“Feral Roots” schlug ein wie eine Bombe. Und das sehr verdient, denn auf ihrem sechsten Album haben die Rival Sons derart viele übergroße Rockmomente geschaffen, dass es schon unheimlich ist – vor allem im Jahr 2019. Dabei stehen die Songs mit der Coolness eines lässigen Zigarettenstummels im Mundwinkel irgendwo zwischen Epik und Groove, vom ausgezeichnten Songwriting stets knapp vor der Mackerhaften Rock-Geste bewahrt. Kein Wunder also, dass ihre Konzerte seit der Veröffentlichung Anfang des Jahres immer häufiger für ausverkaufte Hallen sorgen, so auch in Bochum.
Schon bei der Vorband Last Train sorgt die Innentemperatur für das waschechte Feeling einer Desert Session. Die vier Franzosen geben sich aber auch redlich Mühe, die Massen und sich selbst ins Schwitzen zu bringen. Bei den groovenden Passagen würden auch die Libertines und Strokes wohlwollend Applaus spenden, die atemberaubenden Jam-Elemente hätten hingegen alte Helden wie ZZ Top und Thin Lizzy stolz gemacht. Vor Leidenschaft geschlossene Augen, Schreie der Energie über die krachenden Riffs – alles sitzt, das Publikum liebt es.
Mit so viel Aufschwung im Rücken können die fünf Rival Sons dann auch ganz lässig die Bühne entern und mit “Too Bad” direkt ihre Stärken unter Beweis stellen: Absolut unwiderstehliche Riffings, eine einzigartige Stimme, mitreißende Grooves. Macht Laune, vor allem dem Publikum. Bei der Band stehen fünf sehr unterschiedliche Musikertypen auf der Bühne, die für ein teils krasses Dynamikgefälle sorgen: Während sich Frontmann Jay Buchanan an ewigen Rockstar-Posen vergeht und seine Zeilen mit zwischen Gänsehaut und Überschwang schwankendem Pathos auflädt, croont sich Gitarrist Scott Holiday mit so viel Lässigkeit durch die anspruchsvollen Riffs, dass einer*m schon mal der Mund offen stehen bleiben kann. Bassist Dave Beste bewegt sich hingegen kein Stück vom Fleck, spielt aber mit einer stoischen Introvertiertheit wunderbare Bassfiguren wie im Schlaf. Im Hintergrund sorgen dafür Schlagzeuger Mike Miley und Tour-Keyboarder Todd Ögren-Brooks für ordentlich Publikumsinteraktion und laden immer wieder zum Mitmachen ein. So gut, so unterschiedlich. Mit einer riesigen Portion Talent sind jedoch alle Künstler ausgezeichnet und so spielen sie sich schon beinahe ein Ticken zu gekonnt durch die ersten Songs.
Nachdem sich die Massen hier schon voll aufgeheizt haben und ihre Textkenntnisse beweisen, läutet der Titeltrack des aktuellen Albums eine ziemliche Durststrecke mitten im Set ein. Nach “Feral Roots” folgen nämlich gleich drei weitere ruhige Songs, die sich in minutenlangen Jam-Eskapaden verlieren. Im Gegensatz zum Support überspannen diese Etappen bei den Rival Sons aber allesamt den Bogen und sorgen für ein ziemliches Stimmungstief. Sehr schade, dass die Setlist hier nicht anders aufgebaut wurde, denn schon im Anschluss beweisen die Rival Sons mit Klassikern wie “Keep On Swinging” und dem fulminanten Finale “Do Your Worst”, dass sie auch live keine übergroßen Gesten für den perfekten Rockmoment brauchen.
Kaum ist die Stimmung wieder ganz oben angelangt, wählt das Quintett für die Zugabe “Shooting Stars” aus. Das Stück, das mit Gospel und Acapella-Momenten für die größte Gänsehaut des Abends sorgt. “My love is stronger than your hate will ever be” singen die versierten Musiker gemeinsam, die Instrumente lassen diesen wichtigen Worten ausnahmsweise den gesamten Raum. So wirklich überrascht es einen da schon gar nicht mehr, dass sie auch den mehrstimmigen Harmoniegesang aus dem Stehgreif beherrschen, doch gerade in diesem gigantischen Moment spürt man tief im Inneren: Die werden mal zu den ganz Großen gehören.
Und so hört sich das an:
Rival Sons live 2019:
- 17.11.2019 LKA Langhorn Stuttgart
- 18.11.2019 Capitol Hannover
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Beitragsbild von Julia.
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