De Staat, Rosenhof Osnabrück, 02.03.2019

De Staat, Rosenhof Osnabrück, 02.03.2019

Als Urkölner stellt man sich an den sechs Karnevalstagen entweder möglichst betrunken den vielen Dorftöpeln aus dem nahen und weiten Umland oder flieht aus der sonst so bequemen Domstadt. In den letzten Jahren zog es den Autor dieses Textes über die Zeit vor allem immer in eins: das Exil. Was könnte also als besseren Grund herhalten, um der Klein-Großstadt Osnabrück einen Besuch abzustatten und den Trip mit einem Konzert zu verbinden? Also ging es am Karnevalssamstag in den schönen Rosenhof zu den verrückten Niederländern von De Staat. Auch hier sollten einen die Auswirkungen des „Kultur-Events“ leider nicht verschonen.

Bereits bei der Ankunft in der viertgrößten Stadt Niedersachsens begrüßten einen verkleidete Jecken und der obligatorische Innenstadts-Karnevalszug. Puh, das gibt es hier auch? Verdammt. Wenig überraschend trifft man gen Abend in der vielleicht halbgefüllten Location ebenfalls eine Vielzahl sichtlich angetrunkener und betrunkener – zum Glück wenig kostümierte – Menschen an, die sich zwar als tanzfreudig, dafür jedoch etwas rücksichtslos erweisen. Den Kostümpart übernehmen zunächst Mozes & The Firstborn, die als Vorspeise viel 90er-Rock-Feeling verbreiten und vor allem durch den Power-Rangers-Anzug von Sänger Melle Dielesen auffallen. Ansonsten ist das, was die Landeskollegen der fünf De Staatler abliefern, kaum fernab des Rock-Mainstreams.

Das lässt sich von dem Hauptgang des Abends nicht behaupten. De Staat gehören wohl zu dem spannendsten, was die nicht-englischsprachige europäische Rock-Szene in den letzten Jahren hervorgebracht hat: unkonventionelle Texte, ungewöhnliche und spannende Gitarren- und Synthesizer-Sounds, ekstatische Instrumentals. In der Live-Situation funktionieren die Elektro-Rock-Nummern dann sogar noch besser als auf Platte – der Bass knarzt ordentlich, das Schlagzeug verfügt über mehr Druck. Immer wieder steht Sänger Torre Florim mit ausgestreckten Armen vor dem Mikrofonständer, dirigierte die häufig orientalisch anmutenden Melodien und die tanzende Masse wie ein Schlangenbeschwörer. Sowohl Songmaterial, als auch das Publikum befinden sich ganz in der Hand des Frontmannes.

Später stehen der 33-Jährige und Allround-Talent Rocco Bell alleine im vorderen Bühnenbereich während die drei Kollegen in den Hintergrund treten und führen zu „Pikachu“ eine Choreographie auf, die man wohl eher auf einem Boyband-Konzert als einer Rock-Show vermuten würde. Gerade solche Momente, diese sich selbst nicht immer 100 prozentig ernstnehmende Attitüde, unterstützen die nicht selten lächerlich simplen, dafür stets effizienten Melodien. Zum Gitarren- und Schlagzeugsolo im Outro von „Fake It Till You Make It“ bekommen dann aber auch die restlichen Akteure, die einen großen Teil zu den häufig nach und nach bis zur Decke geschichteten Soundwänden beitragen, die verdiente Aufmerksamkeit. Auch wenn Gitarrist Vedran Mircetic auf seinem kleinen Podest etwas in Vergessenheit gerät, so tragen er und seine unzähligen Fußtreter den wohl größten Melodieteil zu dem Gesamtkonstrukt De Staat bei. Da darf man auch mal etwas untergehen.

Die Menge tanzt in den lauten Passagen ausgelassen. In den ruhigeren Momenten verlieren sich jedoch zu viele Besucher in Privatgesprächen. Schade. Die alkoholgetränkte, aufgeladene Energie der Karnevalstage hat sich auch in den Abend getragen. Nach einigen Songs muss die Band ein Lied unterbrechen, da ein älterer, deutlich betrunkener Mann beginnt in den ersten Reihen mit anderen Fans anzuecken. Auch die restliche Show ist die Stimmung euphorisch, kratzt immer wieder jedoch auch an der Grenze von „too much“. De Staat können dafür natürlich nichts. Die Niederländer liefern ab, halten die Stimmung trotzdem oben. Wo jede andere Band genervt die Bühne verlassen hätte, machen die fünf Musiker einfach das Beste aus der Situation. So bleibt ein schönes, aber doch leicht anstrengendes Konzert. Danke Karneval.

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Und so hört sich das an:

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De Staat live 2019:

16.03. – Amsterdam, AFAS LIVE (NL)
30.05. – Dauwpop Festival (NL)
19.07. – Deichbrand Festival

Foto von Jonas Horn.

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