Ronnie Radke gehört zu der Art von Musiker*innen , an der sich wohl die Geister scheiden. Nachdem er auf Grund eines versuchten Auftragsmords an seiner damaligen Freundin ins Gefängnis wanderte, herrschte zunächst etwas Ruhe um den damaligen Sänger der Band Escape The Fate. Mit Falling In Reverse gelang ihm dann ein sehr erfolgreicher Neustart. Problematisch blieb seine Personalie aber weiterhin, vor allem in den sozialen Netzwerken stänkert er öfter gegen sehr fragwürdige Themenbereiche. Diese Dinge bleiben natürlich im Hinterkopf, möglichst unvoreingenommen versuchen wir trotzdem in den Abend zu starten.
Mit Dead Girls Academy funktioniert das auch super, die noch sehr unbekannte Band liefert ordentlich ab. Insbesondere der tolle Sound ist hier hervorzuheben, die Soundtechniker geben wirklich alles! Bei genauerer Beobachtung der ersten Vorband fühlt man sich schon sehr ins Jahr 2007 versetzt, in die Hochphase des Emos: sowohl die Outfits und Frisuren, als auch musikalisch scheinen nicht wirklich nach 2018 zu passen. Spaßig ist es trotzdem und das Publikum wirkt auch zufrieden. Als zweite Vorband kommen dann die nicht ganz so unbekannten The World Alive auf die Bühne und scheinen noch nie von dem Motto “Weniger ist mehr” gehört zu haben. Die Songs wollen am liebsten alles, harten Metalcore mit fetten Growls, elektronischere Ideen in Richtung Bring Me The Horizon und co, balladeske Strophen, dann fast wieder Pop-Punk. Kann natürlich gut klingen, bei ihnen wirkt es zumindest an diesem Abend sehr gewollt und nicht gekonnt. Absoluter Stimmungskiller ist aber Sänger Telle Smith, der bei jedem Lied mindestens 4 Mal zum Mitmachen animiert, zwischen allen Songs nochmal zum Schreien und Klatschen auffordert. Einige befolgen diese Wünsche zwar, die meisten schalten nach dem zweiten Mal aber auch ab.
Dann wird es also Zeit für Ronnie und seine Mitmusiker, die mit “I’m Not A Vampire” gleichmal einen Metalcore-Song raushauen. So geht es auch die nächsten fünf Lieder weiter, Radke schreit und singt sich alles aus dem Leibe. Besonders gruselig wird es aber bei leider ziemlich peinlichen Rap- und Elektro-Passagen, die leider nicht so wirklich geschmackvoll angeordnet werden, es wirkt alles dann doch zu viel. Etwas schade, denn musikalisch und gesanglich zeigt sich die Band auf einem sehr hohen Niveau, das Publikum ist ohnehin gebannt. Ab circa der Hälfte des Sets dann die absolute Kehrtwende: weg von den härteren Tönen, hin zu hauptsächlich von Emo und Pop-Punk getragenen Stücken wie “Fashionably Late” oder dem aktuellen Song “Fuck You And All Your Friends”. Und das macht nun mal einfach Spaß, das ganze Luxor scheint mitzusingen und sich zu bewegen, fast alle Songs ein kleiner Hit. Der größte von allen stammt aber gar nicht von Falling in Reverse, sondern eben von Escape The Fate: ja, sie spielen “Situations”, der endgültige Flashback zu alten Emo-Zeiten.
Und Radke? Mimt den geborenen Entertainer, ohne zu viel aufzutragen und bedankt sich auch brav beim Publikum. So sagt er schließlich “I am aware that I am an asshole” und alle wissen, dass jetzt Zeit ist für “Just Like You”, dem Mittelfinger-Song der Band. Was aber keiner weiß: nach nur 55 Minuten wird das auch der letzte sein. Ob das nun an Radkes vorangeganger Erkrankung liegt oder die Band einfach keine Lust mehr hat, wird nicht klar. Die Frustration und Enttäuschung ist verständlicherweise sehr groß. Abgeliefert hat die Band in der kurzen Zeit zwar sehr stark, bei einer Gruppe mit vier Alben kann man da aber trotzdem mehr erwarten. Wieso sprechen wir eigentlich die ganze Zeit nur von dem Sänger? Nun, die restliche Band scheint tatsächlich eher schmückendes Beiwerk zu sein, denn auch die Fans rufen nur noch nach ihm, nachdem die Lichter wieder angehen. Es scheint, als wären ihm die Fans trotz der ganzen Vorgeschichte noch treu ergeben und künstlerisch können wir das nach diesem Abend größtenteils nachvollziehen!
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