Es gibt wenige Rapformationen, die sich wirklich über Jahrzehnte halten können. Der aktuelle gigantische Erfolg der 187 Straßenbande, von Capital Bra, Mero, Ufo361 und vielen mehr ist zwar beachtlich, aber es bleibt abzuwarten, an wie viele von ihnen man sich noch in 10 oder 20 Jahren erinnern wird. Anders sind da zum Beispiel Fettes Brot, die mit ihrem Rap zwar nicht mehr den aktuellen Zeitgeist treffen, aber nichtsdestotrotz seit fast 30 Jahren existieren und auf unzählige Erfolge und Hits zurückblicken können. Nun veröffentlichen die Hamburger nach 2015 endlich mal wieder einen neuen Longplayer. Dieser trägt den Titel „Lovestory“ und wartet mit 11 neuen Songs auf.
Bereits bevor ich das Album zum ersten Mal gehört habe, waren meine Erwartungen relativ niedrig. Einerseits, weil Fettes Brot bereits spätestens seit „Strom und Drang“ (2008), beziehungsweise dem Livealbum „Fettes“ & „Brot“ (2010), kein wirklich in Gänze überzeugendes Album mehr abgeliefert haben. Einige Songs waren immer ganz nett, aber mehr durfte man dann auch nicht erwarten. Andererseits schwankten die Vorabsingles „Du driftest nach rechts“ und „Ich liebe mich“ des neuen Albums zwischen absolut super und absolut fürchterlich.
Und obwohl ich die Kategorie Mensch bin, die mit Prognosen und Voraussagen in den meisten Fällen daneben liegt, sollte ich dieses Mal mit meinem Pessimismus Recht behalten. Nach mehrmaligen Durchhören der Platte kann ich festhalten, dass das neue Werk in die Kategorie „mittelmäßige Alben“ fällt. Wenige sehr gute Songs, einige okaye Songs und dann leider auch eine ganze Anzahl an eher schlechten bis hin zu wirklich unangenehmen Tracks. In die erstgenannte Kategorie einzuordnen sind hierbei Songs wie „Geile Biester“, „iKea“ oder das bereits genannte „Du driftest nach rechts“, die alles enthalten, was gute Fettes Brot Songs ausmacht. Der beliebte Brote-Humor, eingängige Refrains mit launigen Funky-Beats und dazu noch brauchbare politische Statements. So hätte gerne das ganze Album sein dürfen.
Kommen wir zur zweiten Kategorie an Songs, das sind besonders die Songs, die mich wirklich ein wenig ärgern, da sie zunächst großes Potenzial aufzeigen und dann doch irgendwie vor sich hin dümpeln anstatt wirklich zu beeindrucken oder aufzufallen. Zu nennen ist hier beispielsweise „Robot Girl“. Ganz gut, aber eben halt auch nicht mehr. Oder „Wetterfrau“, ein sommerlicher guter Laune Track, der dazu einlädt direkt mal rauszugehen und die ersten Sonnenstrahlen des Jahres zu genießen. Bis man dann genauer hinhört und feststellen muss, dass dort Zeilen gedichtet werden wie „Vielleicht ist es Zauberei eventuell aber auch nur Magie“ bei denen sich mir die Fingernägel hochrollen. Oder wie man heutzutage sagt: Cringe. „Denxu“ ist ein weiterer Song, der zu Beginn echtes Hitpotenzial erkennen lässt, das recht schnell verpufft und viel zu schnell nicht mehr gefällt. Auch für die dritte genannte Kategorie, nämlich die wirklich unangenehmen Songs, möchte ich noch ein Beispiel nennen. Auch „Deine Mama“ beginnt gar nicht so schlecht, der übliche Brote-Humor taucht sofort auf. Soweit so gut, doch dann entwickelt sich die Nummer im Refrain schlagartig in einen der nervigsten Songs, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Seien wir ehrlich – mit 3-4 Dosen Bier intus bei strahlendem Sonnenschein auf dem Hurricane Festival? Ich würde vermutlich tanzen. Aber so im rein nüchternen Zustand, indem Musik auch Spaß machen sollte, ist das leider nicht auszuhalten.
Trotz dieser recht harschen Kritik ist „Lovestory“ immer noch kein schlechtes, sondern ein mittelmäßiges Album. Für mich geht das alles in allem in Ordnung, da Fettes Brot bereits massenhaft Hits im Repertoire haben, die mir nach wie vor Freude bereiten und auch die Liveshows werden sicher nicht weniger spaßig. Der Optimist würde also sagen: Für die paar guten Songs hat sich das neue Album schon gelohnt. Der Pessimist würde konstatieren: Hätten sie es lieber mal gelassen!
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