Um Punkt 20h gibt es am 2.3. im Palladium bereits die erste Überraschung: Jason Mraz betritt die Bühne! Smartphone in der Hand, Kamera aufs Publikum gerichtet und der erste Jubelsturm geht los. Der Hauptakt vorm Support? Was ist da denn los? Auf eine sehr sympathische Art und Weise begrüßt der 41-Jährige aus Virginia die ausverkaufte Halle in Köln und moderiert seine Vorband selbst an. Das gibt schon mal ordentlich Pluspunkte in der B-Note.
Berge nennt sich die Vorband. Ein Singer/Songwriter-Duo aus Berlin. Er trägt ein Shirt, das für weniger Plastik aufruft und spielt Akustikgitarre; sie trägt ein buntes Kleidchen, singt die Leadstimme und klopft ab und an auf ein Xylophon. Von Beginn an gibt es zwischen Berge und dem Publikum viel Interaktion. Bei nahezu jedem Song wird mit unterschiedlichen Aktionen zum Mitmachen aufgefordert. Das hebt die Stimmung bravourös an. Außerdem wirken beide Persönlichkeiten äußerst lieb und herzlich. Wäre jetzt noch die Musik anders… die erinnert nämlich ein wenig an Katholikentage und könnte kaum klischeebeladener sein. Songzeilen wie „Ich sing immer weiter für die Erde mein Lied“ und „Glück ist unser 5. Element“ machen Gruselgänsehaut. Süß war die erste halbe Stunde des Konzerts aber trotzdem.
Dann gibt es die gewohnte Umbauphase und auf die Minute genau ist um 21h der Startschuss für Mr. Mraz. Gleich acht Leute sind neben Jason am Start und sorgen für die passende musikalische Untermalung, fünf Ladies und drei Herren. Selbst optisch wird sich aufeinander abgestimmt, so trägt jeder Mensch auf der Bühne eine andere Farbe, passend zum riesigen bunten Banner im Hintergrund, auf dem „Good Vibes“ aufgedruckt steht.
Zwei komplette Stunden sorgt Jason Mraz für wohlige Laune im Raum und liefert mit 20 Songs aus sämtlichen Alben schon mal quantitativ ordentlich ab. Aber auch auf der qualitativen Ebene wird hier massig geboten: Gesanglich versemmelt Jason keinen einzigen Ton. Klare Stimme, tonal auch mal in fordernde Höhen und anspruchsvolle Längen, hier gibt es nichts zu beanstanden. Gleiches gilt für die talentierte Band, bei der ein Großteil mehr als ein Instrument spielt und auch ein paar außergewöhnlichere Klänge zum Besten gegeben werden, wie z.B. durch eine Zither. Das allein scheint aber noch nicht zu genügen, sodass bei mehreren Songs sogar kleine Choreographien zwischen Jason und den Mädels gezeigt werden. Unterhaltsam, kreativ, witzig, cool.
Um noch mal das „Katholikentag“-Thema aufzugreifen: Die Vorband scheint ganz gut ausgewählt worden zu sein. Alle paar Minuten richtet sich Jason ans Publikum und fordert ebenfalls zu hippieartigen Handlungen auf. Den Partner an die Hand nehmen, sich umarmen, im Kollektiv tanzen, die Augen schließen, an wichtige Menschen denken. Selbst über Gebete fallen Sätze. Darüberhinaus wirkt Jason ein wenig wie unter Substanzen. Befremdlich und spirituell.
Ansonsten sollte das Konzert aber gerade für Fans genau das Richtige sein. Musikalisch wird sich zwischen Singer/Songwriter-Pop, Calypso, Reggae, Soul und Funk abgewechselt und mehr Stile präsentiert, als man vielleicht zunächst erwartet. Schmalzig wird es fast nie. Das Publikum groovt mit und teilt die ansteckende Freude der Musiker. Highlights: Das aktuelle „More Than Friends“, das auf dem Konzert leider ohne Meghan Trainor auskommen muss, bleibt weiterhin ein Duett. Dafür hat Jason eine Meghan Trainor-Puppe im Einsatz, die er auch äußerst gekonnt bewegt. Grandios! Das andere bekannte Duett, „Lucky“, funktioniert als verlangsamte Akustikversion mit drei Backgroundsängerinnen. Bei „I’m Yours“, das überraschend bereits nach 40 Minuten gespielt wird (seht HIER einen Ausschnitt auf unserem Instagram-Account), singt selbstverständlich der ganze Saal mit. Gleiches gilt für das bekannte „I Won’t Give Up“. Trotzdem fehlt ein wenig der letzte Funke. Auf der einen Seite geht es selten in die wirklich intime, emotionale Atmosphäre, die wirklich berührt – andererseits geht es auch nie so richtig ab. Es bleibt alles relaxend und im Midtempo.
Jason Mraz ist schon eine spezielle Persönlichkeit, die definitiv über das typische Stageverhalten weit hinaus geht. Wer mit seiner Musik etwas mehr anfangen kann und offen für ein wenig „Wir werden eins“-Kram ist, sollte einen grandiosen Abend haben. Alle anderen gehen aber zumindest mit einem anspruchsvollen Konzerterlebnis heim und blenden den Rest ein bisschen aus.
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Bild von Christopher.
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