Wer seit 35 Jahren auf musikalischem Wege Aufmerksamkeit erhaschen kann und 80 Millionen Platten verkauft hat, ist definitiv einer MTV Unplugged-Session würdig genug. 2017 durften neben Peter Maffay und Andreas Gabalier auch das über mehrere Dekaden erfolgreiche norwegische Trio a-ha im Juni zwei reduzierte Gigs mit besonderer Instrumentierung präsentieren. Das passende Album erschien im Oktober und kann nun in anderen Ländern live angehört werden. Die zehn Termine im deutschen Raum fanden nun am 06.02. ihren Abschluss in der Lanxess Arena in Köln.
Der Support ist leider ungünstig gewählt. Gegen 20:15 betritt Alexander Knappe die Bühne – deutschsprachiger Sänger, der 2010 durch X-Factor erste Bekanntheit erlangen durfte und seitdem extrem unspektakulären, nichtssagenden Deutsch-Pop fabriziert zu haben scheint. Von einigen Backingtracks und einem Live-Gitarristen begleitet, lädt die halbe Stunde Vorbandmusik zum Weiterquatschen ein und plätschert gewaltig. Viel mehr braucht dazu auch nicht gesagt werden.
Stattdessen geht es um Punkt 21 Uhr mit dem Hauptact los. Wie es sich für ein MTV Unplugged gehört, zeichnet sich die gesamte Show durch eine einzige Sache aus: Musik. Sonst nichts. a-ha haben genau diesen Aspekt der berühmten Reihe verstanden und legen 105 sehr musikalische, einnehmende, wohlige Minuten vor und verbrauchen maximal fünf Minuten mit Mono- und Dialogen. Dafür gibt es eine 20 Songs starke Setlist, die nahezu jede Epoche des Trios umfasst. Neben Klassikern aus dem Debütalbum wie „The Sun Always Shines On T.V.“ und „Hunting High And Low“, dem 2000er Erfolg „Summer Moved On“, dem Ohrwurm „Foot Of The Mountain“ oder dem James Bond-Song „The Living Daylights“ bietet die Show auch zwei neue Songs. Das letzte Album der Band „Cast In Steel“ ist wiederum mit keinem Song vertreten und der erfolgreiche TopTen-Hit „Crying In The Rain“ lässt ebenso auf sich warten. Trotzdem könnte bereits „This Is Our Home“ als Opener der Show kaum besser gewählt sein und legt bravourös den Grundstein für das Feeling, das nun fast zwei Stunden herrscht: eine angenehme norwegische Kühle gepaart mit Wärme. Nordische Musik ist dafür bekannt, distanziert zu bleiben und genau damit zu faszinieren. Auf diesem Konzert hüllt sie dennoch wie die Lieblingskuscheldecke angenehm ein.
Alle drei Bandmitglieder wirken souverän und liefern ohne viel Tamtam ab. Keyboarder Magne spricht einige überraschend gute deutsche Sätze und richtet sich für den ein oder anderen Moment stilvoll ans Publikum. Dass er das Keyboard im Schrank gelassen hat und stattdessen auf dem Klavier, einem digitalen Cembalo und sogar einer Querflöte musiziert, darf durchaus positiv hervorgehoben werden. Pal an der Gitarre bleibt dezent im Hintergrund, gerät aber bei vielen Soli immer wieder in den Fokus. Sänger Morten konzentriert sich auf seine Stimme und sorgt mit seinem enormen Wiedererkennungswert für das ein oder andere teenieartige Gekreische im Publikum, obwohl das im Durchschnittalter jenseits der 40 liegt. Die 8000 eher schick gekleideten Fans zeigen sich bis zum Abschluss der eigentlichen Setlist äußerst gesittet. Hier wird brav mit dem Handy gefilmt und fotografiert, nur zwischen den Titeln geklatscht, wenig gesprochen und auch im bestuhlten Innenraum stets sitzen geblieben. Erst Richtung Ende steht der Großteil auf und singt besonders bei den zwei letzten Titeln etwas lauter mit.
Untypisch für ein Unplugged der MTV-Reihe: die Gäste bleiben aus. Auf der zu kaufenden Aufnahme dürfen noch knapp eine Handvoll Special Guests mitwirken, in Köln wird darauf komplett verzichtet – macht aber nichts. Immerhin wird die Band von sieben äußerst begnadeten Musikern unterstützt, die die musikalische Qualität des Konzerts noch um einige Level nach oben reißen. Neben drei weiblichen Streichern, die zu ihren Violinen und Cellos auch im Backgroundgesang mitwirken, einem Bassisten, einem Herrn an diversen Tasteninstrumenten und einem Drummer, macht insbesondere ein Multiinstrumentalist eine gute Figur, der neben wechselnden Gitarren zeitweise am Xylophon und auf der Klarinette für i-Tüpfelchen sorgt. Dazu gibt es auf der Bühne eine große Videoleinwand mit stets stilvollen und wenig aufregenden Einspielern aus Norwegen oder Fantasiewelten, ein paar Spots mit klaren Farben und eine über der Bühne hängende Leinwand mit Großaufnahmen der Band. Das war’s. Keine weiteren Effekte, keine Kostümwechsel. Gut so.
a-ha überraschen über 100 Minuten mit durchweg hoher musikalischer Qualität und einer einfach sehr stringenten Atmosphäre. Die Tracks der Aufnahme werden in leicht abgewandelter Reihenfolge gespielt, einzig und allein „The Killing Moon“ fehlt. Das Zusammenspiel zwischen dem Trio und der Tourband ist bravourös – obwohl es wohl zu dritt ebenso funktioniert hätte, wie die dritte und letzte Zugabe „Take On Me“ beweist. Der eigentlich totgedudelte Klassiker stellt in seiner Akustikvariante nicht weniger als einen wahren Gänsehautmoment dar. Fazit: Für Fans der Band und Menschen mit Hang zur Melancholie ein angenehmes Konzert, das kurz die Minusgrade vor der Tür vergessen lässt.
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Foto von Christopher F.
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