Dass das klassische Album nicht mehr als der alleinige Weg angesehen wird und man gerne mal rumprobiert, auf welchen anderen Wegen man sein Werk unter die Hörerschaft bringen kann, ist sicherlich längst nichts Neues mehr. Aber es sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt, denn genau das macht nun auch die Kapelle Petra: Sänger Opa, Bassist Der Tägliche Siepe und Schlagzeuger Ficken Schmidt (eindeutig: Namen wie Poesie) haben sich statt eines Albums für vier EPs entschieden. Die erste davon heißt „Der Frühling”. Die Frage, wie die folgenden EPs heißen werden, beantwortet sich damit vermutlich schon von selbst, das Konzept ist klar.
Rein meteorologisch betrachtet ist man schnell bei der Sache. „Reißt die Fenster auf” pustet mit druckvollem Indie-Sound den Staub des Vorjahres weg, man spürt den frischen Schwung und sieht den Löwenzahn vor dem geistigen Auge draußen wieder wachsen. Gut gelaunt ist man gestartet und fühlt sich in der Jahreszeit angekommen.
Aber ganz so platt ist es dann eben nicht: Ein Wetterphänomen allein als Thema? Nein, die Stücke eint zwar, dass sie im Frühling geschrieben wurden, aber nicht, dass sie ebendiesen thematisieren würden. Und was sie auch eint, ist eine fiese gute Laune, denn diese ist sehr doppelbödig. Man merkt es schon an zweiter Stelle in „Meine Zeit”, wenn mit Beat-lastiger Songstruktur ein nachdenklich-gutes Gefühl musikalisch begegnet, man beim Hinhören aber merkt: Dieses „Meine Zeit gehört nicht dir“, das da gesungen wird, ist gar nicht mal so freundlich. Stattdessen widmet man sich denen, die genau diese einem zuverlässig rauben. Auch das folgende „Ein bunter Strauß” hat genau diese Doppelbödigkeit. Mögen im Frühling auch die Blumen wieder in bunten Farben erscheinen, so will hier „ein bunter Strauß Scheiße“ verschenkt werden. Nicht sehr nett, aber musikalisch gut gemacht. Treibende Strophen und wuchtiger Chorus, das macht Freude.
Mit der vierten und letzten Nummer wird es dann noch politisch: „Wirtschaftsflüchtling” handelt von dem Typen, der den Frühling mal geliebt hat, diesen nun aber nicht mehr wahrnimmt, da er sich nur noch auf die Flüchtlingsthematik fokussiert. Und auch hier wieder: Es klingt unglaublich freundlich, obwohl es das genaue Gegenteil ist. Aber gerade Freundlichkeit ist es ja schließlich auch oft, mit der man jemanden am meisten aus dem Konzept bringen kann.
Definitiv: Mit „Der Frühling” ist Kapelle Petra ein guter Start in ihren Vierteiler geglückt. Freunde des gut gemachten deutschsprachigen Indie-Sounds dürfen hier beherzt zugreifen!
Die EP kannst du dir hier (digital) kaufen.*
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