Idles, Zakk Düsseldorf, 03.11.2018

Idles, Zakk Düsseldorf, 03.11.2018

Wie Punk-Shows in den 1980ern wohl gewesen sein müssen? Diese rohe Energie, die rebellische Wut, gleichzeitig der positive Nutzen, den die Anhänger aus der Musik ziehen konnten – heutzutage scheint sich im Punk das meiste meilenweit davon weg abzuspielen. Mit den Ursprungsentwicklungen hat das häufig wenig zu tun. Der Erfolg von Idles kam vergleichsweise schnell: Erst im letzten Jahr schmiss das Quintett aus der britischen Hafenstadt Bristol ihr Debütalbum „Brutalism“ auf den Markt und konnte sich sowohl von Kritikern, als auch (neugewonnenen) Fans massenweise Lob einsacken. Knapp 1,5 Jahre später erschien im vergangenen August bereits „Joy As An Act Of Resistance“, das die Qualitäten der Band noch ein weiteres Mal auf die Spitze zutreibende Zweitwerk. Wer so kurze Zeit nach seinem ersten Album bereits verkünden darf, dass das 800 Menschen fassende Zakk ausverkauft ist, der hat gewiss einiges richtig gemacht. Die Band lässt das Punk-Genre im Jahr 2018 mit frischer Energie wieder aufleben – auch wenn sie nicht als Punk-Band betitelt werden möchte.

Eine Frau erhebt sich aus den Massen, steigt auf die Bühne und lässt sich geschwind auf die Menge fallen und durch den Raum tragen. Ihr Haar ist bereits ergraut. Kurz zuvor betraten Idles die Halle, die heute auf einen Wellenbrecher verzichtet. Mit „Colossus“, dem Opener des Zweitlings, geht es die Band zunächst ruhiger an: Erst reißen Bassist Adam Devonshire, Schlagzeuger Jon Beavis und Frontmann Joe Talbot die Menge in den Strudel aus abgehackten Basslines und wütenden Gesangsparts, dann betreten auch die beiden Gitarristen Mark Bowen und Lee Kiernan die Bühne. Kurze Zeit später geht der Saal zu den „Ah-Eh“-Chören von „Never Fight A Man With A Perm“ im Pogo unter. Bierbecher und Menschenkörper fliegen.

Das Publikum scheint mitgereift zu sein. Der Altersschnitt liegt wohl etwa bei 40 Jahren. Die Stimmung ist trotzdem hervorragend. Das Energielevel hoch – nicht nur beim Publikum, sondern auch bei der Band. Beavis trommelt sich die Seele aus dem Leib, die beiden Gitarrist schwirren wie Wirbelwinde umher, verschwinden zu „Exeter“ im Publikum um zwei Damen, die kurzerhand die Instrumente umgehangen bekommen, auf die Bühne zu bitten. Es bleibt nicht bei den wenigen Fans. Etwas später hat sich die Zahl der Menschen auf der Erhöhung verdreifacht. Knapp anderthalb Stunden geht das so – Talbot hält eine Ansage, in der er erklärt, womit sich der Song beschäftigt – das reicht von politischen Themen, wie dem Brexit oder toxischer Maskulinität zu persönlichen Anliegen, wie der eigenen Trauerbewältigung – dann spielt seine Band, er hebt immer wieder den Arm in die Luft oder schlägt sich selber mit der Faust ins Gesicht, das Publikum verausgabt sich, Applaus, nächste Ansage, nächster Song.

Am Ende gehen Idles in der Wall-Of-Noise von „Rottweiler“ unter. Talbot hat längst die Bühne verlassen, da schwirrt noch das krachig-entfremdete Feedback der Gitarren und des Basses durch den Raum, während der schnurrbärtige Bowen immer wieder in sein Mikrofon brüllt und Beavis wie besessen weiter auf sein Instrument eindrischt. Wer während des Blütezeit des Punks im 20. Jahrhundert noch nicht geboren war, der kann sich vermutlich nicht in die Intensität dieser Zeit hineinversetzen. Die Auftritte der Briten lassen jedoch zumindest die Euphorie erahnen, die damals durch die Clubs gezogen sein muss. Das fühlt sich verdammt aufregend an.

Im nächsten Jahr kehren Idles wieder nach Deutschland zurück. Tickets für die Shows kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Idles live 2018:

09.11. – Hamburg, Knust (ausverkauft!)
10.11. – Leipzig, UT Connewitz (ausverkauft!)
11.11. – Berlin, SO36 (ausverkauft!)
16.11. – München, Ampere (ausverkauft!)

Idles live 2019:

13.04. – Schorndorf, Manufaktur
15.04. – Köln, Gloria Theater
16.04. – Bielefeld, Forum
17.04. – Erlangen, E-Werk

Foto von Jonas Horn.

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