Zwei Dinge könnten auf einer Skala nicht so weit voneinander entfernt sein wie das Luxor und Hollywood. Und doch brachten an diesem Mittwochabend zwei Personen und ihre drei Begleiter das Maximum an Breitbild-Format in die Domstadt, die in diesen Kölner Club passen kann. Ein Abend der emotionalen Schwankungen, Atmosphäre-Superlative – und mehr Charme, als man sich das hätte erträumen können.
Nicht nach Drehbuch
Dabei begann dieses Konzert alles andere als reibungslos. Laut Veranstalter und Online-Infos sollte eigentlich Remme das Publikum auflockern, stattdessen betritt ohne jedwede Erklärung der Haupt-Act selbst schon zur Prime Time die Bühne. Klammheimlich spielte sich das israelische Duo mit den drei Tour-Musikern durch die ersten vier Songs und schaffte es mal eben, direkt 100% Stimmungswechsel in die kahlen Wände zu pumpen. Statt grauer Winterluft schaute der Spätsommer vorbei und tauchte den gesamten Abend in wohlige Rot-Töne. Die entstanden durch die perlenden Gitarren-Flächen, übereinandergeschichteten Oh-Oh-Chöre und den ungemein warmen Klang der großen Refrains. Lola Marsh-Songs können sich behutsam Zeit lassen und würden es dabei mit jeder Hollywood-Szenerie aufnehmen. Aber spätestens mit dem großen Hit “Only For A Moment” darf dann auch mal getanzt werden. Nur vielleicht anders als erwartet.
Sind die wirklich echt?
Lola Marsh könnten auch rein optisch locker die bildschöne und verträumte Band in der Bar spielen, die zu der romantischen Klimax des nächsten Blockbusters beiträgt. Wer jetzt 1 – entrückte, überdimensionale Musik – und 1 – Instagram-taugliche Musiker*innen – zusammenzählt, landet aber beim falschen Fazit. Denn Lola Marsh bringen trotz dieser Parameter mehr – schlimmes Wort, aber passt – Authentizität in dieses Konzert als so mancher Pseudo-deeper Singer-Songwriter. Das beginnt schon beim erwähnten Abspann von “Only for a Moment”, in dem Sängerin und Gitarristin Yael Shoshana Cohen erstmals emotional wird. Der Tag sei heute sehr herausfordernd und es fiele ihr schwer, so gelassen zu performen wie sonst. Verständnisvolles Schweigen und Kopfnicken seitens des Publikums – doch Gil Landau interveniert und fordert “She needs you now!” Das Publikum johlt, klatscht, singt. Yael lächelt wieder leicht, der Kloß im Hals bleibt – ist beim durchweg großartigen Gesang aber nicht zu hören.
Dann spielt sich die Band mit einer durch diese Offenheit gestärkten Selbstsicherheit durch das Set, das von sanften Klassikern wie “She’s A Rainbow” über das akustische Gemeinscaftswerk mit dem Publikum “Never Grow Up” bis zu den neuesten Bangern wie “Shot Shot Cherry” oder “Run Run Baby” verschiedenste Stimmungslagen bereithielt. Von betrübter Zurückhaltung zu echter Publikumsnähe ist der Sprung schnell geschafft, die Fans liegen dem Duo zu Füßen und dürfen sich über allerlei Schabernack, Mitmach-Spielchen (0 unangenehm) und natürlich spannend inszeniertem Folk freuen. Von einem überraschenden Cover von Miley Cyrus’ “Nothing Breaks Like A Heart” über die spürbar echte Dankbarkeit an Fanboy Michel in der ersten Reihe, der sein 21. Lola Marsh-Konzert erlebte, bis zu amüsanten Momenten wie der Aussage “Ich weiß auch nicht, wieso wir das jetzt machen, aber geht mal alle in die Hocke” hagelte es nur so vor ganz besonderen Momenten. Dass so viel Atmosphäre mit so viel Charme zusammengehen kann, hätte ich nicht erwartet. Aber man lernt ja nie aus.
Und so hört sich das an:
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Bild von Julia.
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