Ganz schön sympathisch dieser Karim Joel Martin. Das muss eingangs einmal festgehalten werden. Auch wenn so manche das wohl lieber hören als Menschen, die von Beruf Gangstarapper sind. Martin nämlich rappt als OG Keemo von seiner durchzechten Jugend, zurückliegenden Delikten, sexuellen Zusammentreffen mit Frauen (Hoes, Sluts, Bitches). Gleichsam – und das passt eher zu seiner grundsätzlichen Attitüde – verhandelt er in seinen oft ellenlangen Texten Rassismuserfahrungen und aus diesen hervorgehende Struggle. Es geht um Kämpfe mit der Psyche und der Mehrheitsgesellschaft, die ihn mal mehr, mal weniger passiv in die Kriminalität zwang.
Das zweite Mal binnen eines Jahres steht Martin vor Gorillaaugen und Gebiss am heutigen Abend auf der Bühne der Kölner Live Music Hall. Im letzten Jahr noch, da betourte er sein Album “Mann Beisst Hund”, das einige Tage nach Release zurecht kurzerhand zum bestbewertesten Album des laufenden Jahres auf der Nerdplattform rateyourmusic.com mutierte. Heute – erneut sind alle Tickets im Vorhinein vergriffen – steht ein Program der anderen Art an, wie er nach dem ersten Song erklärt. Man spiele nun schon seit einigen Jahren Konzerte und würde gerne einmal seine gesamte bisherige Diskographie würdigen. Darunter fallen auch Songs, die während der letzten Tourneen nicht gespielt wurden, etwa solche der Mixtapes “Neptun” und “Skalp” von 2017 und 2018. Phase für Phase spielt sich Keemo so durch seine Karriere, beginnend mit den ersten zwei Mixtapes, dann ausführlich das populäre “Mann Beisst Hund”-Album abhandelnd und anschließend den 2019er-Durchbruch mit “Geist”.
Zwischendurch streut Martin besondere kleine Momente. Er debütiert einen neuen Song vom nächsten Mixtape (erscheint wohl in der zweiten Jahreshälfte), reist zurück ganz an den Anfang und spielt seine allererste Single “Rigor Mortis”. Außerdem hat er eine Reihe von Freunden dabei. Ramzey als Einheizer, der später auch einige Gastparts übernimmt. Sumpa für “Petrichor”, der nur heute gespielt wird. Und Lugatti und 9ine für “Kreislauf”, der ebenfalls Köln-exklusiv bleibt. Wie sicher Keemo jeden Sechszehner runterrappt, bleibt bei der schieren Menge an Songs – 29 sind es an der Zahl – und Länge der Texte eine Glanzleistung. In der Halle außerdem wird es trotz der kühlen 8 Grad unter dem klaren Frühlingshimmel währenddessen immer wärmer, Moshpits immer größer.
Sympathiepunkte erzielt Keemo vielfach. Etwa dadurch, wie wertschätzend er seiner Crew dankt: Von seinem “Freund, Produzent und DJ” Funkvater Frank über Technik, Tourmanagement und Merch hin zu Gästen und Security. Die Einheizeransage zu Beginn der Show außerdem übernimmt jeweils ein Fan aus der ersten Reihe. Heute eine Frau, bei der sich Martin zwischendrin ebenfalls bedankt. Lob bekommt auch die Crowd. Es sei nicht selbstverständlich, dass so viele Leute immer wieder zu seinen Shows kommen würden, betont Keemo. Nach 90 Minuten und zwei Zugaben kommt die Show so schlussendlich dieser Attitüde würdig zum Ende: Mit einer langen Danksagung. Ganz schön herzlich.
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Fotorechte: Jonas Horn.
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