25 Jahre dauerte es, bis Flashdance als Musicaladaption auf den Bühnen zu sehen war. Wirklich untypisch. Dirty Dancing, Grease, Fame. Alles schon da gewesen. Doch wo bleibt Flashdance? Der Kinoerfolg aus dem Jahre 1983 erhielt vier Oscarnominierungen, konnte eine Trophäe dank des Evergreens „What a Feeling“ sogar mit nach Hause nehmen und hält eines der fulminantesten Tanzfinals überhaupt parat. Der Soundtrack war nicht minder beliebt. Umso erstaunlicher, dass Fans des Streifens solange auf ein Stück warten mussten und selbst bis heute die Broadway-Premiere ausbleibt. Stattdessen startete 2008 das Stück in UK und zieht seitdem durch kleinere und größere Städte Europas und der USA.
2014 folgte schließlich auch die Deutschlandpremiere in Chemnitz. Auch hier: Chemnitz? Nicht Hamburg, Berlin, Stuttgart oder Köln? Tatsächlich zogen vier weitere Jahre ins Land, bis auch die bekannten Theater die Show zeigen durften. Seit über einem Jahr tourt Flashdance nun durch deutschsprachige Länder und hält quasi überall. Allein zwischen Dezember 2019 und April 2020 sind 20 Städte angepeilt. Eine davon ist Essen. Das beliebte Colosseum kommt in den Genuss, Weihnachten und Silvester Flashdance eine Bühne zu bieten. Wir waren dabei.
Am zweiten Weihnachtstag sind alle Gäste entspannt. Gut 90% der Plätze sind im Parkett belegt. Der Termin fällt günstig. Kaum jemand muss arbeiten, Familien kommen zum Feste zusammen. Dementsprechend bunt ist auch das Publikum. Paare, Familien mit Kindern, Freunde. Um Punkt 18:30 werden die Zuschauer begrüßt.
Die darauffolgenden 130 Minuten Show, die durch 20 Minuten Pause unterbrochen werden, zeigen ein solides Musical. Kenner des Films wissen, dass gerade die Storyline doch ganz schöne Defizite aufweist. Die Geschichte um die 19-jährige Schweißerin Alex, die nachts ihr Geld mit heißen Tanzeinlagen in einem Club aufbessert, aber eigentlich von einer Ausbildung an einer renommierten Tanzschule träumt, gibt nicht viel her. Das wurde bei der Bühnenfassung doch erheblich verbessert. Neben Alex und ihrem Date Nick, der gleichzeitig ihr Boss ist, werden auch die Geschichten ihrer Kolleginnen im Nachtclub ausgearbeitet. Außerdem bekommt sie in der pflegebedürftigen Hannah, die ebenfalls lange getanzt hat, aber nun schwer auf die Beine kommt, eine Verbündete, ein Vorbild und eine Art Coach.
Auch in der Musik wurde aufgestockt. Die bekannten Songs des Albums – „What a Feeling“, „Manhunt“ und „Maniac“ – wurden um weitere 80s-Lieblinge wie „Gloria“ oder „I Love Rock ’n’ Roll“ erweitert. Die bleiben auch alle im englischen Original. Weitere Titel, die nur für das Musical geschrieben wurden, werden ins Deutsche übersetzt. Die fünf Klassiker zünden alle und bewegen das eher ruhige Publikum doch das eine oder andere Mal zum Mitklatschen. Die restlichen Lieder sind genretypisch, dienen überwiegend dem Vorankommen der Geschichte oder der Vermittlung von Gefühlen und sind nett, aber wenig auffallend. Am besten funktionieren das Liebesduett „Hier und Jetzt“ von Alex und Nick und die Selbstmotivationshymne „Fang an“ von Alex kurz vorm großen Vortanzen.
Das Bühnenbild ist, wie man es bei einer Tourproduktion, die an manchen Orten gerade mal einen Tag verweilt, zu erwarten hat, nicht das aufwendigste, aber dennoch in Ordnung. Ein feststehendes, zwei Etagen-Gelände dient für jede Location als Setting und wird durch große Leinwände mit passenden Farben und beweglichen Sequenzen in eine neue Ortschaft verwandelt. Ein guter Einfall, so sieht die gleiche Bühne dank der technisch hochwertigen Leinwände sowohl in der Schweißerei als auch in der Tanzschule gut aus. Beweglich ist dieses Bild jedoch nicht. Weitere Requisiten kommen durch die Darsteller ins Spiel oder werden reingefahren. Mit dabei: Fahrräder, Tanzpodeste, Ballettstangen. Das Kostüm der Darsteller ist überwiegend sexy, aber noch durchaus familientauglich.
Wie steht es um die Leistung der Personen auf der Bühne? Überwiegend gut. Über 20 Leute im Ensemble, was für eine Tournee gar nicht so wenig ist. Die Hauptrolle Alex wird durch die 29-jährige Maria-Danaé Bansen besetzt und ist ein absoluter Glücksgriff. Die Berlinerin durfte bereits als Mary Poppins im gleichnamigen Stück Leute verzücken, kann aber in Flashdance auch mal ganz andere Seiten zeigen. Ihre Ausdauer, ihre Beweglichkeit, ihr perfekter Körper und dazu ihre nicht weniger gute Stimme zeigen, dass es doch auch Darsteller gibt, die im Tanz und Gesang nahezu gleich auf sind. Einige ihrer Tanzeinlagen sorgen für offenstehende Münder, um nur wenige Minuten später auch mit ihrem Sopran voll zu überzeugen. Sie schafft das Musical quasi im Alleingang. Ihr männlicher Gegenpart, Nicky Wuchinger als Nick, kann da leider nicht mithalten. Gesanglich und auch optisch gut besetzt, dafür schauspielerisch ziemlich blass. Außerdem positiv auffallend: Ira Theofanidis als Gloria, die in ihr Solo viele Emotionen packt.
Letztendlich ist Flashdance – Das Musical ein solides Stück, dem es leider ein wenig an Profil und Edge fehlt. Vom bloßen Titel her erwartet man vor allen Dingen Höchstleistungen im Tanz. Die bekommt man auch von der talentierten Hauptrolle, die restliche Cast ist aber nur Durchschnitt. Die Story ist nett, aber ein wenig zu lieb. Außerdem könnte einiges ein wenig aufreizender sein. Der Humor kommt nicht zu kurz, ist aber auch eher für Schmunzler als für laute Lacher gedacht. Insgesamt bleibt aber unterm Strich ein nettes Musical, das man sich mit der gesamten Familie gut anschauen kann, auch als Tourproduktion funktioniert und für zwei Stunden angenehm unterhält, ohne anzuecken.
Tickets für die restlichen Termine gibt es hier.*
Und so sieht das aus:
Website / Facebook / Instagram / Twitter
Die Rechte fürs Bild liegen bei BB PROMOTION.
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.