Danger Dan – Reflexionen aus dem beschönigten Leben

Als „linksextreme Band der Liebe“ rappte sich die Antilopen Gang bereits in die Herzen der Rap- und Punk-Fans. Während die Antilopen in der Regel jedoch eher für ihre allgegenwärtige Gesellschaftskritik bekannt sind, befasst sich das Solo-Album „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ in erster Linie mit einem Individuum in eben dieser Gesellschaft: Danger Dan.

Danger Dan, das ist Daniel Pongratz – ein Drittel der Antilopen, den man im Allgemeinen als „den Schönen“ der Gang kennt und der bei Konzerten nicht nur seine Rap-Künste, sondern regelmäßig auch sein Talent am Keyboard präsentiert. Im Rahmen einer Psychotherapie im vergangenen Jahr sollte Daniel sich selbst beschreiben und reflektierte hierfür noch einmal sein bisheriges Leben. Hierbei stieß er auf seinen Song „Private Altersvorsorge„, in dem er 2008 eine Art Brief an sich selbst in der Zukunft formuliert hatte. Eine Antwort auf diesen Text („Private Altersvorsorge 2„) war der ausschlaggebende Song, der den Gedanken eines Solo-Albums angestoßen hatte. Ein Album, das sich nicht nicht nur mit dem Wandel vom ketterauchenden Schulabbrecher zum erfolgreichen Rapper beschäftigt, sondern auch mit der optischen Entwicklung des bald 35-Jährigen, der vor einiger Zeit Abschied nahm von seinem Oberlippenbärtchen und dem langjährigen Pferdeschwanz.

Musikalisch lässt sich „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ nicht so leicht einordnen wie vom Inhalt her. „Ich habe ein paar Sachen versucht, die ich bei Antilopen nie machen durfte, zum Beispiel alle möglichen Instrumente selbst einspielen, irgendwelche Streicher einspielen lassen und weniger mit Samples arbeiten, sondern mehr mit Live-Instrumenten. Bei Antilopen versuchen wir schon immer alles so ein bisschen hip-hoppiger zu machen.“, erzählte Danger Dan im Interview mit DIFFUS und erklärt mit dem Aspekt der musikalischen Experimentierfreudigkeit auch gleich, wieso keiner der zwölf Songs auf diesem Album den anderen ähnelt.

Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ beginnt mit einer süßen Klaviermelodie, die beim Einsetzen des Beats und dem recht barschen Text zu „Eine aufs Maul“ eine unerwartete Wendung nimmt. Schnell wird klar: bei diesem Album handelt sich um eine Abrechnung! Auch im nächsten Track „Mein Heroin“ wird dies deutlich, auch wenn hier zeitgleich ebenfalls die restliche emotional abgestumpfte Gesellschaft thematisiert wird. Gesellschaftskritik – insbesondere bezogen auf eine nicht vorhandene Chancengleichheit zwischen Mann und Frau – lieferte auch schon die Vorab-Single „Sand in die Augen„, in der Danger Dan erstmalig erwähnte, Vater einer Tochter zu sein.

Doch das Solo-Album präsentiert nicht nur ernste Themen. Dass der Humor, für den die Antilopen Gang bekannt ist, nicht fehlen darf, zeigt der etwas Reggae-inspirierte Song „Die Grundvoraussetzung„, in dem Daniel seine bisherigen Aushilfsjobs besingt (nähere Infos zu den Hintergründen dieser kuriosen Aktivitäten bietet dieser äußerst unterhaltsame DIFFUS Beitrag). Doch nicht nur der Antilopen Humor hat es auf das Solo-Album geschafft, sondern auch die restlichen Mitglieder der Gang: Panik Panzer, der das Album mitproduzierte, und Koljah schließen den Kreis und so bietet „Drei gegen Einen“ einen waschechten neuen Antilopen Gang Track, der mit der deutschen Hip-Hop-Szene abrechnet und geschickten Gebrauch von einigen Auto-Tune-Elementen macht. Dass Auto-Tune ein mehrfach genutzter Bestandteil der Platte ist könnte man durchaus kritisieren – muss man aber nicht, denn der Gebrauch hält sich in Grenzen und wird clever mit Danger Dans wahrlich nicht perfektem Gesang vermischt.

Gerade noch rappte er von One-Night-Stands und Drogen, da überrascht der Rapper mit einem ungewohnt gefühlsbewegten Refrain wie „Seit du gesagt hast, dass du mich magst so wie ich bin, komm‘ ich wieder mit mir klar.“ in einem gleichnamigen Track, den man fast schon als Liebeslied bezeichnen könnte.

Musikalisches Highlight: „Mingvase„. Hier verschmelzen Klavier, Beat und eingängiger Text zu einem grandiosen Pop-Song, von dem man fast meinen könnte, man hätte ihn melodisch aus Caspers „Hinterland„-Phase entrissen und mit einer Prise Aggressionen gewürzt. Doch damit nicht genug an Überraschungen: in „Die Prinzentragödie“ rechnet Danger Dan mit seiner ehemaligen Lieblingsband Die Prinzen ab und eifert ihnen zeitgleich gekonnt in ihrem A Capella-Gesang nach. Obwohl es sich fast schon um eine Art Disstrack (mit Antilopen Humor) handelt, hat es sich Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel nicht nehmen lassen, bei diesem Lied als Feature-Gast mit dabei zu sein. Das ist nicht nur schlichtweg genial, sondern beinhaltet auch den hartnäckigsten Ohrwurm des Sommers!

Mit „Piss in den Käfig“ folgt daraufhin wieder ein waschechter Hip-Hop-Track mit fettem Beat, ehe ein Klavier-Intro mit berührenden, emotionalen Streichern den anfangs erwähnten Antwort-Song „Private Altersvorsorge 2“ einleitet. Danger Dan besingt die unterschiedlichsten Knotenpunkte seiner vergangenen zehn Lebensjahre, erinnert sich an den Verlust von Freund und Gang-Mitglied Jakob (NMSZ), zeigt eine gewisse Zufriedenheit mit seinem aktuellen Stand der Dinge und gibt sogar einen kleinen Ausblick auf seine Zukunft.

Die Entwicklung, die Danger Dan über die Jahre hinweg durchlebt und in seiner Psychotherapie aufgearbeitet hat, ist auf diesem intimen Album deutlich hörbar und macht „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ deshalb zu einer ganz besonderen Rap-Platte, die sich trotz allem selbst nicht zu ernst nimmt und mit musikalischem Geschick gekonnt verschiedene Genres abdeckt.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=XTuTfYA9XJ8&t=2s

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Beschönigtes Leben – Tour 2018

19.09.18 Nürnberg – Desi
20.09.18 München – Kranhalle im Feierwerk
21.09.18 AT-Wien – Chelsea
22.09.18 Dresden – GrooveStation
26.09.18 Münster – Gleis 22
27.09.18 Köln – Luxor
28.09.18 Stuttgart – Schräglage
29.09.18 Wiesbaden – Schlachthof
02.10.18 Berlin – SO36
04.10.18 Hamburg – Hafenklang
05.10.18 Leipzig – Conne Island

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