Kummer – Kiox

Cover von Kummers "Kiox"

Jan Kummer ist in Chemnitz so etwas wie eine lokale Größe. Einst betrieb der ehemalige Musiker ein Schallplattengeschäft im Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg. „Kiox“ hieß der Hinterhof-Laden. In der Stadt gab es zu dieser Zeit nur einen weiteren Shop der Art. In den 1990er-Jahren musste das Geschäft mit den Platten schließlich trotzdem dicht machen. Der Grund: Die Vinyl neigte sich ihrem Ende zu. Der umtriebige Kummer widmete sich vorher aber bereits anderen Dingen, versuchte sich als Künstler und betrieb zwischenzeitlich als Veranstalter den Szene-Club Atomino. Noch heute ist er als Maler tätig und stellt aktuell in der Chemnitzer Galerie Borssenager aus. 

Ein Oktober-Wochenende lang lebt in „Karl-Marx-Stadt“, wie die Stadt bis zur Wende hieß, nun zumindest ein kleiner Teil ostdeutscher Geschichte wieder auf. Dazu aber zum Schluss mehr. Felix Kummer ist das erste Kind dieses sagenumwobenen Jan Kummers. Seine Band Kraftklub müsste in Deutschland nahezu jeder kennenImmerhin füllt das Quintett mittlerweile die größten Arenen des Landes und gewann gleich mehrere Echo und 1Live-Kronen. Wenn er mit seiner Band unterwegs ist, verzichtet Kummer auf seinen Familiennamen und nennt sich selber Felix Brummer, um nicht dauernd mit seinem in der Heimat wohlbekannten Vater in Verbindung gebracht zu werden. Für sein Solo-Projekt greift der 30-Jährige aber doch auf seinen richtigen Familiennamen zurück. Als Kummer veröffentlicht er nun sein Debüt-Album, das auf denselben Namen hört wie das ehemalige Geschäft seines Vaters und den Rapper ungewohnt nahbar zeigt.

Dunkelheit

Was der geschichtenträchtige Titel des zwölf Songs umfassenden Werkes andeutet, zieht sich tatsächlich auch durch die Texte: „Kiox“ besteht vorrangig aus aneinandergereihten autobiographischen Verweisen. Auch als der Chemnitzer im Quasi-Intro „Nicht Die Musik“ über zuckelige Synthies und Dance-Hall-Beat ankündigt, dass er Rap wieder traurig machen würde, macht er keine Witze. Die meisten Texte haben tatsächlich den düsteren Unterton, der sich schon in der eingängigen Vorabsingle „Bei Dir“ offenbarte. Wer sich selbst reflektiert, der muss auch kritikfähig sein. Felix Kummer ist es. Dessen oft pessimistische Weltsicht zieht sich auch durch das nicht weniger poppige „Okay“, das Menschenhass in Richtung Konformismus sendet, im Refrain aber eine Wendung hin zu einem Liebeslied macht.

„Schiff“ setzt dahingehend an anderer Stelle an und reflektiert die Beziehung zu der Heimatstadt, die Kummer mit einem zunächst einsam auf der See treibenden, später hoffnungslos sinkenden Schiff vergleicht. Währenddessen malen die Synthesizer dystopische Welten vor das innere Auge. Nicht weniger Ich-bezogen beäugt der 30-Jährige in „Der Rest Meines Lebens“ kritisch sein konstant steigendes Alter und die damit drohende Spießer-Ruhe. Unterstützung bekommt er dabei von einem säuselnden Max Raabe. Besonders zu ihrer Mitte hin entfaltet die Platte dann ihre volle Düsternis. „26“ ist ein ehrlicher Brief an einen vor Jahren verstorbenen Freund. „Es Tut Wieder Weh“ scheint wiederum einer depressiven Episode zu entstammen.

„Kiox“ bietet neben diesen vielen persönlichen auch einige gesellschaftskritische Momente. „9010“ wurde vor Veröffentlichung bereits zu genüge diskutiert und behandelt die eigene Erfahrung mit Neo-Nazis. „Wie Viel Ist Dein Outfit Wert“ und „Aber Nein“ formieren sich im zweiten Albumdrittel zum Rap-Diss-Block und feuern über tanzbare Trap-Beats messerscharfe Hass-Blitze in Richtung Rap-Mainstream. Für letzteren holt sich Kummer die Rap-Hoffnungen LGoony und KeKe ins Boot.

Drei Tage „Kiox“

Für das Release-Wochenende um den 11. Oktober herum baute Kummer gemeinsam mit einigen Freunden ein leerstehendes Ladenlokal in einen provisorischen Verkaufsraum um. In der Chemnitzer Innenstadt darf „Kiox“ dann für drei Tage wieder aufleben, auch wenn nur eine einzige Platte erhältlich sein wird: Sein neues Album. Eine nette Geste ist dieser Wink in Richtung Heimat und Papa aber dennoch.

Das Album „Kiox“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

Website / Twitter / Instagram

Kummer live 2019 / 2020:

26.11.2019 Zürich, Klub Komplex (Ausverkauft) (CH)
28.11.2019 München, Freiheiz (Ausverkauft)
29.11.2019 Köln, Gloria (Ausverkauft)
30.11.2019 Frankfurt, Batschkapp (Ausverkauft)
01.12.2019 Ludwigsburg, Scala (Ausverkauft)
03.12.2019 Wien, WUK (Ausverkauft) (AT)
04.12.2019 Dresden, Tante Ju (Ausverkauft)
07.12.2019 Hamburg, Gruenspan (Ausverkauft)
08.12.2019 Leipzig, Conne Island (Ausverkauft)
11.12.2019 Berlin, Kesselhaus (Ausverkauft)

13.03.2020 Wiesbaden, Schlachthof
14.03.2020 Würzburg, Posthalle
16.03.2020 Wien, Arena (AT)
17.03.2020 München, Tonhalle
19.03.2020 Hannover, Capitol
20.03.2020 Düsseldorf, Stahlwerk
21.03.2020 Münster, Skaters Palace
23.03.2020 Stuttgart, Im Wizemann
24.03.2020 Köln, Palladium
25.03.2020 Berlin, Tempodrom
27.03.2020 Bremen, Pier2
28.03.2020 Dresden, Alter Schlachthof

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Kiox-Tonträger.

* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.