„Change is inevitable, but change can be good.” Das ist das Erste, was Gitarrist Kristan Dawson nach der Trennung von Bury Tomorrow und Sänger Jason Cameron zu mir sagte. Das war im Sommer 2021. Seit dem ist viel passiert: Die Metalcore-Band aus England spielte im Herbst 2021 erste Auftritte mit Sänger Tom Prendergast und Gitarrist Ed Hartwell. Anschließend nahm die Gruppe beide als feste Bandmitglieder auf. So begann Ende 2021 die neue Ära. Die ersten Singles „DEATH (Ever Colder)“ und „LIFE (Paradies Denied)“ wurden veröffentlicht, bevor es Ende letzten Jahres auf fette Co-Headline Tour mit August Burns Red ging. Offensichtlich hatte Dawson Recht. Veränderung kann gut sein. Wird „The Seventh Sun“, das erste große Produkt der neuen Ära, Bury Tomorrow nun auf die ganz großen Bühnen bringen?
Eingängigkeit in der Metal-Welt
Was es dafür braucht, ist eigentlich fast schon zu simpel. „Catchiness“ ist das Stichwort. Die Lieder müssen mitreißend sein, Wieder-Hör Potential haben. Für eine Metal-Formation ist das eigentlich nicht so selbstverständlich. Aber was das angeht, könnte das Timing kein besseres sein. Stieß man früher grundsätzlich auf Abneigung der breiten Masse gegenüber „Rumgeschreie“, so sieht man heute immer mehr Bands der Metalcore-Szene große Arenen füllen. Bury Tomorrow müssen also nicht weicher werden, wie man es gerne mit Popularität verbindet. Mit „The Seventh Sun“ müssen die sechs Jungs lediglich durch die Tür gehen, die Bands wie Bring Me The Horizon, Parkway Drive und Architects geöffnet haben.
Das bereits siebte Album der Band hat jedenfalls Potential dazu. Die ersten vier Singles geben da nur einen kleinen Vorgeschmack. Die übrigen sieben Tracks sind nämlich keineswegs nur Abwandlungen von „Abandon Us“, „Boltcutter“ und co. Glaubt man „Heretic“ ist das Paradebeispiel für Bury Tomorrows harte Seite und „Begin Again“ für die melodische, wird man überrascht. Denn mit „Forced Divide“ schmeißt die Gruppe den Zuhörer*innen eine unvergleichbare Metalcore-Bombe auf die Ohren. „Recovery“ erinnert an den Old-School Bullet For My Valentine Stil. Während „Care“ gar Deathcore-Vibes hat, ist „Majesty“ so melodisch wie die Band noch nie war. Besonders Streicher-Elemente verleihen diesem Lied (und auch „Wrath“) einen besonders emotionalen Touch. Auf insgesamt 42 Minuten fesselt Frontmann Daniel Winter-Bates die Fans mit seinen von extrem hoch zu ganz tief reichenden Shouts. Geschickt wechselt er dazu oft das Tempo. Auffallend ist auch, dass klarer Gesang und Shouts teilweise so in einander übergehen, dass kaum zu unterscheiden ist, welcher der beiden Vokalisten gerade singt.
Wieder-Hör-Faktor durch Song-Paare
Aufgebaut ist „The Seventh Sun“ in Song-Paaren. So bewegen wir uns beim Hören auf und ab. Dieser Kontrast, diese Abwechslung ist Bury Tomorrows Ansatz für „Catchiness“. Das beginnt direkt mit dem Opener „Seventh Sun“, der als Einleitung für „Abandon Us“ dient. Zusammen wirken die zwei viel interessanter. Ebenso sticht „Heretic“ nicht nur durch das einzigartige Feature von Loz Taylor (While She Sleeps) hervor. Wenn die Ausläufer von „Majesty“ in das abgehackte Gitarren Intro übergehen, wirkt das Lied nämlich extra spannend. Gleichzeitig will man aber auch zurückspringen, um sich nochmal in den Bann der tollen Klaviermelodie von „Majesty“ ziehen zu lassen. Andersrum funktioniert das genauso: „The Carcass King“ steht nach dem brutal harten „Care“ auf einem Präsentierteller am Ende des Albums. Der Song ist aus einer anderen Welt, denn Sängering Cody Frost bringt hier ein ungewohnt liebliches Element hinein. In Harmonie mit Sänger Tom und im Kontrast zu Screamer Dani verursacht das pure Gänsehaut. Übrigens ist das Lied im ¾ Takt geschrieben, was nicht gerade üblich im Metal ist. Untermalt wird das ebenfalls von Streichern, wodurch der Waltz-Vibe verstärkt wird.
Mit diesem gigantischen, komplett anderen Track zeigen Bury Tomorrow ganz neues Selbstbewusstsein. In der neuen Ära gibt die Band auf jeden Fall uneingeschränkt ihr Bestes. Bisher hatte generischer Metalcore zwar gut funktioniert – Vorgänger „Cannibal“ und „Black Flame“ sind großartige Alben – aber um zu wachsen, gehen die Jungs mit „The Seventh Sun“ nun einen neuen Weg. Zusammen mit entsprechender Bühnenshow und neustem Fan-Liebling „DEATH (Ever Colder)“ sind das die Töne für ganz große Hallen – vielleicht sogar Arenen.
Das Album „The Seventh Sun“ kannst du dir hier (physikalisch) und hier (digital) kaufen.*
Zu unserem Interview mit Bury Tomorrow geht es hier.
Und so hört sich das an:
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Bury Tomorrow live 2023:
08.04. – Halle Eins, Leipzig, Impericon Festival
15.04. – Turbinenhalle, Oberhausen, Impericon Festival
16.04. – Zenith, München, Impericon Festival
02.06. – Rock im Park
03.06. – Rock am Ring
05.06. – Musikzentrum, Hannover
06.06. – Turock, Essen
28.09. – Ancienne Belgique, Brüssel (B), While She Sleeps Support
29.09. – 013, Tilburg (NL), While She Sleeps Support
Die Rechte am Albumcover liegen bei Music For Nations (Sony Music) .
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