Ein Sturm bricht an. Ein letzter Sonnenstrahl schneidet von der Wolkendecke aus durch das Tal, erste bunte Blätter werden von den leichten Windstößen aufgewirbelt, die Äste der Bäume wanken unter den Windböen. Die Menschen haben sich bereits in ihre Heime verzogen. Man erblickt kaum eine Gestalt. Es beginnt zu nieseln, erste kleine Regentropfen fallen. Der Wind nimmt zu, beginnt immer mehr Gestrüpp aufzuwirbeln. So langsam brechen erste Äste, im Fluss tun sich Wellenberge auf, die Wassermassen werden von rechts nach links geworfen. Dann ist das Schauspiel so schnell wieder vorbei, wie es begonnen hatte. Die Sonne bringt die Farben der Natur wieder zum Vorschein, einzelne herabrieselnde Blätter zeugen noch von der Urgewald, die soeben ihr Unwesen trieb. Wäre man auf der Suche nach einer passenden visuellen Untermalung für „Khàpra“, den Eröffnungstrack des selbstbetitelten neànder-Debütalbums, so würde man wohl solche oder so ähnliche Bilder wählen.
neànder, das ist eine fünfköpfige Band aus Berlin, die Post-Rock mit Post-Metal und Doom vermischt und dabei komplett ohne Gesang auskommt. Gerade deshalb scheint die Kategorisierung der jungen Gruppe auch so schwierig – würde jemand mit erhabener Stimme über die Instrumentals singen, man würde die Musik wohl Post-Rock taufen. Würde die Person hingegen apokalyptisch kreischen, man würde sie wohl in die Schublade Post-Black-Metal schmeißen. So bleibt es eben ein Instrumentales-Mischmasch verschiedener atmosphärischer und harter Gangarten. Worauf neànder sich jedoch bestens verstehen: Mit Hilfe von reiner Atmosphäre Bilder in die Köpfe der Hörer zu malen und dabei selbst innerhalb von Songs rasant zwischen Stimmungen zu wandeln. Ob euphorisch oder getrübt, aggressiv oder seicht, nahbar oder erhaben, majestätisch oder rüpelhaft – das Quartett wandelt in Sekundenbruchteilen innerhalb Gegensätze.
Damit verkörpern neànder genau das, was instrumentale Musik so unglaublich spannend gestalten kann. Seit Explosions In The Sky zeichnete kaum eine Band solch wunderschöne Landschaften vor dem inneren Auge und hinterließ gleichzeitig derartiges Unbehagen. „neànder“ wird vielleicht kein riesiger kommerzieller Erfolg, in der Szene aber hoffentlich Wellen schlagen. Verdient hätte dieses Ungeheuer es.
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Und so hört sich das an:
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Die Rechte für das Albumcover liegen bei Through Love Records.
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