We Three, Die Kantine Köln, 05.10.2023

„Was machen die für Musik?“, wollte meine Freundin wissen, als ich erzählte, dass ich nach der Arbeit nach Köln zum Konzert von We Three fahren würde. Gute Frage – was machen We Three eigentlich für Musik? Popmusik klingt irgendwie zu einsilbig um den facettenreichen Sound der dreiköpfigen, amerikanischen Band zu beschreiben. Vielleicht „glückliche Popmusik mit traurigen Texten“? Laut Pressetext handelt es sich beim Genre wohl um Alt-Pop, bei dem „die Arrangements [leicht] wirken […], aber ziemlich ausgefuchst [sind]. [D]er Gesang changiert von gemurmelten Raps bis zu leidenschaftlichem Falsett.“

Was die drei Geschwister Manny, Bethany und Joshua Humlie als Band aber wirklich ausmacht, sollten wir erst vor Ort beim Konzert so richtig verstehen…

Das erste Mal mediale Aufmerksamkeit hatten We Three durch ihre Teilnahme an der 13. Staffel von „America’s Got Talent“ erlangt. Obwohl sie es dort „nur“ bis ins Halbfinale schafften, begann im Anschluss eine steile Karriere für die drei Geschwister aus Portland, Oregon. Bereits im vergangenen Jahr hatte es die Band nach Deutschland verschlagen. Nun war es endlich an der Zeit für die Nachfolgetour „Love Me“, die uns am 05.10.2023 in Die Kantine nach Köln verschlug.

Der Support Act an diesem Abend war Morgan St. Jean aus Los Angeles, die sich online als „Feminist Pop Princess“ betitelt. Obwohl die Sängerin scheinbar ihr Bestes gibt, wichtige Themen in ihren Songs aufzugreifen, konnte sie mich leider nicht begeistern. Egal ob „My Body, My Choice“, Liebe für Alle oder „Not All Men“ – Morgan St. Jeans Lieder sind eine einzige Ansammlung von Internet Headlines, in denen sie zwar wichtige Themen aufgreift, aber ohne dabei wirklich etwas von sich selbst und ihren Gefühlen preiszugeben. Dadurch wirkte ihr Auftritt leider eher lieblos und austauschbar. Stimmlich konnte die Sängerin überzeugen – so waren wir uns anfangs sicher, sie würde bloß Playback singen – doch überzeugte uns im Laufe des Sets vom Gegenteil. Und immerhin konnte sie die Menge in der spärlich besuchten Konzertlocation u.a. mit einem Cover von Britney Spears‘ „Toxic“ aufheizen.

Gegen 21 Uhr war es dann an der Zeit für die Stagetime von We Three. Gemeinsam mit meiner Kollegin Alina fieberte ich meinem ersten Konzert der Band entgegen, denn die letzte Tour hatten wir knapp verpasst und seitdem die Songs der drei Amerikaner*innen umso mehr lieben gelernt.

Die erste Überraschung gab es sofort zu Beginn, als für das Konzertintro lediglich Sänger Manny auf die dunkle Bühne trat – das Gesicht versteckt hinter einer Maske und in seiner Hand ein herzförmiger Luftballon, den er daraufhin einem Fan in der ersten Reihe gab. Nach diesem an einen Stephen King Film erinnernden Auftritt verschwand er zunächst wieder von der Bühne. Gruselig?!

Doch im Anschluss kam dann die gesamte Band auf die Bühne: Bethany Humlie am Bass, Joshua Humlie an den Drums und gleichzeitig auch am Keyboard, sowie schließlich Sänger Manny Humlie an der Gitarre. Insgesamt 26 (!) Lieder gab es an diesem Abend zu hören – teilweise vollständig, teilweise in gekürzter Form oder als nahtlos ineinander übergehendes Medley.

Die Stimmung schwankte hierbei von glücklich, euphorisch („She’s Got That“) über herzergreifend ehrlich („Nightlight“) bis hin zur absoluten Party („Bad Guy“). Die musikalische Vielfalt von We Three ist genauso beeindruckend, wie ihre Bühnenpräsenz: Bethany, die niedlich vor sich hinlächelte während sie diverse Bass-Soli zum Besten gab, Drummer Joshua, der trotz seines eher versteckten Instrumentes das ganze Konzert über dauerhaft präsent war und immer mal wieder ans Keyboard wechselte, und zuguterletzt Manny, der wie ein Rockstar über die Bühne tänzelte und eine unglaubliche Bühnenpräsenz zum Besten gab. Die Livequalität von We Three überzeugte uns sofort. Hinzu kam es, dass man eine unglaublich starkes Zusammenspiel und eine feste Bindung zwischen den Geschwister wahrnehmen konnte, die dem Konzert eine ganz besondere Atmosphäre verliehen.

In den Ansagen erzählte die Band vom Release ihres aktuellen Albums „We Love“, das im Sommer diesen Jahres erschienen war und viel Kritik für seine schonungslosen Texte einstecken musste. Sänger Manny erklärte, dass es ihm wichtig sei, echte Gefühle und Erlebnisse in seinen Songs zu verarbeiten – ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wem dies passt und wem nicht. Quasi genau das, was wir zuvor an Morgan St. Jean vermisst hatten: ehrliche Emotionen.

Und Emotionen gab es beim Konzert auch im Publikum: mit Songs wie der Trennungshymne „HALF HEARTED“ oder „Sara“, einem Lied über Selfharm und Depressionen, berührten sie viele der Fans zu Tränen oder schafften es, die Menge in eine nachdenkliche Stille zu versetzen. Der wohl schlimmste und gleichzeitig schönste Song: „Heaven’s Not Too Far Away“, den das Trio auch damals bei „America’s Got Talent“ performed hatte. Den Text der Ballade schrieben sie aus der Sicht ihrer gemeinsamen Mutter, die kurz vor ihrem damaligen Auftritt an Krebs verstorben war. Das Lied ist aufgebaut wie ein Brief, mit dem ihre Mutter sich im letzten Monat ihrer Krebserkrankung an ihre Kinder richtet und Abschied nimmt.

Man liest sicherlich schon: We Three lieferten uns ein Auf und Ab der Gefühle, weshalb es uns im Vorfeld auch nicht leicht fiel, ihre Musik kurz und prägnant zusammenzufassen. Meine Kollegin Alina stellte an diesem Abend aber noch etwas ganz anderes fest: während wir in der letzten Zeit auch oft größere, unpersönlichere Shows besucht hatten, so fühlte sich der Abend mit dem Geschwistertrio unglaublich nah und familiär an. Obwohl die drei Musiker*innen auf der Bühne wirklich alles gaben, schafften sie es nebenbei, immer mal wieder mit dem Publikum zu interagieren, über ihre Texte eine Bindung aufzubauen. Eine Magie, die es bei Konzerten nicht immer gibt und die sowohl auf der Bühne, als auch im Publikum deutlich zu spüren war.

Wir wissen nach diesem Abend auf jeden Fall, wie wir die Musik von We Three beschreiben würden: einzigartig! Und jedem, der die Band noch nicht kennt, würden wir dazu raten, dies ganz schnell zu ändern.

So hört sich das an:

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