Interview mit Neck Deep über das Tourleben

Die Pop-Punker von Neck Deep sind derzeit mit A Day To Remember & Moose Blood auf Europa-Tour. In Oberhausen hatten wir die Möglichkeit, mit Sänger Ben Barlow und Gitarrist Matt West über die aktuelle Tour, ihre Schulzeit, gute Alben und die Anfangstage als Band zu sprechen.

minutenmusik: Ihr habt in der letzten Zeit über die sozialen Netzwerke auf die Aufnahmen eines neuen Albums aufmerksam gemacht. Wann können wir mit mehr Infos rechnen?

Ben: Tatsächlich sehr bald. Wir werden etwas ankündigen, es wird kein Releasedate oder so sein. Aber in den nächsten Wochen, eventuell nach dieser Tour, wird es losgehen.

minutenmusik: Jetzt seid ihr gerade mit A Day To Remember auf Tour. Viele Fans freuen sich natürlich euch sehen zu können, würden sich allerdings auch wieder kleinere Konzerte wünschen. Macht ihr euch auch über so etwas Gedanken? Vermisst ihr sowas selbst?

Ben: Ja, das tun wir. Wir waren auch in den Staaten mit Pierce The Veil auf Tour, dort haben wir tatsächlich an Off-Days unsere eigenen, intimen Shows gespielt. Denn, klar vermissen wir das auch. So haben wir angefangen. So haben wir das alles lieben gelernt. Wir werden das auch wieder machen, aber auch vor neues Publikum zu treten ist wichtig. Vielleicht haben wir nach dieser Show hundert neue Fans, wer weiß? Die Fanbase muss wachsen. Aber wir verstehen schon, dass viele unserer Fans die kleinen Clubshows auch vermissen. Wenn es soweit ist und wir etwas mehr Freiheiten haben, wird es das wieder geben.

minutenmusik: Bei einem Blick auf die Setlist der bisherigen Tourkonzerte in England fällt auf, dass ihr keine Songs von “Wishful Thinking” gespielt habt. Wie kommt’s? Keine Lust mehr auf den alten Scheiß?

Ben: Heute schon! Jetzt wo New Found Glory nicht mehr dabei sind, haben wir ein längeres Set, also haben wir ein paar neue Songs hinzugefügt.

Matt: In England haben wir die Songs vom ersten Album rausgelassen, denn da haben wir schon wirklich viel gespielt, also versuchen wir dort jetzt auch viel neues Zeug einzubringen.

minutenmusik: Was erwartet ihr von den Fans auf euren Konzerten? Moshen und Rumspringen?

Matt: Einfach eine gute Zeit haben!

Ben: Das ist sowieso das Wichtigste. Wenn man moshen und crowdsurfen will, soll man es tun. Auf jeden Fall! Tut es! Aber wer nicht will, muss natürlich nicht. Wer nur mitsingen will, und hinten stehen und gucken, auch gut. Alles geht. Solange niemand verletzt oder respektlos behandelt wird. Tu was du willst, aber sei respektvoll.

minutenmusik: Ja, manchmal bekommt man das mit, dass sich Leute dabei verletzen.

Ben: Oh ja, auf ein paar der Konzerte in England haben wir ein paar Kämpfe gesehen. Da musste ich dann sagen, dass die das lassen sollen. Und jetzt gerade haben wir wieder von einer Show in Amerika gehört, wo ein Mädchen ins Gesicht getreten wurde. Das ist echt gefährlich! Man sollte schon wissen, wenn man in einen Moshpit geht, dass die Gefahr besteht, verletzt zu werden. Aber solange jeder mit einem Lächeln nach Hause geht, ist alles cool.

minutenmusik: Habt ihr negative Erfahrungen auch als Besucher auf Konzerten gemacht?

Ben: Also ich hab schon Kämpfe gesehen. Ich war selbst nie dabei oder in irgendwelchen Moshpits. Aber früher, bei Localshows, als wir Teil des Publikums waren, auf jeden Fall. Vor allem Matt hat viel rumgemosht früher!

Matt: Ja. Jetzt bin ich zu alt.

Ben: Ja, heutzutage sind wir da nicht mehr so.

minutenmusik: Mit welcher Band würdet ihr gerne eines Tages auf Tour gehen?

Ben: Ich würde sehr gerne eine Tour mit Blink-182 spielen. Wir haben mal eine Show gemacht. Aber ich will eine ganze Tour machen. Ein bisschen kleiner gedacht, vielleicht mit The 1975.

Matt: Oder sogar mit Set Your Goals.

Ben: Ja stimmt, aus unserer Szene wäre Set Your Goals natürlich super.

minutenmusik: Habt ihr gesehen, dass ein Fan aus einem The 1975-Song einen “Enema Of The State” Remix gemacht hat?

Ben: Oh nein. Was? Nein! Das klingt krass, das werde ich mir auf jeden Fall anhören.

minutenmusik: Wie würdet ihr rückblickend eure Schulzeit beschreiben?

Matt: Also ich hatte keine schlechte Zeit. Meine Schule war echt komisch, da gab es keine Außenseiter, jeder war mit jedem irgendwie befreundet und super freundlich. Ich war der Weirdo mit langen Haaren, der diese komischen Bands gehört hat.

Ben: Das war bei mir sehr ähnlich. Ich war so ziemlich der einzige in meinem Jahrgang, der Alternative Musik kannte. Aber trotzdem war jeder mit jedem befreundet, zum Glück. Wir sind beide aus kleineren Städten, ich glaube in größeren Gebieten war das anders.

Matt: Ja, da kannte halt jeder jeden. Man ging mit den gleichen Leuten jahrelang zur Schule.

Ben: Und alle waren wirklich freundlich. Ich war mit den Strebern befreundet, mit den Musikern, den Sportlern, mit jedem. Und ich war der Typ, der die wirklich abgefahrenen Sachen gemacht hat: Skaten, Punkrock, sowas wie der Klassenclown. Die ganze Zeit habe ich dumme Sachen gemacht.

minutenmusik: Bist du in der Band deshalb der Sänger und springst auf der Bühne rum?

Ben: Ich denke schon. In der Schule selbst war ich nichtmal wirklich interessiert daran, selbst Musik zu machen, da gab es eigentlich nur diese Klassik Sachen. Ich weiß noch, als ich im Musikunterricht “There Is” von Box Car Racer gespielt habe und alle begeistert waren außer der Lehrer. Für den war das Thema klar verfehlt. Ich war mehr interessiert in Theater spielen und immer eher schüchtern, wenn es darum ging, neue Leute kennenzulernen. Aber sobald ich die Bühne betrete, ist mir das alles egal.

Matt: Das ist bei mir ganz genauso. Ich kann nicht so gut mit fremden Leuten umgehen, aber auf der Bühne gibts das nicht.

Ben: Da wird einfach zu viel Adrenalin ausgeschüttet.

minutenmusik: Seit eurer Schulzeit hat sich die Popularität von Pop-Punk ein bisschen verändert. In Deutschland haben wir nur eine sehr kleine Pop-Punk Szene, wenn überhaupt. In England scheint das alles aber größer zu sein.

Matt: Es gab da eine riesige Nachfrage in den letzten Jahren. Früher haben wir kein Pop-Punk gespielt, sondern schlechten Metalcore.

Ben: Ja, es ging um Riffs und Moshen, das war früher unsere Szene. Es gab ein paar in meiner Schule, die auch Blink-182 mochten, aber die mochten eben auch Rihanna und so. Aber in den letzten Jahren entstand so eine richtige Szene für Leute, die genau das hören. In England ist es aber auch etwas komisch, wir haben eine starke Musikszene aber alle sind sehr verbittert. Alle mögen etwas einen Augenblick lang und dann ist es auch schon nicht mehr angesagt. Also geht da einfach alles sehr schnell.

minutenmusik: Was ist euer persönliches Lieblingsalbum?

Matt: Aller Zeiten? “From Here To Infirmaty” von Alkaline Trio.

Ben: Vielleicht New Found Glorys “Sticks & Stones” oder Blinks “Take Off Your Pants & Jacket”. Diese beiden Alben haben mich wahrscheinlich zu dieser Art von Musik gebracht.

Matt: Vielleicht die wahrscheinlichste und offensichtlichste Wahl, aber gut.

Ben: Ja vielleicht, aber als ich acht Jahre alt war und diese Songs gehörte habe, gab es eben keinen Weg mehr zurück.

minutenmusik: Zum Ende eines jeden Jahres stellen viele Musikfans ihre Bestenlisten auf. Habt ihr auch darüber nachgedacht, was euch letztes Jahr am besten gefallen hat?

Matt: Also mein Lieblingsalbum letztes Jahr war das neue von Trophy Eyes. Die sind auf unserem Label und Freunde von uns und als die ihre erste Single veröffentlicht hatten, wusste ich schon, dass das richtig gut ist.

Ben: Ja, Trophy Eyes für mich auch. Ich wüsste vielleicht noch ein paar weitere, aber meistens weiß man gar nicht mehr, wie lange das alles her ist und dann ist das doch schon ein Jahr älter. Wenn ich jetzt eine Lliste hätte, könnte ich sagen: Das und das und das. War “Peripheral Vision” [von Turnover] 2015?

minutenmusik: Ja.

Ben: Ja, das meine ich.

Matt: Alles falsch.

minutenmusik: Zum Abschluss würde ich gerne noch kurz über neue Bands mit euch sprechen. Habt ihr Tipps für alle, die mit ihrer Band größer werden möchten?

Ben: Auf jeden Fall. Wir waren ja sehr schnell ziemlich erfolgreich. Ich würde sagen: Versucht Konzerte außerhalb zu spielen. Spielt ein paar Local-Shows, aber sobald ihr könnt: Versucht auf Tour zu gehen. Auch wenn es nicht eure eigene ist.

Matt: Ich denke, heutzutage ist das beste Handwerk das Internet. Es ist fast wirksamer als Konzerte zu spielen. Wir haben einmal sechs Monate keine Konzerte gespielt und das war fast taktisch klug, denn danach wollten die Leute uns umso mehr sehen. Danach waren die Locations voll.

Ben: Und vielleicht sollte man schon ein bisschen Musik draußen haben, bevor man auftritt. Manchmal spielen Bands ihre ersten Konzerte und haben nur Covers im Set, weil sie keine eigenen Sachen zu spielen haben. Habt am besten schon eine EP draußen, so 5 Songs zumindest.

Matt: Wir haben allerdings auch ein Cover gespielt auf unserer ersten Tour.

minutenmusik: Habt ihr “Rain In July” eigentlich rausgebraucht, bevor ihr euer erstes Konzert gespielt habt?

Ben: Ja, wir wollten eigentlich gar nicht auf Tour gehen. Wir wollten das nur aus Spaß machen.

Matt: Und eine einzelne Show spielen. Denn wir waren eigentlich alle gerade mit anderen Dingen beschäftigt. Ich kam von einer Tour mit einer Hardcore-Band und habe das so als Spaßding gesehen.

minutenmusik: Würdet ihr sagen, ihr habt bestimmte Dinge falsch gemacht?

Ben: Das ist natürlich schwer zu sagen. Ich bin mir sicher, wir hätten einige Dinge anders machen können, aber man lernt ja auch aus seinen Fehlern. Also nochmal: Stellt Musik ins Internet, konzentriert euch darauf, besser in dem zu werden, was ihr machen wollt, versucht bessere Songs zu schreiben und diese rauszubringen. Spielt Konzerte und versucht, eure Musik über das Internet zu verbreiten.

minutenmusik: Vielen Dank für eure Tipps und eure Zeit! Im Oktober spielen New Found Glory ja eine Album-Tour in England, inklusive “Sticks & Stones”. Ich könnte mir euch dort als Support natürlich gut vorstellen.

Matt: Vielleicht.

Ben: Also ich habe mit Chad gesprochen. Da ist noch gar nichts sicher, aber wir wollen mit denen touren und die wollen mit uns touren. Ich würde schon aus Respektsgründen den Support für sie machen. Das sind Götter. Und die coolsten Typen. Also wer weiß…

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