Bishop Briggs, Die Kantine Köln, 15.12.2019

“Was feeling so weak, but baby I’m strong, / Little did I know, I’m a champion” singt Bishop Briggs mit einer selbstbewusst-kräftigen Stimme, einem fetten Grinsen im schelmischen Gesicht – und den Kehlen von Hunderten Fans als Unterstützung. Wer sich am 15. Dezember in der Kantine wiederfindet, könnte eins der wohligsten Jahresabschlusskonzerte der Gegend miterleben, denn diese Selbstermächtigung, mit der sich die Indie-Künstlerin auf ihrem zweiten Album emanzipiert hat, überträgt sich beim Liveerlebnis von der ersten Sekunde auf das gesamte Publikum. Mit Besinnlichkeit hat der knapp 70-minütige Auftritt der Britin zwar herzlich wenig zu tun, aber eine ordentliche Portion Selfcare könnte man sich ja auch mal unter den Weihnachtsbaum legen.

Pop für Alternative-Fans

Besonders schön ist es doch dann, wenn der Support-Act nicht einfach wahllos von Booker*innen zugeordnet wird, sondern eine enge Bindung zum Hauptact besteht – zumindest wenn es musikalisch halbwegs sinnig ist. So auch bei Bishop Briggs und ihrer Vorband Yoke Lore (Bild), die sie zum ersten Mal in Las Vegas gesehen hatte und sofort Feuer und Flamme war. Zurecht, denn dieser melancholisch-schimmernde Indie-Synth-Pop geht mit simplen Melodien direkt ins Ohr und gewinnt durch den exzentrischen Tanzstil von Adrian Galvin (den man übrigens auch von Walk The Moon kennt) und den deftigen Beats seines kongenialen Mitstreiters nochmal an Wiedererkennungswert. Zudem wirken die beiden auch noch verdammt sympathisch und plaudern zwischen den Songs charmant drauf los. Fans von alternativem Pop sollten sich das Duo auf jeden Fall merken, denn die beiden kommen schon in Kürze wieder! Von dieser Sorte Pop-Fans sind scheinbar einige anwesend, denn der DJ kann mit seiner Setlist mit Tracks von Billie Eilish und Lil Nas X schon ordentlich Stimmung machen und laute Singalongs anstimmen – Bis dann “We Found Love” von Rihanna und Calvin Harris als Überleitung zum großen Titeltrack der aktuellen Tour verwendet wird.

Euphorisches Workout und eine Emo-Zeitreise

So ganz scheint sie es tatsächlich nicht glauben zu können, dass da schon wieder so viele Menschen vor der Bühne warten und ihr jedes Wort entgegen schmettern. Zumindest wirkt der Gesichtsausdruck von Bishop Briggs keineswegs gekünstelt, das fette Grinsen steckt viel eher an und macht die gesanglich ziemlich imposante Künstlerin wunderbar nahbar. Zwar werden die Stücke nicht durch aufwendige Überleitungen oder Showelemente miteinander verbunden, aber gerade durch diese simple Dramaturgie wird deutlich, wie viele große Hits sich in der noch jungen Karriere der Musikerin verbergen: “Wild Horses”, “Dark Side”, “Jekyll & Hyde” oder natürlich das gigantische “River” – Sie alle gewinnen nicht nur durch die lautstarken Publikumschöre an Imposanz, sondern könnten mit ziemlicher Sicherheit auch in noch viel größeren Kontexten funktionieren. Dafür ist diese Mischung aus beinahe geflüstertem und dann doch wieder stark-souligem Gesang und gleichsam klassischen und donnernden Beats viel zu einzigartig und unwidersthlich. Aus diesem Muster brechen vor allem zwei Songs heraus: Zum einen das spaßige Medley aus “Stressed Out”, “I Write Sins Not Tragedies” und “Welcome To The Black Parade”, bei dem die Chöre vor anderem Publikum sicherlich weitaus lauter gewesen wären, aber sich die Sängerin bei ihrem Emo-Outing auf ihrem Euphorie-Höhepunkt zeigt, zum anderen die aktuelle Single und Zugaben-Einleitung “My Shine”, den Briggs gemeinsam mit ihrer engen Freundin K. Flay verfasst hat – so locker-flockig, keck und beinahe Hip-Hop-esk hat man die Britin bisher noch nicht gehört!

Potential ist also da, dass sich Briggs’ musikalische Fühler in Zukunft auch noch in ganz andere Bereiche vorantasten, aber auch mit ihrem Trademark-Sound kann sie schon ziemlich schicke Hallen füllen – das Grinsen hat sie sich also definitiv verdient. Und wer weiß, vielleicht sind ja beim nächsten Medley in Köln auch mal ein paar mehr Leute dabei, die gemerkt haben, dass Emo nicht nur im Rock-Kontext funktioniert!

Und so hört sich das an:

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Beitragsbild von Julia.

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