Project Pitchfork, Backstage München, 05.10.2025

Project Pitchfork im Backstage München

Eindeutig: Die Dinge nehmen wieder schneller Gestalt an. Nachdem vor dem aktuellen Album „Elysium“ aus verschiedenen Gründen – vor allem einer Erkrankung und Operation von Mastermind Peter Spilles – rund fünfeinhalb Jahre vergingen, trägt die aktuelle Tour bereits den Titel „Epitaph“. Also jenen des kommenden neuen Albums. Das ist zwar zur Tour noch nicht veröffentlicht, aber diese Konstellation war für Project Pitchfork bekanntermaßen noch nie ein Hindernis. Schließlich ist die Diskografie groß und voller Klassiker und zugleich bietet sich live bereits ein Vorgeschmack auf das, was da noch kommen mag. So auch an diesem Sonntagabend in München.

Zunächst durfte Peter Spilles selbst Fan sein – schließlich hat er den Support-Act Oberer Totpunkt persönlich ausgewählt. Genre-technisch schwer greifbar und meist unter dem Dach der „Neuen Deutschen Todeskunst“ einsortiert, zieht die Band live dennoch direkt und unkompliziert in ihren Bann – wie schon der Opener „Blutmond“ eindrucksvoll zeigte. Mit eindringlich-bedrohlichen Beats und der teils ins Hypnotische gehenden Stimme von Bettina Bormann legte das Duo los und ging auch showtechnisch schnell in die Vollen. Im Mittelpunkt stand die diesjährige Veröffentlichung „Feuer“, auf der die druckvollen Live-Songs gebündelt vorliegen.

Auf insgesamt elf Stücken präsentierte die Hamburger Formation ein abwechslungsreiches Programm – und das, obwohl sie nach all den Jahren tatsächlich erstmals in München spielte. Das Eis war jedoch rasch gebrochen, nicht zuletzt durch das sympathische Auftreten der Band, die zu „Langfristig gesehen sind wir alle tot“ augenzwinkernd ergänzte, dass kurzfristig aber erst einmal Project Pitchfork auf Tour seien. Im vielseitigen Set fanden sich mexikanische Anklänge („Día de los Muertos“), Alltagsbetrachtungen (Alltag macht tot) und eine Art Bestandsaufnahme von „Hamburg“, die sich laut Ansage problemlos auch auf München übertragen ließe. Mit „Die Krieger“ endete schließlich ein musikalisch wie optisch abwechslungsreiches Set, bei dem Oberer Totpunkt zweifellos einige neue Zuhörer*innen für sich gewonnen haben dürften.

Setlist Oberer Totpunkt:

01. Blutmond
02. Langfristig gesehen sind wir alle tot
03. Rattenfänger
04. Dia de los Muertos
05. Teufels Lehrerin
06. Zeit verfliegt
07. Maschinenherz
08. Alltag macht tot
09. Hamburg
10. Meine Welt
11. Die Krieger

 
Nach der Umbaupause wurde der Saal schnell wieder dunkel, die Band betrat nach und nach die Bühne – und wie gewohnt ging es bei Project Pitchfork sofort in die Vollen. Ein Luxus, wenn man direkt nach dem Intro mit einem tanzbaren Elektro-Kracher wie „Timekiller“ starten kann, der – wenig überraschend – für Begeisterung und Bewegung sorgte. Mit einer Reihe von Klassikern und jüngeren Hits wie „Titânes“ war das Eis sofort gebrochen, nein: geschmolzen. Die Stimmung war auf beiden Seiten der Bühne – also vor und auf ihr – hervorragend. Da darf man es auch mit Humor nehmen, wenn typische Live-Momente passieren, etwa bei Angels, als versehentlich das falsche Video eingespielt wurde.

Apropos Humor: Auch wenn Peter Spilles augenzwinkernd anmerkte, er sei „Gothic und somit nicht lustig“, gab es einige humorvolle Momente. So etwa, als er zwischen zwei Songs einen Schluck trank und trocken feststellte: „Geil, könnt ihr alle still sein.“ Live-Musik mit Live-Stimmung – und mit echten Live-Momenten, kann man da nur konstatieren. Inmitten dieser energiegeladenen Gemengelage war spürbar, dass sich die Band in ihrer aktuellen Besetzung bestens gefunden hat: mit Waik an Keyboard und Gitarre, Peters Frau Sue am Keyboard und Gesang (etwa bei „Ascension“), flankiert von der gewohnten Wucht am Schlagzeug durch Achim Färber und Leo. Das wirkte rund, homogen – und machte einfach Freude, mitzuerleben.

Und natürlich: Wer Project Pitchfork kennt, weiß, dass hinter der Musik immer auch Aussage steckt. Vor dem neuen Stück „Memento Mori“ erklärte Spilles, es sei „einigen gewidmet, die gerade die Welt beherrschen“ – ein Song, der nicht nur thematisch, sondern auch durch seinen seltenen deutschen Text überzeugte. In der Zugabe wurde es erneut politisch: „Was ihr jetzt seht, ist schlimm. In unseren Schlachthäusern sieht es genauso aus – nur hinter verschlossenen Türen“, sagte Spilles vor „The Island“, das durch die blutigen Walbilder noch eindringlicher wirkte.

Wo wir beim Stichwort Zugabe sind: Natürlich gab es auch in München zwei davon. Während das genannte „The Island“ im zweiten Block lag, sorgten zuvor „The Longing“, „God Wrote“ und „Human Crossing“ bereits für einen Hochkaräter an Zugabenmomenten. Zum Abschluss folgte schließlich noch ein augenzwinkernder Hinweis: „Einen haben wir noch, dann beginnt die Arbeitswoche.“ Und die startete am Montag für viele vielleicht mit etwas kleineren Augen als sonst – dafür aber mit einem hervorragenden Konzert in Erinnerung.

Setlist Project Pitchfork:

01. Timekiller
02. Song Of The Winds
03. Conjure
04. Acid Ocean
05. Tîtanes
06. K.N.K.A.
07. Angels
08. Blind Mice
09. I Am
10. Memento Mori
11. Queen Of Time And Space
12. Melancholia
13. Volcano
14. Ascension
15. Rain
16. Souls
17. Beholder
18. The Longing (Z)
19. God Wrote (Z)
20. Human Crossing (Z)
21. Blood-Thirst (ZZ)
22. The Island (ZZ)
23. Rescue (ZZ)

 
Und so hört sich das an:

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