede Zeile mitsingen konnten, verirrt hatten. Unbeeindruckt davon widmeten die älteren Besucher im hinteren Teil des Raumes sich weiterhin ihren Getränken an der Theke. Die Band lieferte unabhängig ihres ernsthaften Auftretens musikalisch top ab, wozu jedoch auch das Fundament aus dem druckvollen und klaren Sound und der auch in der Live-Situation einzigartigen Stimme Keisers einen Großteil beitrugen.
Als die Band mit „Postlude“ aus ihrem Debütalbum „With Your Hands We’ll Conquer“ den zweiten Teil ihrer Show einläuteten und das Publikum die Gitarrenmelodien des Songs mitgröhlte, konnte sich selbst Keiser ein Lächeln nicht verkneifen. Ab da an wirkte die Band wie verzaubert, Gitarrist Christian Knippen begab sich für die Bridge des Songs in den Pogo und öffnete eigenhändig einen Tanzkreis vor der Bühne, in dem darauf sich windende Körper verschwanden. Da war also die erhoffte Indie-Party – mittlerweile tropfte auch schon der Schweiß von der Decke. Ähnlich energiegeladen ging das Konzert einige Minuten, Songs und zwei Zugaben später zu Ende, die älteren Herrschaften verharrten wie angetackert an der Bar, während das junge Volk sich in einer langen Schlange am Merchandise anstellte. Es dauert sicher nicht mehr lange, bis derart schnuckelige Clubs, wie das The Tube sowohl für Razz, als auch für KID DAD zu klein geworden sind. Wer also noch einmal Musik zum anfassen haben möchte, der sollte sich beeilen und alsbald ein Konzert der Bands besuchen – auch wenn erstere ab und an ein wenig Zeit zum Auftauen brauchen.
Und so hört sich das an:
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Razz live 2018:
12.01.18 Kaiserslautern – Kammgarn Club
13.01.18 Stuttgart – Keller Klub
14.01.18 Dortmund – FZW Club
16.01.18 Chemnitz – Atomino
17.01.18 Magdeburg – Theater in der grünen Zitadelle
18.01.18 Osnabrück – Lagerhalle
19.01.18 Bremen – Tower (ausverkauft)
23.01.2018 Wien (AT) – B72 (verlegt vom 06.12.17)
24.01.2018 München – Ampere (verlegt vom 04.12.17)
25.01.2018 Zürich (CH) – Werk21 (verlegt vom 01.12.17)
26.01.2018 Freiburg – Jazzhaus (verlegt vom 28.11.17)
27.01.2018 Karlsruhe – Stadtmitte (verlegt vom 29.11.17)
29.01.2018 Frankfurt – Zoom (verlegt vom 25.11.17)
30.01.2018 Essen – Zeche Carl (verlegt vom 23.11.17)
31.01.2018 Heidelberg – halle02 (verlegt vom 26.11.17)
01.02.2018 Köln – Luxor (verlegt vom 24.11.17)
02.02.2018 Berlin – Festsaal Kreuzberg (ausverkauft)
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Fotos von Jonas Horn.
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