Vampire Weekend – Father Of The Bride

„I can’t carry you forever, but I can hold you now“ verspricht Danielle Haim dem Publikum, vielleicht aber auch ihrem Gesangspartner Ezra Koenig im Opener des neuesten Vampire Weekend-Albums. Doch so ganz mag man kaum glauben, dass dieser Indie-Epos nicht auch einen Hauch Ewigkeit in sich trägt.

Vor 5 Jahren verlässt das Gründungsmitglied Rostam Batmanglij Vampire Weekend – seitdem erschien auch kein neues Album mehr. Die ersten drei Alben der Band waren allesamt Publikums- und Kritiker*innen-Lieblinge. Diesem Erbe gerecht zu werden – und das noch erstmalig als Trio – stellt ohne Frage keine leichte Aufgabe dar. Jetzt, wo „Father Of The Bride“ endlich in den Regalen steht, könnte man sich von dem simpel gestalteten Albumcover leicht in die Irre führen lassen. Setzen die US-Amerikaner jetzt etwa auf plakativen Radio-Pop? Vorab: Nein, ganz im Gegenteil. „Father Of The Bride“ ist ein wuchtiges Indie-Meisterwerk, so vielschichtig und imposant, dass es nur schwer in Worte gefasst werden kann.

Dem Sound-Gewand aus beschwingten Akkustik-Gitarren und melodischen Figuren der zärtlichen Sorten fügen die drei Musiker unzählige erfrischende Akzente hinzu. Schon der Opener „Hold You Now“ ist größer als das meiste, was Indie heutzutage zu bieten hat. Vor Americana-Klängen steigt Frontmann Ezra Koenig zunächst mit einer sanften, jedoch eindringlichen Melodie ein, bis der Refrain dann mit einem Gänsehaut würdigen  verzerrten Chor aufwartet, der irgendwo zwischen Kirche und Naturvölker-Gesang changiert. Was sich in den nächsten 17 Songs abspielt, ist eine ganz eigene Klasse. Spielerisch erscheint die Zusammensetzung der verschiedenen Stile. Als wäre nichts leichter, als sich mal eben derart unwiderstehliche Melodien aus dem Ärmel zu schütteln, ohne dabei jemals simpel zu bleiben. Jeder der Songs bietet ganz neue Ideen: Wo „Harmony Hall“ noch schwungvolles Klavier und frohlockende Chöre einbaut, spielt „Bambina“ mit kleinen elektronischen  Verzerrungen; „This Life“ setzt hingegen auf Surf-Rock-Gitarren und Bläser-Figuren, „Rich Man“ verbindet eine barocke Geigen-Figur mit gedoppelten Stimmen gesampleten Gitarren. Wie selbstverständlich Vampire Weekend so diverse Klangwelten miteinander vermengen, ist schon beinahe absurd. Noch absurder ist nur, dass die Stücke nie an Eingängigkeit verlieren und auch aus dem Kontext herausgerissen wunderbar funktionieren. Manche der Variationen sind dezente Tupfer, fallen nur bei mehrmaligem Hören überhaupt auf. Andere entpuppen sich als verdichtete Geflechte aus den verschiedensten Einflüsse, wie am Beispiel von „Sympathy“ bewiesen werden kann. In diesem Song werden episch hohe Kinderchöre mit tanzbaren schnellen Handclaps verbunden, doch gerade wenn man sich so richtig aufs Tanzen einrichtet, bricht der Song komplett ab. Wie ein imposanter Dompteur dirigiert Koenig dann ganz abgebrüht die Chöre, die wummernden Bässe, die Beats, die Gitarren, die Melodien, bis schließlich wieder alles zum großen Finale ineinander fließt.

Neben Danielle Haim, die Koenig auch in den zauberhaften Songs „Married in a Gold Rush“ und „We Belong Together“ zur Seite steht, darf auch Steve Lacy vom Hip-Hop-Kollektiv The Internet bei den beiden Songs „Sunflower“ und „Flower Moon“ seinen Teil beisteuern, was zu wahnwitzigen Sprechgesangs-Spielereien führt. Somit können gleich 5 Songs noch zusätzlich frischen Wind in den ohnehin schon inspirierten Sound bringen.

„Father Of The Bride“ ist ein gigantisches Album. Wenn es sich auch nur um eine temporäre Umarmung handeln sollte, dann fühlt sich diese während der knapp einen Stunde doch zumindest an wie ein kleines, glückliches Stück Ewigkeit. Dafür hat sich das Warten gelohnt.

Das Album „Father Of The Bride“ kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=IlkTVMMkCP4

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Rechte am Albumcover liegen bei Sony Music.

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