Vermeintliche Schwächen können einfach umgedreht – und als stärkste Waffe benutzt werden. Im Musikkritiker-Kosmos werden blutjunge Bands häufig nur belächelt, an die Glanztaten der großen Bands kämen sie wohl kaum heran, einige Ausnahmen mal ausgenommen. Und überhaupt, was gibt’s in dem Alter groß zu erzählen abgesehen von dem üblichen Teenager-Herzschmerz? Genau dieser Frage widmet die junge Post-Hardcore Band Kind Kaputt ihr Debütalbum. Explizit als Konzeptalbum deklariert malt “Zerfall” mit düsteren Farben die Problematiken der Generation Y nach. Irgendwo zwischen unbegrenzten Möglichkeiten, Selbstfindung und Angst macht die Band keinen Hehl daraus, dass ihr einnehmender Stil ganz dem Geiste von Van Holzen und Heisskalt entsprungen ist.
Schon der Opener “Aufgelöst” trägt alte Idole zu Grabe, die früheren straffen Strukturen existieren für diese Generation nicht mehr. Vor unheilvollem Wabern sprechsingt Johannes Prautzsch über die inneren Dämonen, um ihnen dann doch voller Inbrunst mit kräftigen Schreien entgegenzutreten. Im Hintergrund dröhnen die Gitarren wie Sirenen, der Gemütszustand wird von Verzweiflung gespeist. Sowohl stilistisch, als auch thematisch zieht sich dieser erste Eindruck durch das gesamte Album. Große Ausreißer gibt es kaum – genau das verstärkt aber eben auch den Eindruck eines Konzeptalbums. Während “Abschied” über weite Strecken sehr ruhig bleibt und kaum Platz für Aggressionen lässt, wendet sich “Morgen Morgen” dem Alternative Rock zu – die anderen Stücke räumen dem Ausbruch der eigenen Emotionen hingegen immer genügend Raum ein. Teils erinnern diese Momente gar an Fjørts markerschütternden Post-Hardcore. Besonders unter die Haut gehen diese eben durch die expliziten Problematiken, die wohl den meisten “Millenials” bekannt sind. In “Schuld” wird die falsche Selbstzufriedenheit angekreidet, “Eingeständnis” fragt, ob der Zweck nicht auch die Mittel heiligen könnte, “Abschied” beschreibt den Zusammenbruch der eigenen kleinen Welt. Das Leitmotiv sind dabei Erwartungshaltungen – von außen und von innen zugleich. Nur selten wurde diese innere Zerrissenheit so mitreißend vertont wie auf “Zerfall”. Und Kind Kaputt gesellen sich so in die Reihe der Bands, die als Sprachrohr einer haltlosen Generation fungieren.
Das Album “Zerfall” kannst du dir hier kaufen.*
Und so hört sich das an:
Kind Kaputt live 2019:
- 23.03.2019 Kulturlounge, Leipzig
- 09.05.2019 Luise The Cultfactory, Nürnberg
- 10.05.2019 Oettinger Villa, Darmstadt
- 12.05.2019 Garage, Saarbrücken
- 15.05.2019 Cassiopeia, Berlin
- 16.05.2019 Astra Stube, Hamburg
- 17.05.2019 Umbaubar, Oldenburg
- 18.05.2019 Peter Weiss Haus, Rostock
- 19.05.2019 Cafe Wagner, Jena
- 22.05.2019 Ponyhof, Frankfurt
- 24.05.2019 Stereo Wonderland, Köln
- 25.05.2019 Gänserock Festival, Algermissen
- 26.05.2019 K19, Köln
Rechte am Albumcover liegen bei Uncle M.
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