Jahresrückblick 2019: Marius

Jahresrückblick 2019 Marius

Das war also 2019. Wahnsinn. Im Smalltalk-Modus natürlich direkt die Frage? Wo ist es geblieben? Tja, man weiß es nicht. Aber irgendwie ist es jetzt halt um. Und es gab vieles zu erleben in diesem Jahr. Im persönlichen Bereich, aber auch im musikalischen Bereich. Manchmal verwoben sich auch die Ebenen miteinander – manch ein Album wäre ohne manches Ereignis eventuell gar nicht hier drin. Alben erzählen ja schließlich auch Geschichten oder untermalen die eigene. Damit seien an dieser Stelle jetzt aber genug Phrasen gedroschen. Schnell ab zu den Top Ten – in umgekehrter Reihenfolge von 10 bis 1.

10. Dendemann – da nich für!

Wenn einer behauptet „ich dende, also bin ich“, dann sollte man das auch ernst nehmen. Dendemann hält Wort. Schon zu Schulzeiten des sich gerade als Methusalem fühlenden Schreibers dieser Zeilen war Dendemann dank Eins Zwo der Hit auf dem Schulhof, auf die reibeiserne Stimme ist Verlass. Da nich für! zeigte Anno 2019 einen Dendemann in Höchstform, der hier keinen auf Berufsjugendlichen machen muss, um zu überzeugen. Die Beats passen, die Themen sind oft ernst und gesellschaftskritisch und es ist auf der einen Seite catchy, auf der anderen Seite aber bietet es auch Identifikationsmomente. Menschine ist so ein Beispiel, bei dem eigentlich schon der Titel für sich spricht. Das wohl beste HipHop-Album 2019, was man auch wirklich so nennen kann (vergleiche auch Platz 8).

09. The National – I Am Easy To Find

Soll ich jetzt auf Gruppenzwang schimpfen? Nein, gibt es in dem Fall ja eigentlich gar nicht, auch wenn ich es gerne mal scherzhaft sage im Falle von The National. Ich habe viele Leute kennengelernt, und 2019 vor allem noch besser kennengelernt, die ein Faible für diese Band haben, sodass ich mich auch davon überzeugen ließ, mit zum Konzert zu kommen. Das wollte gut vorbereitet sein: Ein Besuch beim lokalen Plattenhändler und direkt mal das aktuelle Album geholt. Und überrascht gewesen, gar nicht so sehr die großen Rocknummern vorzufinden, sondern ein ruhiges Indie-Rock-Album mit viel Gefühl. Eines dieser Alben, die sich erst erschließen, wenn sie ein paar Male liefen, aber sich dafür festsetzen können. Es wabert und flirrt gerne mal, es ist eingängig und es hat Schönheit. Echt gut.

08. Deichkind – Wer sagt denn das?

HipHop, die Zweite? Also in dieser Liste… Nein, nicht so direkt (vergleiche auch Platz 10). Die Zeiten, als Deichkind noch HipHop waren, sind ewig her. Die Zeiten, in denen sie sich um Konventionen scheren mussten, allerdings auch. Eine Band wie Deichkind kann es sich leisten, eine verspulte Nummer wie Richtig gutes Zeug als Single auszukoppeln. Insgesamt ein Album, das Deichkind in gewohnter Form zeigt. Irgendwie Elektropunk, irgendwie schon noch HipHop-Wurzeln mit drin und Texte zwischen Dada und Gesellschaftskritik. Quasi beispielsweise erinnert inhaltlich stark an das allzu oft falsch verstandene Leider geil. Kleine Referenzen an andere (Bude voll People beispielsweise mit der Nähe zu The Beautiful People) oder auch Keine Party, das sich selbst hinterfragt und verwundert darüber ist, warum man beispielsweise die Möbel aus dem Fenster werfen sollte. Ein wirklich starkes Deichkind-Album!

07. Within Temptation – Resist

Das war knapp! Nicht, dass das Album es qualitativ betrachtet in diese Liste schaffte. Sonst wäre es ja auf der 10 und nicht auf der 7. Knapp eher auf der zeitlichen Ebene: Eigentlich war das Album bereits für das Jahr 2018 angesetzt gewesen, die Veröffentlichung verschob sich dann aber auf das frühe 2019. Wo es auch direkt ein Highlight darstellte. Symphonic Metal in Bestform, dafür stehen Within Temptation immer wieder. Harte Gitarren, hymnische Momente, der eingängige Gesang von Sharon den Adel, hier und da mal ein Gastsänger… Ein Album, das sich gut in das Gesamtwerk der Band einfügt und in seiner Gesamtheit keine Schwachstelle aufweist.

06. Scheuber – Shades

Das dritte Solo-Album. Längst hat er sich freigeschwommen, dennoch sei es natürlich kurz reflexhaft erwähnt, dass es das dritte Album des Keyboarders von Project Pitchfork unter eigenem Namen ist. Sein selbst betitelter Indie-Wave ist erneut vielseitig geworden und kann auf Albumlänge überzeugen. Dass er aus Dark Wave und dunklem Elektro kommt, ist nicht zu überhören, aber es ist auch in aller Melancholie immer eine positive Anmutung zu hören bei dem, was das Album so beinhaltet. Zusätzlich brilliert das Album auch noch mit Gastsängerin Lilli, die auf Coloured Rays und Recaptures mitsingt. Wirklich gelungen, diese Zusammenstellung von zwölf Elektro-Pop-Perlen.

05. Wanda – Ciao!

Ich habe 2019 auch mal so etwas wie Urlaub gemacht. Wie das immer so ist, wenn ich im Urlaub bin, habe ich auch in Salzburg geschaut, was im Urlaubsland musikalisch gerade so angesagt ist. In Österreich ganz klar vorne natürlich: Wanda. Statt einer „Ich war in Salzburg und das einzige, was ich mir selbst mitgebracht habe, war dieser komische Becher“-Tasse nahm ich als Souvenir also das aktuelle Wanda-Album Ciao! mit, bevor ich der Stadt am Bahnhof ciao sagte. Ich wurde nicht enttäuscht. Angenehm-treibender Austropop mit gelungenen Texten und Abwechslungsreichtum in Musik und Thematiken. Dazu ein bisschen Augenzwinkern und eine schöne Portion Schmäh, fertig ist ein Album, das verdient die Erfolge feierte, die es in diesem Jahr eben feiern konnte.

04. Desperate Journalist – In Search of the Miraculous

Salzburg war 2019 nicht mein einziger urlaubiger Ausflug, es ging auch in den Kulturpark Deutzen. Klingt komisch? Ist aber so, denn dort fand auch in diesem Jahr das Nocturnal Culture Night-Festival statt, dem ich erstmals, aber sicherlich nicht letztmals, beigewohnt habe. Die Band Desperate Journalist kannte ich bis dato nur vom Namen, was sich vor Ort im Kulturpark ändern sollte. So desperate war der Journalist aber gar nicht, sondern sehr begeistert vom Sound zwischen Indie-Rock und Post-Punk, den die Band um Sängerin Jo Bevan da ablieferte. Ganz klar: Ohne Album der Band wurde das Festival nicht verlassen und der Kauf wurde nicht bereut. Schwungvoll-melancholische Stücke wie Cedars und Jonatan sind nur zwei der guten Gründe für dieses Album.

03. Luca Vasta – Stella

Von Remscheid bis Ragusa und dann weiter aufs Treppchen, das ist die Leistung von Luca Vasta im Jahr 2019. Die junge Dame mit italienischen Wurzeln nahm mit Stella ein Album auf, das eben genau diese Wurzeln zeigte, wie schon die Vorabsingle Old Italian Songs klar machte. Auch gänzlich auf italienisch gehaltene Stücke findet man da auf dem Album, was den Stücken auch sehr gut steht, wie man unter anderem beim Opener Modica hört. Melancholischer Indie-Pop mit Einflüssen aus dem Folk angereichert wurden hier auf Albumlänge festgehalten und sehr ansprechend aufbereitet? Oder zubereitet? Bei einem Album, dessen limited Edition sogar ein Nudelholz enthielt, darf man das wohl so sagen.

02. Lotte – Glück

Solange es Künstlerinnen gibt, die Musik wie Lotte machen, wird es vermutlich Menschen geben, die das Bedürfnis haben, Hörer zu belächeln oder Energien in Verrisse zu stecken. Schade eigentlich. Man braucht natürlich kein Philosophie-Studium, um die Texte von Lotte zu verstehen, stattdessen singt hier eine junge Dame auf ihrem nunmehr zweiten Album Geschichten aus dem Leben, umschifft beim omnipräsenten Thema der Zweisamkeit die Klischee-Fallen und wirkt dabei einfach sympathisch und sehr geerdet. Man nimmt ihr ab, was sie da singt. Deutschsprachige Pop-Musik mit Gefühl und Inhalten, bei dem sich ein jeder in der ein oder anderen Situation wiederfinden wird. Ob das nun Indie oder sonst was ist? Völlig egal, denn vor allem ist es richtig gut!

01. Marathonmann – Die Angst sitzt neben dir

Wäre es nicht sowieso Platz 1 der diesjährigen Liste, würde ich das Album jetzt als die beste Herbst-Platte bezeichnen, die im Frühsommer erschienen ist. Auf Die Angst sitzt neben dir behandelt die Band genau das: Ängste. Ein Thema, das jeden auf die eine oder andere Art und Weise, manchen mehr, manchen weniger, manchen direkter, manchen indirekter anspricht. Im Bereich zwischen Punk und Post-Hardcore präsentieren Marathonmann hier einfühlsame Härte und beleuchten die Thematik mal klarer, mal kryptischer von ihren verschiedenen Seiten. Überwiegend hart, aber auch mit zwei balladesken Momenten und verbunden mit der Feststellung, dass der Gesang zunehmend melodiöser wird, haben Marathonmann hier das Album des Jahres 2019 veröffentlicht! Behaupte ich zumindest jetzt mal.

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