Keele – Kalte Wände

Mit “kalten Wänden” und “schwarzen Decken” errichten Keele einen beklemmenden Ort der Isolation, aus dem jede Flucht zwecklos erscheint. Doch anstatt sich auf die eigenen Dämonen zu fokussieren, trauen sich die Hamburger auf dem zweiten Album an durchdachtes Storytelling heran, das sich mit vielseitigen Themen direkt unter die Haut gräbt.

Wo nämlich schon Marathonmann auf dem aktuellen “Die Angst sitzt neben dir” angefangen haben und sich auch zahlreiche andere Szene-Kollegen immer wieder auf den Aspekt der Instrospektive versteifen, schafft das Quintett aus Hamburg einen unwirklichen Spagat. Während sich der Opener und Titeltrack “Kalte Wände” noch über Haltlosigkeit in der Moderne beklagt und dabei mit authentischem Wortschatz hohes Identifikationspotenzial mit sich bringt, trauen sich die restlichen Songs in weitaus unerforschtere Felder vor. Schon der dritte Song “Einer von den Großen” lässt mit markerschütterndem Storytelling einen Schauder über den Rücken laufen, doch allen voran “Zwischen toten Nerven” überstrahlt in der Mitte des Albums alles weitere. Hier ruft das lyrische Ich einen Menschen mit Behinderung zum Kampf für das Leben auf und setzt dieses außergewöhnliche Thema mit mitreißenden Lyrics wie “Zwischen toten Nerven liegt ein Herz in deiner Brust, das will ich kämpfen sehen” in Szene. Ähnlich gelungen beschreibt “Panem” das destruktive Verhalten der Hass-Kommentare im Internet und klagt deren Anonymität an: “Wenn sein Opfer zuhause sitzt und sich den Wut in die Arme ritzt, ist er weit genug weg”. In ihrem von Sprechgesang, schepperndem Schlagzeug und melancholisch wabernden Post-Punk-Riffs getragenen Sound vertonen Keele dennoch auch die klassischen Thematiken des Kapitalismus (“Der Weg in den Ruin”) und der straffen Leistungsgesellschaft (“Hypertonie”) mit Nachdruck und sorgen auf Festivals in Zukunft sicherlich für hochgereckte Fäuste und den ein oder anderen Moshpit.

Wo also schon das Debütalbum “Gut und dir” vor knapp zwei Jahren für einen zünftigen Einstand im (Post-)Punk-Tumult gesorgt hatte, zeichnet “Kalte Wände” den Kosmos der Hamburger Neulinge mit überraschend bunten Farben weiter. Wenn sich die Soundwelten in Zukunft ähnlich vielfältig beweisen wie die inhaltlichen Aspekte, könnte das Quintett in Windeseile selbst zum Referenzpunkt avancieren.

Das Album “Kalte Wände” kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Keele live 2019: 

  • 22.08.2019 Nochtwache Hamburg
  • 12.09.2019 Capri Bar Bremen
  • 13.09.2019 Druckluft Oberhausen
  • 14.09.2019 Spilles Düsseldof
  • 26.09.2019 Cafe Tiko Erfurt
  • 27.09.2019 Schokoladen Berlin
  • 28.09.2019 Blauer Engel Lübeck
  • 26.10.2019 Rookie Fest Hamburg

Rechte am Albumcover liegen bei Rookie Records.

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