Teesy – Tones

Teesy - Tones (Album)

Es wäre falsch, Teesy als einen „Newcomer“ zu betitteln, denn das ist der junge Berliner schon lange nicht mehr. Nach seinem Debüt „Glücksrezepte“ (2014) sowie seinem zweiten Album „Wünschdirwas“ (2016) erscheint mit „Tones“ am 24. August – wenn man so will – der letzte Teil einer vollendenden, ja grandiosen Album-Trilogie. Hatte der 27-jährige auf dem Vorgängerwerk „Wünschdirwas“ noch besonderen Wert auf Retro-Klänge und analoge Sounds mit großer Bandproduktion gelegt, geht er auf seiner neusten Platte „Tones“ quasi ‚back to the roots‘ und besinnt sich – ähnlich wie auf seinem Debütalbum „Glücksrezepte“ – auf junge, richtungsweisende Sounds mit einschlägigen Drums und Synthie-Klängen. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel vorwegnehmen: Aber „Tones“ gehört für mich schon jetzt zu einem der gelungensten Alben des Jahres!

Doch beginnen wir von vorne: An seinem mittlerweile dritten Studioalbum arbeitet der junge Berliner schließlich schon seit geraumer Zeit auf Hochtouren. Wer den Instagram-Account des talentierten Berliners in den letzten Monaten fleißig verfolgt haben sollte, dürfte sich beim Hören des Albums wohl an so mancher Stelle an Studioausschnitte und musikalische Passagen erinnern, die Toni Mudrack – wie der Berliner Sänger bürgerlich gerufen wird – auf seinen sozialen Plattformen mit seinen Zuschauern und Fans teilte. Eben noch als Demo-Version in dem 14-sekündigen Ausschnitt der Instagram-Story gezeigt, wenige Tage später bereits als Single auf den hiesigen Streamingdiensten zu hören. „Work in progress“ – und eine persönliche Geste, die wohl auch auf die Namensgebung des Albums hindeuten lässt: „Tones“ – so wird Teesy von seinen Freunden schließlich genannt. In dem entsprechenden Pressetext zum Album heißt es dabei:

„Tones ist der erste richtige Spitzname, den ich von meinen Freunden bekommen habe. Er ist kurz und knapp, aber macht alles klar. Und er passt perfekt dazu, dass ich mit diesem Album wieder noch ein Stück mehr bei mir angekommen bin – textlich, aber auch musikalisch.“

Vor allem inhaltlich öffnet sich Teesy auf seinem neusten Werk deutlicher als zuvor und gibt dabei den Blick frei auf den tiefen Grund seiner durchaus emotionalen Seele. Der Rapper, Sänger, Songwriter, Produzent und ehemaliger Lehramt-Student möchte offenkundig auf „Tones“ etwas über sich erzählen und Vergangenes und Erlebtes musikalisch verarbeiten. Das gelingt dem begeisterten Crooner wirklich gut – und vor allem facettenreich, ohne dass man die musikalische Höchstleistung jedoch unter den Tisch kehren müsste! Die Emotionswechsel, ja quasi die alltägliche emotionale Wankelmütigkeit, werden stets von eingängigen Beats begleitet und von einfallsreichen Synthie-Sounds, aber auch vielfältigen Instrumentenklängen untermalt. Auf bestimmte Stilrichtungen lässt er sich dabei jedoch nicht ein. Ein bisschen Soul, ein bisschen Pop, eine Prise Jazz mit einem Schuss Rap. Kein Song gleicht dem anderen, trotzdem sind es allesamt Tracks mit Wiedererkennungswert, die im Ohr bleiben. Er selbst beschreibt und erklärt dieses Phänomen folgendermaßen:

„Ich bin im einen Moment vielleicht zu Tode betrübt, dann aber wieder himmelhochjauchzend. An anderen Stellen bin ich nüchtern, dann packe ich aber wieder die Eier auf den Tisch. Alles ist erlaubt. Wieso soll man sich Sachen verbieten? Wieso sollte man pauschalisieren? Bloß weil ich so bin, kann ich nicht auch anders sein? Das ist Quatsch. Damit limitiere ich mich nur. Ich will mich vom Moment leiten lassen und alle Gefühle zulassen.“

Den Opener „Home Sweet Home“ mit einer Länge von 1:12‘‘ eröffnet „Tones“ bereits mit voller Power und zeigt das Können des jungen Berliners, seine Daseinsberechtigung als ausgezeichneter Rapper, aber auch seine soulige Seite. Gleich im Anschluss bringt er mit „Girls“ eine Lobeshymne an alle Frauen da draußen – „the one and only girls“. Dass Teesy – tüchtiger Geschäftsmann und sich zu verkaufen wissender Bursche – zu besagtem Lied gleich sogar eine eigenes Spiel in Form einer App herausgebracht hat, um Albumpromotion zu betreiben gepaart mit einer verspäteten Weltfrauentagshymne, zeigt, dass in dem wortgewandten Berliner so einige Überraschungen stecken. Es mag ein lustiger Zufall sein, dass der Song als dritte Single-Auskopplung des Albums in derselben Woche veröffentlicht wurde, in welcher Teesy zum zweitschönsten Mann Berlins gekürt wurde. Jedoch ist klar: spätestens seit dieser Veröffentlichung liegen dem 27-jährigen alle Frauen zu Füßen.

Die folgenden Tracks bringen mit „Renaissance“ und „Usain Bolt“ die beiden ersten Single-Auskopplungen von „Tones“, die bereits im Februar beziehungsweise im April dieses Jahres dem Publikum präsentiert wurden. Mit stolzer Brust und selbstbewusst präsentiert sich Teesy hier zu eingängigen Melodien, auf welche der junge Berliner seine gewaltige Stimme präsentieren kann, und satten Beats, ehe er auf „Stranger“ – die Dichte der hintereinander folgenden Singleauskopplungen (hier die vierte) ist enorm – das skurrile Stalker-Leben eines „secret mystical“ Fremden beschreibt, der seine Angebetete heimlich beschattet.

Auf „Wesley“ besingt Teesy einen Anzugtragenden Frauenhelden und Macho, dem die Coolness in die Wiege gelegt zu scheinen wurde. Ein eingängiger, fetter Beat trifft dabei auf musikalischen Einfallsreichtum mit gesungenem Protagonistenwechsel: Mal aus der Sicht eines Außenstehenden, mal aus „Wesleys“ überheblicher Perspektive: Ein Werk der Spitzenklasse mit Ohrwurmpotenzial. Zugegeben: fast jeder der 13. Tracks des Albums bohrt sich auch Stunden nach Hören eines Songs so ins Ohr, dass man sich während des Tages häufiger erwischt, wie man munter ein paar Melodien des „Tones“-Albums vor sich herpfeifft.

„Wer bin ich selbst, was macht mich aus? Was für eine Welt – was mach‘ ich draus? Verdien‘ ich Geld, verdient er mehr? Er lacht mich aus, er lacht mich aus!“ Diese ersten Zeilen entstammen dem Song „Likes“, welcher – mit durchaus sozialkritischen Worten – den niemals zu endenden Hunger nach mehr thematisiert. Der Song kritisiert die immer weiter expandierende Konsumgesellschaft und übt dabei vor allem Kritik an der sogenannten Influencer-Szene, die die sozialen Medien und Plattformen mit ihren Produktvorstellungen und Werbungen in aller Art überschattet. Egal, was man hat oder kann: es ist niemals genug. Eine Krankheit unserer Generation? Auf alle Fälle ein innovativer, in dieser Form noch nicht gehörter Track, dem man die intensive und aufwändige Produktionsarbeit anhören kann. An dieser Stelle sollte Teesy auch besonderer Respekt gezollt werden für die Begabung, seine Stimme nicht nur auf musikalischen Ebenen, sondern auch je nach Stimmung anzupassen.

Auf den folgenden Songs des Albums öffnet sich Teesy dem Hörer auch auf persönlicher Ebene und lässt den Hörer in einem gewissen Maße auf den Grund seiner Seele blicken. Mit „Die Suche nach der Tiefe an der Oberfläche“ präsentiert der junge Berliner einen Track über den Sinn des Lebens und über Fragen, die man sich im Laufe eines jungen Lebens stellt. Was möchte ich erreichen? Wem bedeute ich etwas? Welche Puzzleteile fehlen mir, um mein Leben zu vervollständigen? Ein Song für eine Lebenskrise, der zur Findung des eigenen Selbst führen soll.

Auch mit „Frei“ präsentiert Teesy einen Song, der tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt zulässt. Mit einem an Brian Wilson von den Beach Boys erinnernden Falsettgesang am Anfang des Songs zu eingängigen, langsamen Synthie-Klängen, croont Teesy aus voller Kehle. Einer der wohl nachdenklichsten Songs des Albums, der durch seinen harmonischen Aufbau aber auch die Mittelung des Songs eingängig untermalt: „Ich lass dich frei“.

Der folgende Song ist der wohl eindrucksvollste Liebessong, den Teesy seit den letzten Jahren – vor allem seit seinem auf dem Bundesvision Song-Contest präsentierten Song „Rote Rosen – geschrieben hat: „Ich lebe für dich“. Mit eingebundenem Saxophon-Solo kann der Song in die Kategorie „Rausschmeißermusik“ einsortiert werden: Eng-umschlungen als letztes verliebtes Paar in der Disco oder auf einer Feier tanzend: genau das präsentiert der Track in Reinkultur.

Auch auf dem 11. Track des Albums bleibt das Sujet des Songs gefühlsduselig, denn es geht um Teesys „Opa“, welcher – wie man dem Song entnehmen kann – vor wenigen Jahren verstarb. Dankbarkeit, Liebe, Vermissung: Toni Mudrack verpackt musikalisch einen rührenden Brief zwischen ins-Herz-treffendes Klaviergeklimper und Worten, sodass es ihm tatsächlich gelingt, aus meinen Augen einige gerührte Tränen zu entlocken. Obwohl es sich in keinster Weise um einen trauernden Abschiedssong handelt, beweist Teesy hier seine Begabung, Gefühle musikalisch in Perfektion auszudrücken. Ein Talent, was heutzutage längst nicht jedem Musiker zugesprochen werden kann.

Im letzten Song des Albums schlägt Teesy erneut etwas ruhigere Töne an, denn er berichtet über seine „Story“. („Erzähl ein bisschen über mich und meine Story.“) Ein Dankgesang an diejenigen, die an ihn geglaubt haben und ein Appell an alle da draußen, an sich selbst zu glauben und den eigenen Traum nicht aus den Augen zu verlieren. Seine Story soll anderen eine Motivation sein.

Das „Tones (Outro)“ schließlich rundet das gesamte Album noch einmal ab und erläutert, worum es eigentlich auf dem gesamten Werk gehen soll: Um Tones und um das Entdecken der Welt. Wer weiß, was kommt und was sein wird. Mystische Klänge und ein kurzer Gesprächs-Ausschnitt: „Wenn mich jemand fragen würde nach dem Album, dem self-titeled Album ‚Tones‘: Na, wer ist denn ‚Tones‘? … Dann hätte ich ehrlich gesagt keine Ahnung.“ Diese wahnsinnig mutige und ehrliche Aussage beeindruckt. Denn obwohl man häufig keine Ahnung darüber hat, wer man eigentlich ist oder sein möchte, muss man keine Angst vor der Ungewissheit haben. „Was immer in diesem Moment gerade ist, ist Tones.“  – Eine universalgültige, wenn auch so banale, aber richtungsweisende Aussage, die viele Menschen da draußen verinnerlichen sollten.

Insgesamt ist „Tones“, wie oben bereits angedeutet, für mich eins der gelungensten Werke des Jahres geworden. Neben musikalisch-grandioser Produktion, Liebe zum Detail und einem Klang, der in der Form völlig innovativ und gleichzeitig grandios ist, gibt Teesy auf seinem dritten Album auch Einblicke in seine ganz persönliche Gefühlswelt, kritisiert gleichwohl aber auch Ungereimtheiten auf der Welt und appelliert an alle da draußen, sich weniger Gedanken über das „Wie muss ich sein?“ zu machen, sondern stets das Beste aus sich selbst in eben diesem Moment zu machen, vielfältig zu sein und das auszuprobieren, was man eben möchte. Dies trifft auch auf Teesys Musik zu, denn diese ist vielfältig und kann sich nicht in Schubladen oder Genres einteilen lassen:

„Ich möchte mit meiner Musik dafür stehen, dass es kein Schubladendenken braucht. Wenn ein Song geil ist, dann ist er geil. Egal welches Genre. Pop, Rap, R&B. Punkt, Ende Aus.“

Bravo, Toni – Teesy – Tones. Ein wahnsinnig gelungenes Werk mit absoluter Kauf- und Hörempfehlung!

Das Album “Tones” kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das Ganze an:

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Tracklist

  1. Home Sweet Home
  2. Girls
  3. Renaissance
  4. Usain Bolt
  5. Stranger
  6. Wesley
  7. Likes
  8. Die Suche nach der Tiefe an der Oberfläche
  9. Frei
  10. Ich lebe für dich
  11. Opa
  12. Story
  13. Tones (Outro)

Coverrechte liegen bei Chimperator.

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