Kaugummis. Das sind diese klebrigen Kaudinger, die nach wenigen Minuten bereits einen Großteil ihres Geschmacks verlieren, saumäßig viel Zucker enthalten und grundlegend zumeist aus chemischen Kunststoffen bestehen. Wäre man auf der Suche nach einem Produkt, das die kapitalistische Konsum- und Wegwerfgesellschaft zielgenau auf den Punkt bringt – man wäre mit dem unnötigen Kauspaß bereits fündig geworden. „Bubble Gum“ heißt auch das sechste Studioalbum der Niederländischen Art-Rock-Band De Staat. Obwohl als albumübergreifendes Thema eigentlich die eigene „Bubble“, also die Umgebung, mit der man als Individuum in wechselseitiger Beeinflussung steht, herhalten soll, könnte den Sound des Quintettes wohl kein Lebensmittel besser beschreiben, als das im Titel verinnerlichte.
Bittersüß und klebrig ist nämlich nicht nur diese mal saure, mal fruchtige Kaumasse, sondern auch der experimentelle Sound, den De Staat auf „Bubble Gum“ auffahren. Jeder Song ist mit eingängigen 80s-Synthesizern nur so überladen, auch die Gitarren werden nicht selten mit einer Tonne Effekten überzogen. Wirklich kategorisieren lässt sich die Band, deren Mitglieder in ihrer Heimat kleine Alternative-Stars sind, nicht – immer präsent ist jedoch die mal sprechende, mal verspielt singende Stimme von Frontmann Torre Florim, die vielen elektronischen Elemente und wabernde Basslines. Jeder Song eignet sich außerdem perfekt zum Tanzen, Pogen, Springen.
Immer wieder räumen die Nijmegener auch instrumentalen Passagen Platz ein, die nicht selten vor sich hinplätschern und wie in „Me Time“ immer weiter oszillieren, bis schlussendlich nur noch ein Soundbrei über bleibt. Dass De Staat auch die ruhigen Töne beherrschen, zeigen die ersten zwei Minuten von „Phoenix“, bevor der Song im Bombast untergeht. Wer gerade einen dystopischen Katastrophenfilm dreht, hat hier den perfekten Soundtrack für einen ersten Trailer gefunden. Eingängig wird es später in „Level Up“, dessen flotter Synthie-Bass ganz schön nach vorne treibt und damit die Basis für die melodiegeladenen restlichen Instrumente, sowie den kunstvollen Gesang bietet. Obwohl sich das Soundkonstrukt aller Stücke gleicht, geben sich die Niederländer auch auf ihrem sechsten Album im zwölften Bandjahr wieder durchweg vielseitig und experimentell. „Fake It Till You Make It“ wartet beispielsweise mit orientalischen Sounds und Autotune-Parts auf.
Gerade dieser elektronische Rock-Sound, sowie der Sprechgesang und die weirde Attitüde erinnern bisweilen an den Schweizer Kollegen Bonaparte, der sich mit seinem letzten Album „The Return of the Stravinsky Wellington“ jedoch sehr weit von den Elektro-Punk-Ursprüngen entfernt hatte. Zieht man hingegen die Massen an langweiligen, stets ähnlichen Alternative-Rock-Exporten aus dem Vereinigen Königreich in Betracht, so haben De Staat einen absolut eigenständigen, dem Mainstream fernen Sound geschaffen, der es sich mit „Bubble Gum“ in seiner Nische bequem macht. Hoffentlich senkt er sein Gesäß dabei nicht auf einen alten Kaugummi, den Vorgänger dort hinterlassen haben, herab. Das wäre ja ärgerlich.
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Und so hört sich das an:
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De Staat live 2019:
01.02. – Hasselt, Muziekodroom (BE)
02.02. – Sint-Niklas, the Casino (BE)
03.02. – Kortrijk, De Kreun (BE)
19.02. – Winterthur, Salzhaus (CH)
20.02. – Genf, L’Usine (CH)
22.02. – Ludwigsburg, Scala
23.02. – München, Strom
24.02. – Wien, Arena (AU)
25.02. – Leipzig, Neues Schauspiel
27.02. – Berlin, Lido
28.02. – Hamburg, Knust
01.03. – Frankfurt, Das Bett
02.03. – Osnabrück, Rosenhof
16.03. – Amsterdam, AFAS LIVE (NL)
30.05. – Dauwpop Festival (NL)
19.07. – Deichbrand Festival
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