Zugezogen Maskulin, Club Bahnhof Ehrenfeld Köln, 15.01.2018

Zugezogen Maskulin, Club Bahnhof Ehrenfeld Koeln, 15.01.2018

Manche Bands steigen wie aus dem Nichts aus den Trümmern irgendwelcher Musikgefilde heraus, werden über Nacht zu Szenegrößen und erzeugen einen solchen Hype, dass sich ihre Konzerte massenweise ausverkaufen und sowohl der Feuilleton, als auch Szene-Medien die Musik mit Lob überschütten. Schaut man sich die Karriere von Zugezogen Maskulin, dem in Berlin gegründeten Rap-Duo, in den letzten Jahren an, kann man schnell zu dem Schluss kommen, dass es Grim104 und Testo ähnlich erging. Die Shows der aktuellen Tournee der Gruppe sind größtenteils entweder ausverkauft oder in größere Locations verlegt worden – die Nachfrage nach den Beiden scheint sich momentan nicht einmal ansatzweise stillen lassen. Auch ihr aktuelles im letzten Jahr erschienenes Album „Alle Gegen Alle“ konnte sich eine Top-20-Position in den deutschen Albumcharts sichern.

Dass es sich bei dem Werk jedoch schon um das bereits vierte Album des Duos handelt, man jahrelang – die erste Veröffentlichung erschien im Jahr 2010 – vor allem Shows vor oft nur einer Handvoll Menschen gespielt hat, gerät dabei schnell in Vergessenheit. Die Größententwicklung vollzog sich bei Zugezogen Maskulin auch nicht derart rasant, wie es teilweise bei gefeierten Newcomern der Fall ist. Schon das letzte Album „Alles Brennt“ wurde von Kultur-Journalisten abgefeiert, erreichte eine gute Chartplatzierung und brachte der Band aus den Nähten platzende Clubs. Mit „Alle Gegen Alle“ hat sich dies alles nun noch einmal zugespitzt, aus Clubs wurden kleine Hallen, Feuilleton-Artikel waren selbstverständlich und nicht überraschend.

Vor diesem Hintergrund fühlt sich der Abend im ausverkauften Club Bahnhof Ehrenfeld Mitte Januar fast wie eine schwitzige, heiße Zelebration des nun endlich erkämpften Erfolgs an. Dabei hat sich bei den Live-Konzerten des Duos gar nicht so viel geändert. Viele Fans wünschen sich bei gewachsener Fanbase ihrer Lieblinge ja schnell mal die Vergangenheit zurück – ganz getreu dem Motto „früher war alles besser“. Testo – zu Beginn mit einigen Einsatzschwächen – bildet noch immer den ruhigeren Pol der Band ab, während Grim104 wie ein wildgewordener Vampir über die Bühne hüpft, Grimassen zieht und chaotisch seine Arme durch die Gegend schleudert. Auch an der Zusammensetzung des Publikums hat sich wenig getan – klar, die Massen, die mittlerweile vor der Bühne stehen sind gewachsen, setzen sich aber vor allem immer noch aus den verschiedenen Szenen, die Zugezogen Maskulin anschneiden, zusammen. Hier treffen Leute aus dem linken Milieu auf „Hip-Hop-Kids“ und „New-School-Jünger“, sowie gewöhnliche Rock-Hörer. Dieses zusammengewürfelte Publikum ist dabei erstaunlich tanzfreudig, textsicher und konfliktscheu – eine tatsächlich mal angenehme Abwechslung! Bereits bevor der brachiale Beat des Albumintros einsetzt, öffnet sich das erste „Loch“ im Publikum.

Der Fokus der Setlist liegt vor allem auf neuerem Material. Songs, die vor dem Durchbruchsalbum „Alles Brennt“ erschienen sind, werden mit keinem Wort erwähnt. Auch nicht, als Testo und Grim zu „Endlich Wieder Krieg“ ihre Champagnerkanonen auspacken und der eh schon feuchtfröhliche Masse noch eine schöne Alkoholfahne verpassen. Nie hätte Testos „Champagner Für Alle“ besser als Nachfolgesong gepasst. Das Publikum feiert zuvor – auch ohne Fahne – den Gastauftritt von Lokalheld LGoony, bekommt Testos Rhythmus-Skills im, auf Midi-Pad live gespielten, Intro von „Nachtbus“ präsentiert und nicht nur einmal Violinen-Parts von Live-DJ Kenji451 auf die Lauscher. Zugezogen Maskulin sind nicht erst seit diesem Jahr ein absolut eingespieltes Team, was der dynamische Auftritt unter Beweis stellt. Am Ende fragt Testo, welcher Song denn noch fehle und lässt einige Fans über sein Mikrofon zu Wort kommen. Diese nennen – natürlich absichtlich – erst einmal einige ältere Stücke und Solotracks der Beiden. Die Frage des Rappers ist eigentlich überflüssig. Alle wissen, was nun kommen muss. Einige Sekunden später bebt der Boden des Club Bahnhof Ehrenfelds zum Intro von „Alles Brennt“ und die Menge brüllt die Zeile „Wir sind eine Gang“ heraus als sei es eine politische Parole. Der ganze Moment fühlt sich dabei einfach nur unfassbar gut und intim an. Jetzt scheint aber auch der Weg für die ganz großen Hallen geebnet – diese werden sicherlich auch bald folgen.

Und so hört sich das an:

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Zugezogen Maskulin live 2017 / 2018:

18.01.2018 – Würzburg, B-Hof (ausverkauft!)
20.01.2018 – Berlin, Festsaal Kreuzberg (ausverkauft!)
22.01.2018 – Hannover, Musikzentrum
23.01.2018 – Hamburg, Uebel & Gefährlich
24.01.2018 – Kiel, Orange Club
25.02.2018 – Bochum, Bahnhof Langendreer
27.02.2018 – Stuttgart, Im Wizemann
28.02.2018 – Heidelberg, Karlstorbahnhof
01.03.2018 – Erlangen, E-Werk
02.03.2018 – Salzburg, Rockhousebar (A)
03.03.2018 – Wien, Grelle Forelle (A)
06.03.2018 – Reutlingen, Indi(E)stinction@Franz K
07.03.2018 – Karlsruhe, Substage
22.03.2018 – Berlin, Festsaal Kreuzberg (Zusatzshow)

Bilder von Jonas Horn.

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