So richtig durchgestartet sind Escape The Fate schon im Jahre 2006 (ist das lange her!). Damals noch mit Ronnie Radke am Mikrofon, “Situations” gehört ohne Frage zu einer der Emo-Hymnen dieser Zeit. Aber auch nach Übernahme des neuen Sängers Craig Mabbit konnte die Band noch einige Erfolge einfahren, nicht nur der Genre-Klassiker “This War Is Ours” brachte der Band viele Fans ein. Während sich jedoch der Großteil der damaligen Bands in andere Genre umorientierte oder sich einfach auflöste, blieben Escape The Fate ihrem Sound treu – nur dass immer häufiger die Screamo-Parts den seichteren Tönen weichen mussten. Emo durch und durch blieb das aber immer.
Nun also das mittlerweile sechste Album der stets traurigen Zeitgenossen. Der Pressetext verspricht die bisher “rohste, ehrlichste und direkteste” Platte der Band. Man erwartet unweigerlich ein “Dying Is Your Latest Fashion Pt. 2”: leider nein, nicht so ganz.Was genau an diesem Album jetzt so roh und direkt sein soll, wird zunächst nicht ganz klar. Manchmal gniedeln die Gitarren sehr aufdringlich, besonders im Opener “Beautifully Tragic” – ja, wir haben verstanden, dass ihr Soli beherrscht. Kann gut gehen, an anderen Stellen ist es aber auch echt zu viel des Guten, wie in der kitschigen Ballade “I Will Make It Up To You” – ist so schon etwas schmierig, das Gitarrensolo am Ende erinnert unweigerlich an die größten Kuschelrock-Hymnen aller Zeiten. Leider scheitern diese tieftraurigen Stücke häufig an den doch sehr platten Texten (“I Am Proud To Be Me, I Am Human”) und den überzogen wirkenden Chören im Hintergrund. Das kommt irgendwie nicht an, wirkt ewig gestrig und leider überhaupt nicht authentisch. Gerade deswegen stechen die schnelleren Stücke positiv hervor – schon die Singles “Do You Love Me” und “Empire” zeigten den Weg – die Screams machen Spaß, die Gitarrensoli wirken wohl eingesetzt, der Song steckt direkt an. Wieso nicht gleich so? Und dann das einzige ruhige Stück, das nicht gleich in Bombast verfallen muss: “If Only”. Einfach eine Akkustik-Gitarre und Mabbits ja doch ganz schöne Stimme mit einem Text an eine verstorbene Person – das bewegendste Lied des Albums! Überhaupt, die zweite Hälfte der Platte lässt nahezu alle Fehlgriffe des Anfangs verzeihen. Die Lieder gehen ins Ohr und verlegen die Emo-Sause von 2006 ins Jahr 2018! Dabei knallt “Recipe for Disaster” genau so wie “Digging My Own Grave” in Metalcore-Manier! “Riot” schielt dann in klassische Pop-Punk-Partys (mit etwas mehr Riffs). Nur der Closer “Let Me Be” klingt dann wieder irgendwie mehr nach One Direction und Five Seconds Of Summer.
Natürlich ist “I Am Human” jetzt nicht das Album des Jahres, aber man sollte wirklich versuchen, die schwache erste Hälfte zu überstehen (oder zu überspringen), um nicht die wirklich guten Songs der zweiten Hälfte zu verpassen. Vielleicht ist das nicht immer zeitgemäß oder unglaublich geschmackvoll, aber es macht Spaß und bietet gerade in den schnelleren Tracks ziemlich viel Abwechslung. Für die Zukunft kann man der Band nur wünschen, dass sie sich etwas auf ihre Stärken besinnen wird und dann wirklich die rohste Platte veröffentlicht, denn das scheint ihnen irgendwie doch am besten zu stehen!
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