Laing – Fotogena

Laing Fotogena

Erinnert ihr euch noch an den Bundesvision Song Contest? Nein, das ist nicht das riesige Medienspektakel, was jedes Jahr im Mai in einem anderen Land stattfindet. Lest noch mal: Bundesvision! Das war ein Wettbewerb, der insgesamt elf Ausgaben hatte, von TV Total und somit Stefan Raab organisiert war und 2015 eingestellt wurde. Da traten – wie am Namen zu erkennen – sämtliche Bundesländer Deutschlands gegeneinander an. Einige Bands konnten die Show als Karrieresprungbrett nutzen, unter anderem Jennifer Rostock. 2012 schaffte die Berliner Girlgroup Laing den zweiten Platz. Bei dem Bandnamen klingelt es häufig nicht. Erwähnt man hingegen „Morgens immer müde“ weiß jeder Bescheid. Der Song hat sich als ein waschechter Dauerbrenner entwickelt und reiht sich gerne neben andere deutsche Partyklassiker der letzten Jahre ein.

Am Debütalbum „Paradies naiv“, das im Frühjahr 2013 veröffentlicht wurde, arbeitete man über einen sehr langen Zeitraum. Das konnte man auch hören. Tatsächlich bot das Album einige catchy Pop-Songs, die mit kreativem und mehrstimmigem Gesang auffuhren, elektronische Spielereien parat hielten und sich gemein ins Ohr festsetzten. Der Nachfolger „Wechselt die Beleuchtung“ durfte bereits 18 Monate später gekauft werden und hielt sich größtenteils an die Regeln des Debüts, allerdings mit weniger Hits. Für Album Nr. 3 wurde die Schaffenspause entschieden verlängert, nämlich auf vier ganze Jahre.

„Fotogena“ nennt sich das neue 13 Tracks umfassende Werk von Nicola Rost und ihren Mädels, bei denen schon einige auf der Strecke blieben – zwei Mitgliederinnen sind bereits raus, zwei andere dafür da. Musikalisch wurde weniger ausgetauscht. Stattdessen setzen Laing – die Band heißt so, weil Nicolas Mutter so mit Mädchennamen hieß – weiterhin auf ihren selbstbetitelten „Electric Ladysound“, dem nur leider gewaltig die Puste ausgegangen ist.

Wie bereits oben erwähnt, stachen die beiden ersten Alben durch einige böse Ohrwürmer hervor. Neben dem Classic „Morgens immer müde“ sind besonders „Nacht für Nacht“, „Maschinell“ oder „Paradies naiv“ von der ersten und „Zeig deine Muskeln“, „Natascha“ oder „Schwächen“ von der zweiten Scheibe hängengeblieben und dürfen gern immer mal wieder laufen. „Fotogena“ liefert zwar einen relativ ähnlichen Sound, allerdings bleibt nur die schon veröffentlichte Single „Du bist dir nicht mehr sicher“ im Kopf. Ein wirklich galanter Track, mit einer unverschämt-guten Hook, groovigem Beat, der Lust zum Tanzen macht und textlich sich mit dem Moment beschäftigt, indem man gemerkt hat, dass der Partner nicht mehr die Leidenschaft für die Beziehung verspürt, wie er es einst tat.

Lyrisch kann man bei dem gesamten Album nicht meckern. Thematisch wandern die Tracks zwischen aktuellen Selfie- und Social Media-Trends („Camera“), dem Stalken von Liebhabern, die nicht rechtzeitig antworten („Ich auf Whatsapp“) oder dem peinlichen Freundschaftsangebot von Dates, bei denen es nicht richtig gefunkt hat („Nein“). Alles kleine Geschichten, die ansprechen, aus dem Leben gegriffen wurden und für ein angenehmes Schmunzeln sorgen. Offensichtlich scheint das gesamte Pulver für das Texten draufgegangen zu sein – das Songwriting schafft weder große Eingängigkeit noch tanzbare Tracks. Es fehlt das Gefühl, einen Song nach dem Durchhören nochmal hören zu wollen. Bereits ab „Hol den Wagen“ wiederholen sich die Beatideen. Da gibt es zwar hier ein wenig Soul („Meine Sprache“), da ein paar computerverzerrte Stimmen („Nieselregen“), sogar einen kleinen Bossa („Organspende“) und ein „Wer hat an der Uhr gedreht?“-Sample („Uhr“). Das ist alles nicht wirklich schlecht, nur eben nicht spannend. Man möchte einfach gern etwas mehr Krawall, etwas mehr Lautstärke. So schafft es bis auf den angenehmen Einstieg der Rest des Albums nur in die Easy Listening-Ecke.

Es konnte sich auf das neue Laing-Album durchaus gefreut werden. Die Ladies sind kreativ. Auch showtechnisch wird von besonderem Licht über Choreos und tollen Requisiten viel geboten. Somit konnte nach vier Jahren Stille wirklich mehr erwartet werden. Eine kleine Enttäuschung!

Das Album “Fotogena” kannst du dir hier kaufen.*

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