„Ich bin Juse Ju, das ist mein Millennium!“ So fasst der Rapper sein neues Album auf dem gleichnamigen Titeltrack bereits kurz und bündig zusammen. Doch „Millennium“ ist weit mehr, als die musikalische Fortsetzung seiner eigenen Autobiografie und eine Erzählung über seine Zwanziger. Das neue Album, das Juse Ju Mitte Juni veröffentlicht hat, gibt einen Einblick in die Höhen und Tiefen der deutschen Rapmusik von den 2000ern bis heute. Doch zunächst ein kurzes „was bisher geschah“:
2018 nahm uns Juse Ju mit auf eine musikalische Reise in eine Zeit vor dreißig Jahren. Auf seiner Platte „Shibuya Crossing“ berichtete der mittlerweile in Berlin lebende Rapper von seiner Kindheit und Jugend in Japan, sowie in Kirchheim unter Teck. Mit der neuen Platte „Millennium“ knüpft er an diese Erzählung an und berichtet darüber, was anschließend geschah. Zunächst folgte nicht die große Rap-Karriere, für die man den 38-Jährigen heutzutage kennt. Stattdessen ging es zum Zivildienst in einer Psychiatrie, der ungeahnt dramatische Erfahrungen mit sich brachte („TNT“). Es folgte ein Soziologie-Studium, von dem Juse Ju damals selbst noch gar nicht so recht wusste, was er später einmal damit anfangen sollte. Er schrieb Drehbücher für verschiedene Reality-TV-Formate und durchlebte eine prägende, toxische Beziehung. Dieser widmet er den Song „Claras Verhältnis“ auf dem er beschreibt, wie die gegenseitige Abhängigkeit zu immer mehr Problemen in einer nicht ganz so gesunden Liebesbeziehung führte. Dabei ist ihm wichtig, dass der Song keinen Vorwurf darstellen soll – zu solch einer Abhängigkeit gehören immer zwei Personen – und natürlich ist Clara auch nicht ihr richtiger Name.
Stattdessen erfährt man den richtigen Namen seines Patenonkels Alexander, dessen Leben und tragischen Tod Juse Ju in dem Song „Unter der Sonne“ verarbeitet. Auch seine besten Freunde von damals erhalten mit „Sayonara“ einen musikalischen Tagebucheintrag über die gemeinsame Zeit in Japan. Denn natürlich kehrte der Rapper in seinen Zwanzigern noch einmal in das Land zurück, in dem er aufgewachsen war. Von seinem verrücktesten Erlebnis handelt der Song „Model in Tokio“ – hier war er eines Tages auf der Straße angesprochen und kurzerhand als Model für die New Yorker Fashionweek gebucht worden. Eine Erfahrung, die für ihn noch heute völlig absurd erscheint.
Man liest hier bereits heraus, dass Rap nicht unbedingt im Fokus seines damaligen Karrierehorizonts lag. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die deutsche Rapszene für Juse in den 2000ern nicht allzu viel zu bieten hatte. „Rap ist tot, ich will Teil davon sein.“ beschreibt er das Ganze in einer Zeile des Titeltracks „Millennium“. Doch auch wenn er damit keinen Lebensunterhalt verdiente, so war die Musik damals schon ein großer Teil seines Lebens. Er widmete seine Freizeit dem Battlerap, lernte dabei Langzeitkumpel Fatoni kennen, hing mit Maeckes ab und nahm selbst seine ersten EPs und das Album „Yo! Hip Hop hat mein Leben zerstört“ auf. Der Release juckte damals jedoch keinen so wirklich.
Anders nun im Jahr 2020, wo „Millennium“ auf dem 11. Platz der deutschen Album- und sogar auf dem ersten Platz der deutschen Hip-Hop-Charts einsteigt. Zu Recht.
Was im Fokus des Albums steht, ist die detaillierte Art und Weise, mit der Juse Ju seine Erlebnisse verarbeitet und durch bewegende Texte die Emotionen der Zuhörer packt und auf eigene Erfahrungen projizieren lässt. Oft sieht der Rapper sich mit der Frage konfrontiert, ob seine Lyrics auf wahren Begebenheiten beruhen würden. „Ich wundere mich immer über die Frage. Ja. Natürlich. Wie sollte ich das denn sonst so detailliert erzählen?“ schreibt er auf seiner Facebook Seite und postet kurzerhand einige Erinnerungsfotos zu den jeweiligen Songs.
Doch auch Juses klare Art zu rappen und die melodischen Beats machen „Millennium“ zu einem Hörerlebnis. Unterstützt von atmosphärischen Samples, wie zum Beispiel einer auf Japanisch gesungenen Hook (“Sayonara“), gewinnen die zehn Songs auch nach mehrmaligem Hören noch an Spannung. Zwischen so viel Tiefgang und dramatischen Ereignissen darf aber natürlich auch der Spaß nicht fehlen – dafür sorgen Ohrwürmer wie der Refrain von „TNT“ oder der Anti-PKW-Hit „Ich hasse Autos“. Für einen angenehmeren Hörfluss holte Juse sich außerdem einige Gastrapper hinzu. Millidance von Waving The Guns, Mädness, Panik Panzer von der Antilopen Gang und einige andere Freunde, wie Massig Jiggs-Kollege Bonzi Stolle, steuerten einige Zeilen zur Platte bei.
Mit Bonzi Stolle lies Juse Ju das bereits eingestaubte, gemeinsame Musikprojekt Massig Jiggs außerdem noch einmal wieder aufleben und nahm ein Bonusalbum auf. Diese zusätzlichen zehn Songs haben eine gewisse Oldschool-Selfmade-Akustik und sind lediglich den Käufern des neuen Albums vorbehalten, dem “Popbiz Enemy” als Bonus-CD/Vinyl beiliegt. Auf Streamingplattform wird das Massig Jiggs Album nicht zu finden sein. Wer will, kann es sich aber natürlich illegal aus dem Netz ziehen – quasi so wie damals, im Zeitalter des Millennium.
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Tickets für die Tour gibt es hier.*
Und so hört sich das an:
Website / Facebook / Twitter / Instagram
Juse Ju Millennium Tour
21.10.2020 Frankfurt, Zoom
22.10.2020 Münster, Skater’s Palace
23.10.2020 Dortmund, Junkyard
24.10.2020 Koblenz, Circus Maximus
28.10.2020 Würzburg, B-Hof
29.10.2020 Augsburg, Musikkantine
30.10.2020 Nürnberg, Korns
31.10.2020 Chemnitz, Atomino
05.11.2020 Hamburg, Knust
06.11.2020 Osnabrück, Bastard Club
07.11.2020 Oldenburg, umBAUbar
08.11.2020 Rostock, Helgas Stadtpalast
14.11.2020 Berlin, Festsaal Kreuzberg
28.01.2021 Bremen, Lagerhaus
30.01.2021 Kiel, Die Pumpe
31.01.2021 Hannover, Musikzentrum
05.02.2021 München, Strom
06.02.2021 Stuttgart, Im Wizemann (Club)
07.02.2021 Heidelberg, Halle02
19.02.2021 Leipzig, Conne Island
21.02.2021 Dresden, Scheune
26.02.2021 Köln, Luxor
Die Bildrechte liegen bei Juse Ju (Groove Attack).
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