So war das Way Back When Festival 2017!

Way Back When Festival 2017

Das Way Back When Festival findet nun schon seit einigen Jahren in und um das FZW in Dortmund statt und lockt Jahr für Jahr nach neuer Musik lüstende Indiejünger ein Wochenende lang in die verschiedenen Locations der Stadt. Die Booker des kleinen Liebhaberfestivals erwiesen sich in den letzten Jahren als wahre Entdecker neuer Sterne am Himmel der populären Musik. Kein Wunder, dass in den letzten Jahren neben Annenmaykantereit und Von Wegen Lisbeth auch Wanda auftreten durften. Neben den vielen unbekannteren Newcomern – von denen gibt es sehr viele – bucht man jedoch auch immer einige größere Headliner. Portugal. The Man spielten in der diesjährigen Ausgabe, die vom 29. September bis zum 01. Oktober ging, am Festivalsamstag die wohl kleinste Show ihrer Deutschland-Tour und die Shoegaze-Legenden Slowdive begannen am Vortag ihre Europatour im FZW.

Das Way Back When Festival ist damit eine schöne, kleine Alternative zum Reeperbahnfestival in Hamburg. Zwar kann man nicht eine derartige Masse an bekannten Bands anbieten, weist aber dafür tolle Locations auf, die viel näher zusammenliegen als das Hamburger Festival, was die Gesamtsituation sehr entspannt und ermöglicht, mehr als zwei bis drei Bands pro Tag zu sehen. Neben dem FZW befand sich eine Bühne dieses Jahr im View im siebten Stock des Dortmunder Us, einem Kulturzentrum nahe der Dortmunder Innenstadt. In edler Umgebung spielten hier vor allem am Samstag eher härtere Acts. Des Weiteren befand sich gut zehn Minuten Gehweg vom FZW entfernt eine weitere Bühne in der Pauluskirche, einer evangelischen Kirche, in der sich hauptsächlich ruhigeren Klängen und Songwritermusik gewidmet wurde. Wie oft kann man sich schon mal ein Konzert in einer solchen Umgebung anschauen? Toll! Im FZW selber wurden die beiden Säle abwechselnd bespielt, sodass man wunderbar zwischen diesen hin und her pendeln konnte.

Essenstände gibt es auf dem Way Back When Festival zwar keine, in der Umgebung der Location findet man jedoch massenweise Imbissbuden, in denen man vor allem Döner, Pommes und co. bekommt. Die Getränkepreise entsprechen denen der jeweiligen Venues. Die Umstände, unter denen das Festival stattfindet, laden dazu ein, sich einfach treiben zu lassen und viele Künstler auszuchecken, die man vorher nicht kannte. So lohnt sich auch der Besuch der Tage, an denen Acts spielen, die einem zum großen Teil noch unbekannt sind. Genau dies taten wir auch am Freitag, bei dem wir keine Must-Sees hatten und uns dem Treiben und den Atmosphären der Veranstaltung hin gaben.

Ider Way Back When Festival 2017

Als erster Act des Wochenendes durfte uns das Londoner Synthie-Pop-Duo IDER in der FZW Halle mit einer sympathischen und musikalisch erstklassigen Show überraschen. Mal mit Gitarre und Syntheziser, mal mit elektronischen Drum-Beats unterlegt und mal a capella leiteten die zwei Frauen, deren Stimmen toll harmonieren, durch ihr Set und freuten sich das ein oder andere mal über einen begeisterten Fan in den vorderen Reihen. Das freute wiederum uns, weil die beiden jungen Damen dabei sehr niedlich rüberkamen.

Her's Way Back When Festival 2017

Weiter ging es in den Club zu Her’s, die uns mit ihrer britischen Art und ihrem Gitarren-Indie so richtig abholen konnten. Die Band, bestehend aus Gitarrist und Sänger Stephen Fitzpatrick und Bassist Audun Laading, vermischte gezupfte E-Gitarrentöne mit verspielten Bass-Lines und Drumcomputern. Schön, dass man einigen Musikern auch noch ansieht wie viel Spaß sie am musizieren haben. Ob Fitzpatricks grimassenhaftes Gesicht während er seiner Gitarre die verspielten Arpeggio-Melodien entlockte oder die ehrlichen sympathischen Ansagen vom knuffigen Bassisten oder auch einfach die tolle Musik, hier passte einfach alles. Die sollte man im Auge behalten!

Client Liaison Way Back When Festival 2017

Wieder in der Halle angekommen bekamen wir gute 45 Minuten lang eine knallige 80er Show der Australier Client Liaison geboten. Schon das Bühnenbild bestehend aus zwei riesigen Wasserspendern und Palmen deutete an, was das Trio im Laufe seines Auftrittes auch bestätigen würde: Hier wird es bunt! Erst im Glitzeranzug, später mit Halsschmuck und nacktem Oberkörper bekleidet, tänzelte Sänger Monte Morgan über die Bühne. Schnell fühlte man sich in eine ganz andere Zeit zurückversetzt. Wer hier still stehen konnte, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Was ein vollkommen verrückter Auftritt.

Mogli Way Back When Festival 2017

Wir begaben uns darauf in die Pauluskirche, um der Singer-Songwriterin Mogli in wahrlich besonderer Atmosphäre zu lauschen. Die Berlinerin leitete durch ihr Set, indem sie Anekdoten ihres Amerika-Roadtrips, von dem ihr aktuelles und zweites Album „Wanderer“ handelt, erzählte. Das sorgte für eine spannende Abwechslung zu den Songs. Begleitet wurde sie von einem Pianisten / Gitarristen und einem Schlagzeuger, die mit ihr den folkig atmosphärischen Indie-Pop schufen, den Mogli spielt. Das Publikum gab sich höflich und lauschte brav der Musik der Berlinerin. Was eine magische Atmosphäre das war.

Way Back When Festival 2017

Zurück am FZW angekommen, bekamen wir unsere Gehirne ordentlich vom sphärischen Shoegaze von Slowdive durchgespült, die als erster Headliner des Festivals spielen durften. Lange Instrumentalparts, in der Musik zerfließender Gesang und eine zurückhaltende, aber trotzdem sympathische Band warteten hier auf uns. Den Großteil des Sets der Band machten Songs aus dem aktuellsten, nach dem Comeback erschienenen selbstbetitelten Album aus. Doch auch Fans der alten Lieder aus den frühen Bandjahren in den 90ern kamen auf ihre Kosten. Schön zu sehen, was für einen großen Einfluss Bands wie Slowdive auf den Post-Rock und Dream-Pop der heutigen Zeit haben. Die Pause scheint der Band eher gut als schlecht getan zu haben. Was ein wunderschöner Auftritt!

The Amazons Way Back When Festival 2017

Der nächste Tag startete für uns mit dem Alternative-Rock der britischen Newcomer The Amazons, die nicht so ganz in das restliche Line-Up im FZW passten. Dementsprechend zurückhaltend war dann leider auch das Publikum bei dem Auftritt der vier Briten. Viel besser hätte das Quartett auf die Bühne im View im Dortmunder U gepasst, die diesen Tag von dem Dortmunder Rock-Magazin Visions präsentiert wurde. Die Band ließ sich davon jedoch nicht beirren und zog ihr 45 minütiges Set professionell durch. Fast jeden Song verlängerten sie und erweiterten damit die rifflastigen Arrangements ihrer Lieder. Dadurch klang die Band noch ein wenig härter als auf Platte, was dem verspielten Alternative sehr gut stand. Trotz des zurückhaltenden Publikums konnten uns die vier Mannen von der großen Insel sehr mitreißen. Toll!

Van Holzen Way Back When Festival 2017

Auf die eben erwähnte Visions-Bühne ging es für den nächsten Auftritt. Hier bereiteten sich Van Holzen auf ihren Auftritt vor. Die extrem jungen, dafür aber sehr professionellen Musiker hauten der begeisterten Menge Riff um Riff um die Ohren und sorgten für Jubelstürme zwischen ihren Songs. Das Set der drei Ulmer Rock-Hoffnungen, die wir zuvor noch zum Interview getroffen hatten, bestand neben Songs aus ihrem Debütalbum „Anomalie“ auch aus Liedern ihrer ersten selbstbetitelten EP. Im Vergleich zu den Shows ihrer ersten Mini-Tour im Frühjahr fiel auf, dass das Trio sich noch ein wenig redelustiger und sicherer auf der Bühne verhielt. Hier hat man über den Festivalsommer also noch einmal einiges dazugelernt. Ein Besuch der ausgedehnten Tour, auf der sich die drei Jungs die nächsten Monate befinden, ist demnach sehr zu empfehlen! Wie eigentlich jeder Gig des Festivals ein großartiger Auftritt.

Portugal. The Man Way Back When Festival 2017

Wieder im Hauptquartier des Festivals angekommen, bereiteten wir uns auf den zweiten Headliner des Festivals vor. Die Indie-Giganten Portugal. The Man zogen daraufhin die wohl größte Crowd des Wochenendes mit viel Rock und Improvisation in den Bann. Das Quintett hielt sich die gut 80 Minuten ihres Auftrittes sehr wortkarg, mit dem Publikum wurde nur über eine große Leinwand, auf die neben Animationen ab und an auch humorvolle Kommentare zur Show projiziert wurden, kommuniziert. Hier steht eben nicht im Vordergrund die Leute mit Witzen und Sprüchen zu unterhalten, sondern durch tolle Musik zu begeistern – und wenn eine Band das kann, dann Portugal. The Man! Schon die ersten Songs des Konzertes deuteten an, was die folgende Stunde dominieren sollte – erst ein Instrumental-Cover des Metallica-Klassikers „For Whom The Bell Tolls“ und dann des Pink Floyd Meilensteins „Another Brick In The Wall, Pt. 2“ zeigten, dass die Band keine Indie-Pop-Show abliefern würde, obwohl das aktuelle Album „Woodstock“ schon poppiger ausgefallen war. Doch auch die Songs des neuesten Werkes wurden in einem rockigeren Gewand vorgetragen und wie ältere Lieder durch improvisierte Instrumental-Soli ergänzt. Zum Schluss folgte dann noch ein Cover des Oasis-Klassikers „Don’t Look Back In Anger“, der vom Publikum enthusiastisch zurückgegröhlt wurde. Wenn eine Band es sich erlauben kann derart viele Klassiker zu covern, dann wohl die „Lords Of Portland“, wie sich die Band selber nennt. Das war wohl der stärkste Auftritt – ach was Jam-Session! – des Festivals. Wir sind in love.

Island Way Back When Festival 2017

Der letzte Festivaltag begann für uns mit einem magischen Show der Indie-Newcomer Island. Das schon von der BBC Introducing Reihe als „Newcomer Of The Week“ gesetzte Quartett präsentierte der immer wachsenden Menge ruhigen Gitarren-Indie, der hauptsächlich von den tollen Gitarrenmelodien und der einzigartig rauen Stimme von Sänger Rollo Doherty lebte. Trotz der sphärischen ruhigen Stimmung in den Songs, bieten die Refrains der Indie-Hoffnung große mitsingbare Melodien. Wenn im nächsten Jahr hoffentlich das Debüt-Album der vier jungen Männer aus London erscheint, wird das ganz groß. Zumindest würden wir das den sympathischen Herren sehr gönnen!

Gurr Way Back When Festival 2017

Auf der proppenvollen Club-Bühne präsentierten daraufhin Gurr ihren Indie-Punk in einer ehrlichen und sympathischen Show. Vor allem die Ansagen der zwei Berlinerinnen konnten überzeugen. Bald darf die Band auch mal in größere Halle spinksen und dort Kraftklub supporten. Ob das da genauso gut funktioniert, wie in den Clubs, bleibt abzuwarten.

Drangsal Way Back When Festival 2017

In der Halle durfte dann der Wahlberliner Drangsal – die Stadt scheint hier echt überrepräsentiert zu sein -, in Unterhemd und Jogginghose bekleidet, ran und mit seinem 80er Indie sowohl ältere, als auch jüngere Menschen begeistern. Das Publikum tanzte brav und lachte über die gewohnt ungewöhnlichen Ansagen des 24-Jährigen, der von einer vierköpfigen Live-Band begleitet wurde. Im nächsten Jahr darf man dann wohl auch ein neues Album von Drangsal, der bürgerlich Max Gruber heißt, erwarten. Der Herr hatte vor seinem Auftritt über Instagram gefragt, ob ihm jemand einen Tischtennisball mitbringen könne. Man solle diesen einfach auf die Bühne werfen. Ein Fan hatte tatsächlich einen Ball auftreiben können, der im direkten Weg in Grubers Bierbecher flog und somit einen Teil der Bühne mit Bier flutete. Drangsal nahm es gelassen. Dass es sich bei dem Ball um keinen Tischtennisball handelte, sollte im Nachhinein wohl auch niemanden gestört haben.

Leoniden Way Back When Festival 2017

Nachdem Songwriter Jake Isaac in der Halle einen kleinen Teil seines Auftrittes in der Mitte des um ihn sitzenden Publikums ganz ohne technische Verstärkung gespielt hatte, übernahmen im Club Leoniden aus Kiel. Diese ließen ihren unbändigen Indie-Rock mit einer derartigen Energie auf das Publikum los, dass hier eigentlich niemand still stehen konnte. Vor allem Sänger Jakob Amr hüpfte wie ein Flummi von links nach rechts und verausgabte sich mal am Synthesizer, mal an den Kuhglocken, an denen er oftmals auch von Keyboarder Djamin Izadi unterstützt wurde. Aber auch Gitarrist Lennart Eicke schmiss sein Instrument durch die Gegend, balancierte es auf seinem Kopf oder verfrachtete es hinter seinen Rücken. Bei der riesigen Energie, die das Quintett auf der Bühne hat, fällt es teilweise sogar schwer allem zu folgen. Fast alle Songs ihres im Frühjahr erschienen Debütalbums spielte die Band und ließ mehrfach zwei Songs ineinander verfließen. Hier hinter versteckte sich einer der heißesten Newcomer der deutschen Indie-Szene, der bald gewiss noch richtig groß werden wird. Das zeigen allein schon die momentan 150000 monatlichen Spotify-Hörer, die die Band schon aufweisen kann.

Roosevelt Way Back When Festival 2017

Als Headliner des letzten Tages durfte uns der Wahlkölner Roosevelt mit komplett in weiß gekleideter Band und seinem elektronischen Indie zum Tanzen bringen. Seine elektronischen Sounds unterlegte der ebenfalls im weißen Anzug gekleidete Herr mal mit Gitarre, mal selber mit Keyboard. Dass die Menge vor der zu Beginn schon nur halbgefüllten Halle immer kleiner wurde, schien den Sänger nicht zu stören. Der ausgelassenen Stimmung schadete dies aber auch nicht. So ließen wir den Sonntag in entspannter Stimmung ausklingen.

Das Way Back When Festival hat uns ein wunderschönes Wochenende in Dortmund beschert, bei dem wir ausschließlich tolle Auftritte sehen konnten. Alles, was hier spielt, hat auf irgendeine Weise eine Daseinsberechtigung. Das findet man in der doch sehr langweiligen und eintönigen deutschen Festivallandschaft eher selten. Für jeden, der den heißesten Scheiß der Indie-Landschaft schon vor allen anderen kennen mag, empfiehlt sich der Besuch des Festivals, das im nächsten Jahr vom 28. bis 30. September erneut in Dortmund stattfinden wird, allemal. Doch auch Fans wunderschöner ruhiger oder auch lauterer Musik, würden wir das Festival ans Herz legen. Und selbst, wenn einem keiner der Künstler etwas sagt – zu Entdecken gibt es hier genug!

Und so sah das vielleicht aus:

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https://youtu.be/3uOm67G-Pvc

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Alle Fotos von Jonas Horn.

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