Ja ist es denn schon wieder so weit? Plattenkrach heißt es und diesmal kriegen sich Max und Emilia gehörig in die Wolle. Während bei Max dank System Of A Downs Toxicity Erinnerungen an die Jugend wach werden, verdreht dieses Album bei Emilia eher Augen und Ohren.
Max sagt dazu:
System Of A Down. Wenn diese Worte erklingen, fangen meine Augen an zu leuchten und mein Herz geht auf. Die Band, die mir der große Bruder meines besten Freundes näher gebracht hat. Die Band, die mir den Weg zur Musik der härteren Gangart geebnet und überhaupt meinen Musikgeschmack erheblich beeinflusst hat. Auch wegen Ihnen war der erste Besuch eines Musikfestivals eben nicht Rock am Ring sondern Wacken. Da werden Erinnerungen wach.
Wie groß war meine Freude, als System Of A down nach jahrelanger Pause wieder auf Tour und sogar nach Deutschland kamen, die Lieder mitsingen, welche mich jahrelang begleitet haben. Unbeschreiblich.
Aber nun zum eigentlichen Thema des Plattenkrachs: Toxicity. Während mir alle Alben von SOAD gefallen, so ist Toxicity das meiner Meinung nach mit Abstand beste und auch mein Lieblingsalbum der vier Amerikaner mit armenischen Wurzeln. Auch der Blick aufs Albumcover veranlasst zu einem verschmitzten Grinsen; der Bezug zum bekannten Hollywood-Sign in Los Angeles ist offensichtlich und System Of A Down hatte scheinbar nach einem guten Spitznamen für LA gesucht; Toxicity halt.
Schon der Opener Prison Song beschleunigt den Pulsschlag deutlich und peitscht ordentlich die gesellschaftskritische Keule in Richtung der USA und der Justizvollzugsanstalten – “They try to build a prison.” Ein kraftvoller Opener, welchem weitere Wahnsinnslieder auf dem Fuße folgen. Und bei nahezu allen werden Genregrenzen überschritten, die beiden gesanglichen Leistungen von Haupt-Sänger Serj Tankian und Gitarrist Daron Malakian ergänzen sich und stoßen sich ab, ein toller klanglicher Effekt.
Thematisch werden viele Bereiche abgedeckt und eben diese Vielfalt und Gesellschaftskritik machen das Werk von System Of A Down so wichtig und wertvoll. Gleichzeitig bleibt viel Interpretationsspielraum über die Texte und auch das macht es irgendwie aus; die Lieder und Texte verbinden, und das, obwohl vielleicht jeder Fan etwas anderes darunter versteht.
Meiner Meinung nach handeln die folgenden Lieder über die diese Themen:
Da wären Prison Song über die Gefängnisse, Deer Dance über Starke und Schwache, Jet Pilot über Krieg, Chop Suey! über das Christentum und den Tode Jesus’ am Kreuz, Forest über Kindesentführung, Science über Wissenschaft, Shimmy über Indoktrinierung und Dogmen, Toxicity (Wahnsinnslied) über Toxizität der Gesellschaft, Psycho über Drogenmissbrauch, Aerials über Kleingeistigkeit.
System Of A Down haben mit Chop Suey! außerdem sehr zur Pop-Kultur meiner Generation beigetragen, wer kennt nicht dieses großartige Video, welches früher auf dem Pausenhof per Infrarot und manchmal sogar per Bluetooth weitergeleitet wurde?
Das gesamte Album Toxicity kann man immer und immer wieder hören und jedes Mal wird man neue Nuancen entdecken, über eine andere Textzeile philosophieren, oder auch einfach von der Virtuosität und den genialen Wechseln der Musikstile begeistert sein. Für mich ist es nach wie vor eines der besten Alben der 2000er.
Emilia erwidert:
Als „Toxicity”, das zweite Album der Metal-Band „System of a Down“ im Jahre 2001 erschien, war ich gerade einmal zwei Jahre alt. So viel vorweg. Allerdings hat sich auch in den folgenden Jahren mein Musikgeschmack eher weniger in ebendiese Richtung entwickelt, sodass ich bis dato lediglich den wohl bekanntesten Song der Band „Chop Suey!“ kannte. Den fand und finde ich jedoch gar nicht mal so schlecht, sodass ich mich also entschloss, auch dem kompletten Album für den Plattenkrach eine Chance zu geben. Dieser Entschluss stellte sich allerdings bereits nach wenigen Minuten als Belastungsprobe für meine Ohren heraus. Doch ich greife voraus.
Bereits der gewöhnungsbedürftige, eher stakkatohafte Beginn des Openers „Prison Song“ ließ mich leicht zusammenzucken, sodass ich sehnsüchtig auf die erste Strophe wartete, die dann zwar endlich einsetzte, den Song jedoch leider nicht verbesserte. Stattdessen folgten gute drei Minuten voller hektischem Hin und Her zwischen aggressiven Drums, E-Gitarren, Bass und dem Geschrei sowie Gemurmel und Geflüster des Sängers, begleitet von sekündlichen Tempowechseln. Das kann ja nur besser werden, dachte ich. Doch auch die nächsten paar Songs erwiesen sich zwar als etwas konstanter als der Opener und hatten auch durchaus einige erträgliche Passagen, so wirklich überzeugen konnte mich dieses Metal-Geballer allerdings nicht.
Während des eher ruhigen und melodischen Intros des neunten Songs „ATWA“ keimte dann kurz eine leise Hoffnung in mir auf: Finde ich auf dieser Platte tatsächlich noch einen Song, der mir wirklich gefällt? Nach lediglich 46 Sekunden wurde diese Hoffnung allerdings auch schon wieder zerstört, indem der Song schlagartig in den Stil der vorangegangenen acht Tracks umschlug. Schade eigentlich.
Kurz vor Ende der Platte dann doch ein kleiner Lichtblick: Auch wenn der Stil immer noch nicht meinem Geschmack entspricht, gefällt mir der Titelsong der Platte „Toxicity“ mit seinen ruhigeren Passagen gar nicht mal so schlecht. Und auch der vorletzte Song der Platte „Aerials“, der ebenfalls eher ruhig ist und somit die Ausnahme der Platte darstellt, spricht mich zumindest mehr an als der Rest des Albums. Abgesehen davon beeindruckten mich auch die offenen, politischen und kritischen Texte, ziemlich verwirrt ließ mich jedoch der letzte Song „Arto“ zurück, der mit Metal nun absolut überhaupt nichts mehr gemein hat und vollkommen ohne Gitarren auskommt. Aber dabei werden sich die Armenier wohl auch etwas gedacht haben.
Es ist nun mit Sicherheit kein Geheimnis, dass Metal weiterhin nicht unbedingt zu meinen präferierten Genres gehört und System Of A Down in mir nicht gerade einen Fan gewonnen haben. Ich werde wohl nie verstehen, was an den abrupten Tempowechseln, dem aggressiven Geschrei des Sängers und dem Metal-Sound der Gitarren so besonders ist, aber das muss ich ja auch gar nicht.
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Mehr Plattenkrach: Hate it or love it – was für den einen ein lebensveränderndes Monumentalwerk ist, ist für die andere nur einen Stirnrunzler wert! Ein Album, zwei Autor*innen, ein Artikel, zwei Meinungen! Mehr Auseinandersetzungen findest du hier.
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Die Rechte des Albumcovers liegen bei American Recordings / Columbia.
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