Will Butler – Generations

Will Butler

Die recht dezente Farbgebung seines zweiten Solo-Albums gleicht doch einem Understatement, das eher nicht zum frischen Sound des Arcade-Fire-Multiinstrumentalisten passen will. Zwar werden Fans von Geschichten erzählendem Indie-Folk, wie ihn Will Butlers Hauptband vor vielen Jahren gespielt hatte, in „Generations“ durchaus ihre Freude finden. Doch dass seit dem Solo-Debüt „Policy“ eben auch die große Disco-Huldigung „Everything Now“ von Arcade Fire die Tanzflächen der Welt betreten durfte, wollen die satten Synthesizer von „Generations“ unter keinen Umständen vergessen. Butler selbst spricht davon, dass das Debüt noch wie eine Ansammlung verschiedener Short Stories verstanden werden könne, der Zweitling nun hingegen einem ausschweifendem Epos gleiche. Das klingt auf dem Papier glücklicherweise genau so ambitioniert und kauzig wie auf der zugehörigen Platte.

Todessehnsucht auf dem Dancefloor

Mit dem Ziel, den großen Fragen des Lebens hinterherzugehen und dabei auch die eigene Priviligiertheit als wohlhabender, weißer Mann zu hinterfragen, lässt sich die tiefgreifende Schwermut des Albums durchaus nachvollziehen. Doch Butler ist eben nicht ein weiterer weißer trauriger Mann, der Liebeskummer mit Akustik-Gitarre besingt. Stattdessen mimt er von Sekunde 1 den exzentrischen Entertainer, springt zur lässigen Kopfstimmen und tanzt unbeschwert vor aufpeitschenden Hand Claps. („Outta Here“) Doch auch wenn es inhaltlich plötzlich um das eigene Ableben geht, darf der tanzbare Beat nicht ins Bett, stattdessen klingt „Bethlehem“ wie Keane auf Aufputschmittel. Strauchelt Butler auch zwischen Resignation und zaghafter Hoffnung, Selbstaufgabe und grenzenlosem Optimismus, so ist „Generations“ ein durchweg unterhaltsamer Lauf durch die kleinen und großen Hürden des Lebens.

EIne bunte Tüte voller Instrumente

Aufgenommen in seinem eigenen Keller in Brooklyn lässt „Generations“ so schon erahnen, wie pompös das einmal auf der Bühne mit seiner Band – bestehend aus Miles Francis, Sara Dobbs und Julie und Jenny Shore – klingen wird. Deswegen dürfen sich düstere Elektrowellen mit einer großen Ladung Vocoder („Hard Times“) plötzlich neben einem abgefuckten Roadtrip-Ausflug zu Butlers Ahnen der Marke Ezra Furman  („Fine“) stehen, ohne dass der Narrativ willkürlich wirkt. Selbstbewusst halten die Kompositionen allen noch so abgedrehten Experimenten Butlers stand und ergeben ein fluoreszierendes Gesamtbild. „Everything Now“ hinterlässt vor allem im schwermütigen 80s-Hit „Promised“ seine Spuren, das dem Ende enger Freundschaften gemahnt, ansonsten darf auch mal Lagerfeuer-Folk mit großen Fleet-Foxes-Chören ans Mikrofon treten („Surrender“). Zumindest ein Teil der vielseitigen musikalischen Identität des Musikers lässt sich dank dieses imposanten Zweitwerks erkunden, das dem vielsagenden Fingerabdruck des Covers dann doch zu entsprechen scheint. Ein Blick hinter die fade Fassade offenbart hier also einige Überraschungen.

Und so hört sich das an:

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Rechte am Albumcover liegen bei Merge Records.

 

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