Interview mit Deaf Havana über „Rituals“!

(English version below) Kürzlich erschien mit „Rituals“ das neueste Album von Deaf Havana (Rezension hier), das die Band auf komplett neue Wege geführt hat. Wir durften nun Sänger und Gitarrist James Veck-Gilodi einige Fragen zur Entscheidung für den neuen Sound, sowie auch zu Ritualen, dem Bösen und der Zukunft der Band stellen.

minutenmusik: Hallo zusammen! Erstmal möchte ich mich im Namen der ganzen minutenmusik-Redaktion dafür bedanken, dass du dir Zeit für uns nimmst! Euer neuestes Album „Rituals“ hat im Bezug auf den Sound eurer Band einen riesigen Sprung gemacht. In einem Interview habt ihr bereits festgestellt, dass ihr denkt, dass einige Fans den neuen Sound vielleicht nicht mögen werden. Wie waren die ersten Reaktionen der Fans? Denkt ihr, dass der Sound vielleicht etwas Zeit braucht, bis man sich an ihn gewöhnt hat?

James: Glücklicherweise glaube ich, dass 90% der Fans gut mit dem neuen Sound klarkommen und ich denke, sie erkennen immer noch die Elemente, die uns zu dem machen, was wir sind. Natürlich wird es einige Leute geben, denen es einfach nicht gefällt und das ist natürlich auch in Ordnung. Trotzdem denke ich, dass es für einige, die unsere härtere Musik mögen, zuerst ein Schock sein wird und dass sie ein wenig Zeit brauchen, um sich damit zu arrangieren, aber ich bin einfach froh, dass wir neue Musik veröffentlichen und einen neuen und aufregenden Weg gehen dürfen.

minutenmusik: Wieso hattet ihr das Gefühl, dass euer Sound von Indie zu Pop wechseln sollte? Gab es irgendwelche Einflüsse beim Songwriting?

James: Es war keine bewusste Entscheidung, ich habe mich nicht hingesetzt und beschlossen, die Richtung unserer Musik komplett zu ändern. Ich denke, auf die Weise wie es aufgenommen wurde und durch den ganzen Entstehungsprozess des neuen Albums, klingt es am Ende jetzt genau so. Vor fünf Jahren hatte ich einige der Lieder eigentlich für „All These Countless Nights“ geschrieben und seitdem hat sich unser Musikgeschmack total geändert, hauptsächlich in die poppigere Richtung, also wollten wir uns unterbewusst wohl in diese Richtung entwickeln.

minutenmusik: Wie kamt ihr auf den Titel „Rituals“? Seid ihr religiös oder interpretiert ihr den Begriff offener?

James: Naja, der erste Song den ich für dieses Album schrieb war „Ritual“, vermutlich ist der Name einfach hängen geblieben. Ich glaube, dass alle Songs irgendwie zahlreiche tägliche Rituale beschreiben, die ich in den letzten 10 Jahren meines Lebens habe über mich ergehen lassen und hauptsächlich bereut habe. Ich habe eigentlich keine Verbindung zu Religion, aber immer eine Anziehungskraft zu Sünden empfunden, ich glaube ich habe viele Dinge getan, die früher als Sünden angesehen worden wären.

minutenmusik: Gibt es irgendwelche Rituale in eurer Band, beim Songwriting oder bevor ihr auf die Bühne geht?

James: Nicht wirklich, mir fällt es viel leichter Musik zu schreiben, wenn ich betrunken bin, ich glaube mein Gehirn funktioniert einfach anders, wenn ich mich so fühle. Das ist aber nicht unbedingt ein Ritual.

minutenmusik: Was für eine Musik hört ihr in eurer Freizeit? Gibt es viele verschiedene Einflüsse bei fünf Bandmitgliedern oder gibt es Acts, auf die ihr euch einigen könnt?

James: Wir hören hauptsächlich Hip Hop und Pop, aber wir haben einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack, also da läuft alles, von Country bis zu Death Metal. Wir können uns auf vieles einigen, aber wir haben alle etwas unterschiedliche Geschmäcker, ich schätze, dass das unsere Dynamik und Musikalität mit sich bringt, durch die unser Sound entsteht.

minutenmusik: Die Titel auf eurem neuen Album stellen klare Gegenteile dar. Während „Pure“, „Saint“ oder „Heaven“ für positive Aspekte stehen, stehen dem Titel wie „Fear“, „Hell“ oder „Evil“ gegenüber. Denkst du, dass es Dinge in unserer modernen Gesellschaft gibt, die rein gut oder schlecht sind? Wie sind diese Konzepte für euch konnotiert?

James: Ich glaube wirklich fest daran, dass die meisten Menschen eigentlich gut sind, aber es gab Zeiten, da habe ich Dinge getan und mich gefühlt, als wäre das Böse in mir. Ich glaube, die meisten Leute wollen Gutes tun, aber in einigen Fällen zeigen Dunkelheit oder das Böse ihr Gesicht, egal wie sehr wir versuchen, es zurückzuhalten.

minutenmusik: Die meisten Songs in „Rituals“ haben eine sehr düstere Atmosphäre. Denkst du, dass der neue Sound andere Bedeutungen und Gefühle vermitteln kann als der Indie Sound der älteren Alben? Ist das ein Grund, wieso ihr euch für den neuen Sound entschieden habt?

James: Ich glaube, dass die düsteren Themen der Texte der Hauptgrund waren, weswegen ich mich komplett dem neuen, poppigen Sound verschrieben habe. Ich war immer fasziniert von der Gegenüberstellung eines glücklichen, optimistischen Sounds mit unglaublich düsteren und ergreifenden Texten.

minutenmusik: Deaf Havana wurde 2005 gegründet. Wie viel hat sich in den letzten 13 Jahren für eure Band, aber auch im Musikmarkt geändert? Denkst du, dass Streamingdienste wie Spotify es Bands erleichtert, aktuell zu bleiben oder spürt ihr eher einen höheren Druck?

James: Ich denke, dass Streamingdienste es für Leute leichter machen, Musik zu hören, aber es macht es definitiv schwerer, von der Musik zu leben, denn je weniger Platten Leute kaufen, desto weniger Geld verdienen Bands.

minutenmusik: Kauft ihr noch Platten? Gibt es irgendwelche Newcomer, die ihr mögt?

James: Gelegentlich kaufe ich noch Platten, aber ich sollte wirklich anfangen, häufiger welche zu kaufen, da ich weiß, wie wichtig es ist. Es gibt nur wenige neue Acts, die ich wirklich gerne mag, ich höre eher Bands und Künstler*innen, die es schon länger gibt.

minutenmusik: Was gefällt dir besser – auf Tour sein oder Songs schreiben?

James: Das ist wirklich unterschiedlich, ich liebe beides, aber es kann auch beides sehr stressig sein. Ich glaube, ich bevorzuge aber das Tourleben, da es mich schon über die ganze Welt zu Orten geführt hat, von denen ich mir nie erträumt hätte, jemals dorthin zu kommen.

minutenmusik: Hast du irgendwelche Wünsche oder Ziele für die Zukunft?

James: Ich würde es einfach lieben, weiter Musik zu machen und davon zu leben. Ich würde mir gerne irgendwann ein Haus kaufen, das ist aber eher ein persönliches Ziel. Wenn wir Venues auf der ganzen Welt ausverkaufen könnten, wäre ich unglaublich glücklich.

minutenmusik: Wo siehst du Deaf Havana in zehn Jahren?

James: Ehrlich jetzt? Ich zweifle sehr daran, dass wir in zehn Jahren noch zusammen sind, haha.

minutenmusik: Gibt es weitere Pläne für die nächsten Monate?

James: Nur ein paar Festivals und einige Shows in Europa, glaube ich. Der Großteil der Tour für dieses Album wird erst nächstes Jahr stattfinden.

minutenmusik: Nochmal lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und wir wünschen euch nur das Beste!

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=jpeJAPl1iZk

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English version:

minutenmusik: Hey there! At first, I want to say a big thank you from my colleagues of minutenmusik.de and me for taking your time!
Your newest record “Rituals” has made a big jump concerning the sound of your band. In an interview you have already stated that you think some fans may not like the new sound. How were the first reactions of the fans? Do you think the sound may need some time before everyone has arranged with it?

James: Luckily I think 90% of fans have really got on board with the new sound and I think they can still see the elements that make us who we are. Of course there are going to be some people who simply won’t like it and that’s fine as well. I do however think it may have been a shock to some people who liked our heavier music at first and they will need a little more time to get on board but I’m just happy that we were able to release new music and follow a new and exciting path.

minutenmusik: Why did you think your sound should turn from Indie to Pop? Have you had any clear influences while writing the new songs?

James: It wasn’t really a conscious decision, I didn’t sit down and decide to completely change the direction of our music, I think just in the way it was written, recorded and just the whole process of creating the new record, it ended up sounding the way it does. That being said, it was 5 years ago when I wrote some of the songs for ATCN and our music taste has completely changed since then, mostly in a poppy direction, so subconsciously we probably were keen to head in that direction.

minutenmusik: How did you come up with the title “Rituals”?  Do you have any connection to religion or do you see the term in more broader ways?

James: Well the first song I wrote for this album was the song Ritual, I guess the name just stuck with me. I also think the subject matter in all of the songs kind of falls under the umbrella of various daily rituals that I have undergone and mostly regretted in the last 10 years of my life. I don’t really have a connection with religion but I’ve always felt an affinity with sin, I feel like I have done many things that could be viewed as sins in the past.

minutenmusik: Are there any rituals in your band while writing songs or before you go on stage?

James: Not really, I find it a lot easier to write music when I’m hungover, I guess my brain just works in a slightly different way when I feel like that. That’s not necessarily a ritual though.”

minutenmusik: What kind of music do you listen to in your free time? Are there many different influences when five people come together or are there many acts you can agree on?

James: Mainly we listen to Hip Hop and pop music, but we have a hugely diverse taste in music so you could hear us listening to anything from country music to death metal. We do agree on a lot of music but we all have slightly different tastes so I guess together that brings the dynamics and musicality that makes us sound the way we do.

minutenmusik: The titles on your new record show clear opposites. While “Pure”, “Saint” or “Heaven” symbolize clear positive aspects, the other side contains titles like “Fear”, “Hell” or “Evil”. Do you think there are things that arepurely good or bad in our modern society? How are these concepts connotated for you?

James: I do truly believe that deep down most people are good, but there have been times where I have done things and truly felt like there was evil inside me. I think mostly people strive to do good but in some cases the darkness or evil always seems to show its face at some point no matter how hard we try to repress it.

minutenmusik: Most of the songs in “Rituals” have a very dark atmosphere. Do you think the new sound can convey different meanings and feelings than the classical indie sound of the previous records? Is this one reason why you chose the new sound?

James: I think the main reason I fully committed to the new, poppier sound was purely because of the dark subject matter of the lyrics. I have always been interested in the juxtaposition between having a really jovial, upbeat sounding song with incredibly dark and poignant lyrics.

minutenmusik: Deaf Havana has been founded in 2005. How much has changed within the last 13 years in your band, but especially in the music market? Do you think streaming devices like Spotify have made it easier for bands to stay up to date or do you feel a higher pressure?

James: I think steaming platforms have certainly made it easier for more people to hear artists music but it definitely makes it harder to make a living from playing music as the less people buy records, the less money bands make.

minutenmusik: Do you still buy records? Are there any newcomer acts you appreciate?

James: I occasionally buy records, but I should probably start buying more as I know how important it is. There are a few new acts that I’m really into, but mostly I listen to bands and artists who have been around for a long time.

minutenmusik: What do you enjoy more – going on tour or writing songs?

James: It really depends, I love both but aspects of each can be really stressful. I think over all though I prefer touring as it has taken me all around the world to places that I would never dream of being able to go to before.

minutenmusik: Do you have any wishes or aims for the future?

James: I would just love to be able to continue playing music and make a good living from it. I’d like to buy a house at some point, that’s more of a personal goal though I guess. If we can sell out venues all around the world I’ll be incredible happy.

minutenmusik: Where do you see Deaf Havana in 10 years?

James: Honestly? I highly doubt we will still be together in 10 years haha.

minutenmusik: Are there any further plans for the upcoming months?

James: Just a few festivals and some shows in europe I think! The main bulk of touring for this record will be next year as far as I’m aware.

minutenmusik: Again, we really thank you for taking your time and wish you all the best!

Rechte am Beitragsbild liegen bei Wolf James.

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