Seien wir mal ehrlich: Die “Summertime Sadness” besingt nur Lana Del Rey mit genügend Überzeugung, um auch in der hellsten Jahreszeit Trübsal blasen zu wollen. Sperrige, melancholische und elegische Werke passen nun mal viel besser zur heißen Tasse Kakao auf der heimischen Couch als zur großen Gartenparty, zu ausgelassenen Sommernächten oder dem lauten Freibad. Umso passender scheinen hingegen lockerflockige Kompositionen, wie sie Half·alive aus dem Stehgreif beherrschen. Auf ihrem Debütalbum tragen sie jedenfalls gleich zehn Songs im Jutebeutel, zu denen es wahlweise eine schicke Strandparty oder ein ausgiebiges Treffen mit der Freund*innengruppe geben kann.
Erinnert ihr euch noch an die Zeiten als Acts wie Two Door Cinema Club und The Naked And Famous der letzte Schrei waren? Nun, genau hier knüpfen Half·alive an und fügen dem bereits begonnen Soundteppich noch bunte Fäden aus R’n’B und Soul hinzu. Wie groß die Nachfrage nach frischem Nachschub aus dieser mit Pailetten besetzten Ecke des Indie war, beweisen die nackten Fakten: Das Musikvideo zu “still feel” wurde ganze 22 Millionen Mal geklickt, der Song über 25 Millionen Mal gestreamt, Jimmy Kimmel lud das Trio kurzerhand in seine Show ein. Nun also das Debütalbum:
“now, not yet” glitzert und funkelt an jeder Stelle, aus der Familie der Synthesizer haben die Briten gleich die ganze Verwandtschaft eingeladen. Das kann mal in Tropical-House-Gefilde wie in “Maybe” ausarten, zuckrige Disco-Vibes auffahren wie in “Arrow” oder in “Ice Cold” zärtliches Sexappeal versprühen. Im Gegensatz zum aktuellen Album von Two Door Cinema Club kann sich das kalifornische Trio mit gewitzten Songwriting-Ideen aus dem puren Kitsch retten. “OK OK” verknüpft wie selbstverständlich Vampire-Weekend-Chöre mit ätherischen Refrains, Rock-Riffings und Bläser-Samples, in “Trust” schleicht sich eine Barpiano-Melodie und “Pure Gold” verrührt Soundtracks alter Videospiele mit zackigen Marsch-Trommeln. Mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein schmückt Sänger Josh Taylor die Songs so varationsreich aus, dass es kaum überraschen würde, wenn sich auf den Pressefotos noch ein verstecktes viertes Mitglied befinden würde: In “Runaway” präsentiert er noch gekonnt seine Kopfstimme, die Assoziationen an die Twenty One Pilots weckt, damit “Still Feel” den Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme dann vollkommen perfektioniert und “Ice Cold” einen abgeklärten Sprechgesang auffährt.
Bei all den Querverweisen und Stilgriffen bleibt das Albumcover aber stets zielführend: Half·alive wollen zum Tanz unter der Sonne einladen, der Kopf kann und sollte da gerne zuhause bleiben. “now, not yet” ist dank des gelungenen Songwritings nur eben so einladend, dass die Party auch im Herbst noch Spaß machen wird.
Und so hört sich das an:
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Half·alive live 2019:
- 29.10.2019 Papiersaal Zürich (CH)
- 30.10.2019 WUK Wien (AT)
- 04.11.2019 Frannz-Club Berlin
- 05.11.2019 Knust Hamburg
- 06.11.2019 Stadtgarten Köln
Rechte am Albumcover liegen bei RCA/Sony.
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