Auch auf ihrem sechsten Album „Cannibal“ kommen Bury Tomorrow wie gewohnt hart um die Ecke. Der erste Song „Choke“ ist analog zu „No Less Violent“ vom Vorgänger „Black Flame“ oder auch „The Eternal“ von „Earthbound“ ein heftiger Einstieg in die neueste Veröffentlichung. Erneut platziert die britischen Band harte, spannende Gitarren-Riffs neben schnellen Soli. Die neuen Lieder versprechen aber natürlich auch Breakdowns und tolle Melodien mit Gänsehaut-Momenten. Bury Tomorrow bleiben musikalisch in ihrer Komfortzone, dem klassischen Metalcore und bewegen sich dabei auf hohem Niveau. Dazu bekommen ihre Fans die volle Range an Shouts und voluminösen Clean-Gesang auf die Ohren. Doch im Vergleich zu den vielen bekannten stilistischen Elementen ist der Sound trotzdem deutlich anders als bei den Vorgängern.
Bury Tomorrow präsentieren sich nämlich auf „Cannibal“ viel roher und viel echter als zuvor. Man könnte zwischenzeitlich fast meinen, man lausche einem sehr gut aufgenommenen Live-Album, wobei musikalische Hintergrund-Spielereien auf ein Minimum beschränkt sind. Genau diese rohe, ehrliche Ader passt hervorragend zu dem Inhalt der Platte. Die Texte sind persönlich; Der wohl wichtigste Aspekt, warum das Album aus der Diskografie heraussticht. Frontmann Daniel „Dani“ Winter-Bates nutzt „Cannibal“ als offenen Brief und lässt die Zuhörer*innen ganz frei an seiner Gedankenwelt teilhaben. Er hofft damit nicht nur eine Therapie für sich, sondern auch für die Zuhörer*innen zu bieten, um auch deren seelische Gesundheit zu stärken.
„Cannibal“ als Fortsetzung der „Safe Spaces“
Schon während der letzten Tour in England organisierte der Frontmann die sogenannten „Safe Spaces“, um im kleinen Kreis mit Fans über Mental Health ins Gespräch zu kommen. Die Aktion wurde gut angenommen. Das Album weitet das Konzept von einem Haufen Fans auf alle Zuhörer*innen aus. Die Intention hinter diesem neu geschaffenen Dialog ist es, seine Geschichten, seine dunkelsten Momente und Erinnerungen zu teilen. So sollen andere ermutigt werden, sich zu öffnen. Der erste Schritt zur seelischen Gesundheit ist nämlich immer der Dialog. Insgesamt 11 Lieder und ca. 42 Minuten behandeln also nun allesamt Themen, die sich um die menschliche Psyche drehen.
So geht es in „Choke“ und dem Titeltrack „Cannibal“ um auffressende Gedanken bezüglich seines eigenes Handelns und der Meinung anderer. Zeilen wie „Trapped inside my head“ und „I’m not sorry for the things I’ve done“ zeigen den inneren Kampf zwischen Sorge und Akzeptanz auf. Mit „Dark Infinite“ beschreibt Dani den eigenen Kopf als unheimlichen, unangenehmen Ort. Die Message des Liedes ist es, dass es wichtig ist zu verstehen, warum und wie der eigene Verstand funktioniert. Doch das ist extrem schwer: „I came here wanting this to change, it haunts me all the same“.
Außerdem thematisieren „Better Below“, „Imposter“ und „Agonist“ die Unsicherheit mit dem eigenen Selbst. Wichtig dabei: Man selbst zu sein und zu sich selbst zu stehen. Es ist zwar völlig normal, dass man selbst oft sein größter Kritiker ist, man darf mit Selbstkritik jedoch nicht seine Zeit verschwenden: „Time misspent for a life in agony“. Mit „Please Imposter can’t you tell that I’m spinning in this hell“ adressiert Dani zudem direkt das Imposter-Syndrom. Menschen, die darunter leiden, haben oft das Gefühl nicht gut genug sowie fehl am Platz zu sein, obwohl die betroffenen Personen entsprechende Qualifikationen besitzen.
Durch den Dialog zu einem persönlichen Meisterwerk
Während der Arbeiten an dem Album traten Bury Tomorrow selber in einen ausgiebigen Dialog über ihre Gedanken und Gefühle. So konnten sich die anderen vier Musiker besser in Winter-Bates hineinversetzen und auf gleicher Ebene an den Songs arbeiten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Cannibal“ ist ein Meisterwerk mit extrem persönlichem Hintergrund. Es sticht mit seinem rohen Sound und der intensiven Mental Health Thematik aus den anderen Alben hervor. Es gehört Mut dazu sich derart zu öffnen. Das Album zeigt jedoch: Es lohnt sich. „Cannibal“ wird sicherlich vielen Fans helfen, das Gespräch zu suchen und ihre psychische Gesundheit zu stärken.
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