Für alle Countryfans und solche, die es noch werden möchten, hat sich die Konzertreihe Sound of Nashville bereits fest in der deutschen Konzertszene etablieren können. Im vergangenen Monat konnten wir bereits eines der Sound Of Nashville Events in Köln besuchen und dort Superstar Jordan Davis live erleben (den Bericht dazu findet ihr hier).
Am 05.03.2024 zog es uns erneut nach Köln, wo uns im Club Bahnhof Ehrenfeld dieses Mal gleich drei fantastische Acts der internationalen Country-Szene erwarteten, die unterschiedlicher nicht sein konnten.
Ein Kneipenabend mit Freunden
Den Anfang machten Lakeview (sh. Beitragsfoto). Meine Freundin hatte mir diese Band als “Country mit Rockelementen” verkauft, daher war ich sehr gespannt auf den Auftritt des Duos aus Pittsburgh. Als die beiden Musiker Jesse Denaro und Luke Healy dann aber lediglich mit zwei Akustikgitarren auf die Bühne traten, war ich etwas verwirrt. Sollte hier nicht eine ganze Rockband stehen?
Schnell stellte sich heraus, dass es sich bei dem Auftritt der Band “nur” um ein Akustikset handelte. Einerseits etwas enttäuschend – immerhin ist es der etwas härtere Klang, der Lakeview ausmacht – aber andererseits auch eine wirklich seltene Gelegenheit, die Band ausnahmsweise mal akustisch zu erleben. Normalerweise seien Jesse und Luke nie ohne ihre Band unterwegs, berichteten sie in einer Ansage. Doch die musikalische Unterstützung brauchten Lakeview auch gar nicht, um uns und das Publikum mit ihrer frischen Art und den rauchig-kräftigen Stimmen zu begeistern.
Traurigerweise war die Location an diesem Abend nur knapp zur Hälfte mit Menschen gefüllt, sodass man während des Auftritts ein wenig das Gefühl hatte, man sei zufällig in irgendeiner Kneipe gelandet, wo zwei Typen gerade für Unterhaltung sorgten. Doch trotz der eher reduzierten Musikfans sang das Kölner Publikum lauter mit als so manche amerikanische Crowd (wenn man der Band Glauben schenken darf). Auch die deutsche Höflichkeit wurde gelobt, als die Menge während der Songs unaufgefordert mitklatschte.
Der Auftritt von Lakeview machte einfach Spaß. Müsste man einen Song benennen, der am meisten in Erinnerung geblieben ist, so ist es wohl die Single Home Team, in der Lakeview die Wichtigkeit der individuellen Arbeit hervorheben und den Menschen für ihre Dienste in der Gesellschaft danken. Quasi ein Hoch auf den Kapitalismus!
Während Son of A B kam es dann noch zu einem kleinen, sympathischen Texthänger – oder auch Brain Fart, wie die Band es so schön nannte – was zur allgemeinen Kneipenatmosphäre noch beitrug. Der letzte Song des Abends, Drink With My Friends, fasste die Stimmung des Auftritts schließlich noch einmal hervorragend zusammen.
The American Popstar
Hannah Ellis, die mit ihrem Gitarristen und Ehemann Nick Wayne (ebenfalls Musiker) als Zweites auf die Bühne trat, war das genaue Gegenteil vom Opener des Abends. Statt lockerer Kneipenatmosphäre brachte die 1990-geborene Sängerin amerikanischen Glamour nach Köln. Gerade im direkten Vergleich zu ihren sympathischen Vorgängern wirkte Hannah Ellis leider deutlich weniger authentisch – sowohl in ihren Ansagen als auch ihrer Art zu Singen. Mit ihren glatt produzierten Songs hinterließ sie eher den Eindruck eines gecasteten Popstars als einer Vollblut-Countrymusikerin. Meisterlich getroffene Töne wirkten mechanisch einstudiert und mit wenig Überzeugung dargeboten.
Doch auch wenn das Ganze jetzt vielleicht recht hart und negativ klingt, so lieferte Hannah Ellis dennoch einen souveränen Auftritt. In der wirklich gut geschriebenen Ballade Someone Else’s Heartbreak gab sie Trennungsratschläge, baute einige Coverversionen in ihr Set ein (u.a. You’re Still The One von Shania Twain) und ließ für ein Duett auch ihren Mann Nick mit ans Mikrofon. In ihrer aktuellen Single Too Much And Not Enough reflektierte sie eigene Unsicherheiten und berührte uns mit ihrer Zeile: „What’s a girl supposed to be when she’s her own worst enemy?“
Was jedoch trotz der Ganzen Kritik deutlich wurde: Country verbindet. Und auch wenn Hannah Ellis nicht ganz unseren Geschmack treffen konnte, so beschrieb sie die Stimmung des Konzertes dennoch hervorragend in ihrem Song Country Can – denn auch wenn es einzelne Künstler*innen vielleicht nicht schaffen, unser Herz zu erobern, so erschafft dennoch das Genre als solches immer wieder ein wohliges Gemeinschaftsgefühl.
Das Mädchen von nebenan
Ein wohliges Gefühl gab uns auch Alexandra Kay, die dritte und letzte Künstlerin des Abends. Von Anfang an wirkte die 32-Jährige super sympathisch und brachte einen gewissen Kleinstadtcharme auf die Bühne. Schnell fiel jedoch auf, dass die Sängerin an diesem Abend gesundheitlich zu Kämpfen hatte – immer wieder wandte sie sich vom Mikrofon ab und hustete stark. Hohe Töne machten ihr sichtlich zu schaffen. Doch all das fiel nur dann auf, wenn man zur Bühne sah – rein auditiv überzeugte Alexandra Kay trotz Erkältung.
Sie führte die Zuschauer durch ihre Diskografie – angefangen bei Songs über Liebe und das Erwachsenwerden, die sie bereits mit 15 Jahren selbst geschrieben hatte, bis hin zu den aktuellen Tracks ihres ersten Debütalbums All I’ve Ever Known. Auf dem Album verarbeitete sie vor allem das Ende ihrer 11-jährigen Beziehung und das damit verbundene schwerste Jahr ihres bisherigen Lebens. Songs wie ihr iTunes Hit “I Kinda Don’t” oder ihr erster Radiosong “Everleave” erzählten dabei die unterschiedlichsten Geschichten aus der Gefühlswelt einer jungen Frau. Musikalisch bewegte sich Alexandra Kay von allen Acts des Abends am wenigsten im Countrybereich und präsentierte eher eine bunte Mischung akustischer Popsongs.
Leider zeigte das Kölner Publikum nicht mehr allzu viel von ihrer anfänglichen deutschen Höflichkeit. Stattdessen kam es während Alexandras Auftritt zu reichlich Gemurmel in der Menge. Umso schöner war es, zwei glücklich singende und absolut textsichere Fans im Publikum zu entdecken, die auch Alexandra nicht vorenthalten blieben und die Sängerin mehrfach zum Lächeln brachte.
Sichtlich stolz und keineswegs überheblich berichtete Alexandra Kay außerdem, dass sie ihre Musikkarriere als Independent Artist selbst aufgebaut habe – unabhängig von großen Labels. Nur mit der Unterstützung eines kleinen, dreiköpfigen Teams wäre es möglich, ihren Traum zu leben.
Als der gesamte Club Bahnhof Ehrenfeld am Ende noch gemeinsam im Chor mit Alexandra das Ende einer vergangenen Beziehung und dem “Worst Best Ex” besang, verstanden auch wir mal wieder, was es bedeutet, seinen Traum zu leben, denn Countrymusik verbindet. Das Genre hält, wie kaum ein anderes, Songs zu den unterschiedlichsten Lebenssituationen bereit. Zu diesen Songs gemeinsam zu singen, den Lyrics zu lauschen, das Glas zu erheben und unter Gleichgesinnten zu verweilen – genau das ist es, was Country und die Sound of Nashville Konzertreihe so besonders macht.
So hört sich das an:
Lakeview
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Hannah Ellis
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Alexandra Kay
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Weitere Sound of Nashville Events findet ihr hier.
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