Es ist ein ambitioniertes Konzept. Zwei Künstler – der eine mit, der andere ohne Arena-Erfahrung – gemeinsam auf Tour. Spielen ein gemeinsames Set. Füllen dieses mit jeweils einer Stunde ihrer Musik. Sie erproben auch unveröffentlichte Songs. Deshalb werden Handy-Kameras abgeklebt, jegliches Filmen penibel unterbunden. RIN und Schmyt haben dieses Konzept in die Tat umgesetzt. „No Phones Allowed“ nennt sich die zugehörige Tour, die an einem Samstag Abend im Düsseldorfer PSD Bank Dome stoppt.
Der Plan also steht. Doch wie übersetzt sich dieser in die Realität? Der Einlass zunächst läuft schleppend. Jede Handykamera muss mit bunten Stickern abgeklebt werden. Das dauert und zieht die Einlassschlange in die Länge. Support Tua und sein (Hiphop-)Arm-Workout beginnen dementsprechend eine Viertelstunde später. Ganz rund läuft es auch an anderer Stelle nicht. Die Securities nämlich nehmen das Konzept etwas zu ernst. Jeder Blick aufs Handy, jedes Handylicht wird mit der Aufforderung einmal bitte die Bildergalerie zu zeigen quittiert. Statt für Ordnung und Ruhe zu sorgen, laufen einige Ordner so nahezu hektisch umher. Etwas übertrieben und kleinlich erscheint dieser Generalverdacht – immerhin sind doch alle da, um gemeinsam einen guten Abend zu haben. RIN selbst wird später augenzwinkernd darauf hinweisen, dass er doch hier und da mal „einen Schlingel“ filmen sieht.
Die zwei Haupt-Protagonisten kommen ohne großen Pomp gleich zur Sache. Über zwei Stunden lang spielen sie im Wechsel in zwei bis drei Songs langen Blöcken Eigenkompositionen. Den Rahmen davon bilden drei gemeinsame Lieder. „Athen“ als Eröffnungsstück, „Gift“ als Hauptsetcloser und „Sternenstaub“ als krönender Abschluss. RIN außerdem spielt drei unveröffentlichte Songs. Schmyt , der erzählt er verließe sonst den Raum, wenn er Leuten neue Songs erstmals zeige, zwei. RIN performt alleine, Schmyt hat einen Schlagzeuger und Bassisten/Keyboarder hinter sich.
Auch die Produktion reduziert sich auf das Wesentliche. Eine ordentlich angerichtete Lichterwand hinter den Musikern, ein paar Feuer- und Rauchfontänen und eine kleine erhöhte Ebene in der Bühnenmitte. Mehr nicht. Im Fokus stehen die Lieder und die Energie, die diese bei den knapp 7000 Fans auslösen. Und die hat es in sich. „Taximann“ sorgt für den ersten kollektiven Abriss, „Universum Regelt“ für einen urlauten Choral und Gänsehaut, „Ich wünschte du wärst verloren“ in der Gitarren-Version für ein Feuerzeugmehr (ja, wirklich), „Bros“ und „Dior 2001“ zum Schluss für den letzten Abriss. Es bleibt also ein Wunder, dass der PSD Bank Dome anschließend noch steht. Besonders ist ebenfalls ein Medley aus „Eros“-Klassikern, das Rin spielt. Und auch ein anderer Moment bleibt hängen: Die letzte Hook von „Keiner von den Quarterbacks“, dem Lieblingssong RINS, wird im Duett gesungen.
Spielen zwei Musiker so gleichwertig ein gemeinsames Konzert, bleibt der Vergleich nicht aus. Erstaunlich ist vor dem Hintergrund, wie mitreißend Schmyt performt und die Crowd dirigiert. Immerhin ist dieser erstmals als Headliner in Hallen der Größe. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Daran scheinen die im Raum stehenden Vorwürfe häuslicher Gewalt, die Schmyt im September in einem längeren, mittlerweile gelöschtem Video publik machte, jedenfalls nichts geändert zu haben. Schmyt wies dort den Vorwurf zurück, er habe seine Ex-Partnerin schlafend so doll ins Gesicht gedrückt, dass diese ein Hämatom davon trug. Er sprach von einer toxischen Beziehung, derem von Untreue durchzogenem Ende, von Erpressung. Zu Sprache kommen diese Geschehnisse nicht. Sie sollen hier nicht unerwähnt bleiben.
RIN, der in den letzten Jahren vor allem stimmlich zugelegt hat, kämpft – eventuell aufgrund technischer Schwierigkeiten? – vor allem eingangs noch damit bei so manchem Song die richtige Tonlage zu finden. Er glänzt an anderer Stelle, leitet den Abriss an und übernimmt die meiste direkte Kommunikation mit der Menge. Er erzählt etwa von der Hoffnung, dass der Abend auch trotz oder gerade wegen fehlender digitaler Erinnerungen noch lange nachhallen würde. Immerhin habe man gemeinsam besondere Momente erlebt. In Erinnerung bleiben wird jedenfalls ein im Rückblick homogeneres und runderes Konzerterlebnis, als das Konzept vermuten lassen würde.
Mehr RIN gibt es hier. Mehr Schmyt hier.
Und so sah das eventuell aus:
RIN: Instagram / Tiktok / Twitter / YouTube
Schmyt: Instagram / Tiktok / Facebook
Beitragsfoto von popsiclemane.
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