„Worte bringen dich zum Lachen, Worte bringen dich zum Wein’n;
Worte treiben dich zur Weißglut, Worte bringen dich zum Schrei’n;
Transportier’n Informationen, Emotionen, Trost und Hass;
Lassen Herzen schneller schlagen, machen Feinde, machen Spaß.“ – Die Ärzte
Ebenjene Zeilen singt Farin Urlaub (57, Anti-Alkoholiker, Pescetarier) auf „Kraft“, dem siebten Stück des neuen, vierzehnten Studioalbums von den Die Ärzte. Unglücklicherweise leidet gerade das unter den oft thematisch einseitigen Texten seiner drei Erschaffer – und unter musikalischer Belanglosigkeit.
Dabei steigt das bereits zweite Die Ärzte-Album binnen knapp einem Jahr aussichtsvoll ein. „KFM“ ist der besten-Band-der-Welt würdiger Quatschpunk, das Titelstück ein galloppierender Country-Rocker mit Charme sowie „Schrei“ ein manischer Konzeptsong über maßloses Wut-Mackertum. Und auch das eingangs zitierte „Kraft“ lässt Haare lässig im Takt schwingen. Ja, das sind die rockigen BelaFarinRod in Rein- und Bestform. Ein Stück wie „Schweigen“ wiederum hebt hervor, dass Die Ärzte auch in 2021 durchaus noch dancy sein können: Macht Laune.
Zwischen diese Positivmomente streuen sich jedoch Songs, die neben Die Ärzte-Altmaterial an Farbe verlieren. „Anti“ etwa ist derart unauffällig, er könnte auch von jeder anderen beliebigen Rock-Band stammen. Und generell: Wirkliche Über-Hits liefern Die Ärzte nicht. Denn auch wenn das einzig vorab ausgekoppelte „Noise“ ein schöner Rock-Song ist, so wird es nebst „Junge“, „Deine Schuld“, „Schrei nach Liebe“ und „Unrockbar“ in den Live-Sets der Drei wie ein halbwüchsiges Kind im Pogo untergehen. Die Lösung: Das Kind nicht in den Moshpit werfen. Hinzu kommt: Crossover ist seit mindestens 15 Jahren mausetot. Warum für „Kerngeschäft“ also – das Ebow-Feature ist zugegebenermaßen ehrenwert – eingestaubte Kleider wieder aus dem Schrank kramen?
Etwas faul sind die Berliner auch noch: „Danach“ ist im Prinzip „Einmal Ein Bier“ vom letztjährigen „Hell“, nur mit anderem Text. Und – man erinnere sich an das eingangs angeführte Zitat – auch inhaltlich doppeln sich Themen. Es gibt einen Song über eine von einer Frau begangene Beziehungstat („Nachmittag“). Es gibt einen Song über eine von einem Mann begangene Beziehungstat („Einschlag“). Es gibt Witzchen über „Brüste wie Melonen“ („Anastasia“). Und es gibt Texte über verflossene Liebe („Wissen“, „Danach“, „Besser“). Das ist alles in etwa so abwechslungsreich und clever wie der Bau der vorangestellten Sätze.
So lässt sich all die Kritik doch unter einem Punkt subsumieren: „Dunkel“ ist zu viel. Und deshalb schleicht sich Belangloses und Gedoppeltes unter. Ein wenig an den richtigen Stellen in seinem Umfang beschnitten, säh’ das wohl ganz anders aus: „Dunkel“ hätte so gar Gemüter erhellen statt zum Gähnen bringen können. Nunja.
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Und so hört sich das an:
Die Rechte für das Cover liegen bei Hot Action Records.
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