Jan Delay – Earth, Wind & Feiern

„Ich hab‘ Sonne dabei“ – das wird zumindest im „Intro“ behauptet. Und wo ist die bitte, lieber Jan Delay? Da will der Hamburger Jung mit seiner neuen Platte Earth, Wind & Feiern die Sonnensaison einläuten, dabei hört’s draußen nicht auf zu plästern. Doch eventuell hat der Wettergott ja mit dem deutschen Publikum Mitleid, wenn er die tropischen Vibes laut genug aus den Boxen dröhnen hört.

45 Jahre wird der Buddy Jan Philipp Eißfeldt in diesem Jahr. 25 Jahre davon – und somit mehr als sein halbes Leben – beeinflusst er die deutsche Rap-Szene mit und hat stets einen guten Riecher, um gefälligen Crossover zu betreiben. Gibt es mit seiner Kultband, die Beginner, eher das lupenreine Geschäft, tobt sich Eizi Eiz auf seinen Soloscheiben in allen möglichen Genres aus, auf die sich nice rhymen lässt. Dass das dann dazu noch ziemlich gut ankommt, ist natürlich ein netter Nebeneffekt. Drei seiner vier LPs gingen auf die 1, zwei davon bekamen Platin, eins Gold. Auch bei unseren deutschsprachigen Nachbarländern ging das immer gut.

Und so wird auch der Ansturm auf Runde Fünf ein großer sein. Tatsächlich kommt zum 20-jährigen Jubiläum des Alleine-Musizierens erst der fünfte Longplayer, der den Wortspielen der vorangegangenen Werke aber in Nichts nachsteht. Auch Jan scheint die Corona-Lage ziemlich auf den Keks zugehen, sodass in ’21 das Motto Earth, Wind & Feiern lautet. Doch ganz so soulig und disco-like wie bei der ähnlich klingenden Band geht’s hier nicht ab – eher holt Jan südamerikanisches Flair nach good ol’Germany.

Earth, Wind & Feiern ist knapp 44 Minuten absoluter Sommerurlaub. Man muss schon lange suchen, um eine dermaßen Latein-amerikanisch beeinflusste Platte von einem deutschen Mainstream-Künstler zu finden. Gerade in der Atmosphäre klingt das Album dermaßen homogen und groovy, dass einem beim Hüfte Mitschwingen doch glatt der Havana Club-Cola aus dem Glas schwappt. Dennoch muss eine Sache klar sein: „Feiern“ ist im Albumtitel nicht das perfekt gewählte Verb. Denn leider eignet sich kein Song wirklich gut, um mal so richtig im Club abzuspacken – dafür eignet sich aber jeder, um auf der Gartenparty, am Pool oder beim Salsakurs in Stimmung zu kommen.

Bachata, Calypso, Samba, Reggaeton – Jan Delay hat alles in den Reisekoffer eingepackt und seine einzigartige Stimme, die leider an einigen Stellen zu stark durchs Autotune gejagt wurde, mit griffigen und sinnvollen Lyrics gepaart und den Mix letztendlich mit Beats untermalt, die einem das Grinsen zurückbringen. Auch wenn man als Feature eher einen Maluma erwarten würde, liefert der Typ aus dem Norden ausschließlich deutsche Hochkaräter wie Summer Cem oder Marteria.

Obwohl es an einigen Ecken durchaus etwas mehr knallen und bassen dürfte, gleiten die Hooks smooth ins Ohr und schreien „Hit“. Egal, ob das funkige „Eule“, die hervorragende, sozialkritische Single „Spaß“ gegen Fremdenhass oder das überragende, entspannte „Gestern“, das dazu auffordert mal mehr im Jetzt zu sein statt ständig der Vergangenheit nachzutrauern – poppiger Latin-Hip-Hop kann doch so gut sein. Mit „Alexa“ huldet Delay der beliebten Sprachsteuerung, in „Saxophon“ schaut gefühlt der komplette Buena Vista Social Club vorbei. Lediglich der Rausschmeißer „Nicht nach Hause“ klingt wie die Anfänge des Herrn in „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ und kommt ein wenig zu stark laid-back.

Ob Earth, Wind & Feiern oder nur „Earth, Wind & Vortrinken“ – Jan Delay überrascht erneut mit schicken, hochkarätigen Sounds, klugen Messages und lässt sämtliche Rapper, die die Singlecharts dominieren im Regen stehen, währenddessen er unter der Palme mit Sunglasses und Hut ordentlich lächelt.

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Ein Kommentar zu „Jan Delay – Earth, Wind & Feiern“

  1. Unverwüstlich! Einmal mehr einfach gute Musik von Mr. Delay. Ein fester Wert der deutschen Musikbranche. LG aus der Schweiz., Lorenz

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