34 Grad. Der bisher wärmste Tag des Jahres hat bei vielen Unwohlsein ausgelöst. Kreislauf, flauer Magen, trockene Kehle. Genau der passende Tag um auf ein Open-Air-Konzert zu gehen, oder? Zum Glück hat der SparkassenPark vorgesorgt und am 25.6. seine Gäste kostenlos mit Trinkwasser versorgt. Direkt am Eingang stehen unzählige Plastikbecher auf Tischen und werden ständig nachgefüllt. Bravo!
Das ist auch bitter nötig. Über 12.000 Gäste suchen am späten Nachmittag das Stadion auf und wollen eine der größten britischen Ikonen sehen. 67 Jahre jung ist Sting und hat mit seinem neuen Programm My Songs anscheinend Lust auf diverse Hits.
Mit wenigen Minuten Verspätung geht es um kurz nach 20h los. Leider jedoch noch längst nicht für Alle. Aufgrund eines Staus in der Nähe verzögert es sich für mehrere Hunderte von Autos erheblich, sodass selbst um 20:30 noch nicht alle Platz genommen haben. Aber so ist das manchmal im Leben.
Inhaltlich gibt das fast zwei Stunden und 22 Songs lange Konzert in der Tat das, was es verspricht: Hits. Viele von Sting solo, noch mehr von The Police. Gleich zwölf Mal greift der „Stachel“ auf Klassiker seiner Ex-Band zurück, aufgestockt wird mit neun eigenen Titeln und einem Duett-Song mit Shaggy vom letzten gemeinsamen Projekt.
Das erst kürzlich erschienene My Songs soll alte Titel in neuem Gewand präsentieren, bleibt aber doch recht vorhersehbar. Überraschungen passieren nur selten, stattdessen ist der Sound einfach etwas druckvoller. Den bringt die siebenköpfige Band um den Sänger auch gut wieder. Drums, Keys, zwei Gitarren, Mundharmonika, zwei Backgroundsänger und Sting an seinem Bass. Soundtechnisch klingt das wirklich sehr klar, sodass jede Spur wahrgenommen werden kann. Außerdem darf jeder mal allein ran und zeigt, dass er was von seinem Instrument versteht.
Der große Nachteil steckt tatsächlich ganz woanders: es gibt stark komponierte Musik. Das war’s. Das Licht sind ein paar Standardspots. Die Show wird auf zwei Leinwänden übertragen, damit auch die Tribünen was erkennen. Sting macht ab und an eine Ansage und fordert zum Klatschen auf. Ansonsten passiert exakt nichts.
Natürlich geht man nicht zu Sting, weil man hier ein großes Spektakel erwartet. Zwischen großem Spektakel und einem gefühlten Standbild gibt es aber auch Abstufungen. Letztendlich funktioniert optisch jeder Track genau gleich, da auf Requisiten oder Videoeinspielungen verzichtet wird. Aufgelockert wird das doch eher monotone Happening durch diverse Soli, u.a. auch von den Backgroundsängern. Die sind zwar gesanglich alles andere als schlecht, wirken aber auch irgendwie etwas gewollt cool. Warum ein so makelloser Song wie „Shape Of My Heart“ plötzlich soulige Extrastrophen benötigt – man weiß es nicht. Schöner wäre stattdessen einige Titel eben anders klingen zu lassen oder in einer Liveversion zu verlängern, aber auch das bleibt nur ein Wunsch. Stattdessen huschen wirklich tolle Titel wie „Fields Of Gold“ oder „Desert Rose“ ein wenig an einem vorbei trotz tollen Musikern und gutem Sound.
Auch das Publikum wirkt nur zum Teil imponiert. An vielen Stellen wird geredet. Man ist eben im SparkassenPark und irgendwo vorne spielt auch noch Sting. Bei einigen Titeln entsteht dann aber doch eine Form von Interaktion, sodass bei „So Lonely“ und „Roxanne“ auch mal getanzt und mitgeklatscht wird. Das sind auch klar die Showhighlights, die über die nicht von der Hand zu weisenden tonalen Schwächen beim Sänger in den hohen Lagen hinwegzutäuschen wagen. Gerade im Mittelteil plätschern hingegen die Reggae-Arrangements arg an einem vorbei. An der Setlist gibt es zwar nichts zu nörgeln, da „Message In A Bottle“, „Englishman In New York“, „Walking On The Moon“ oder „If You Love Somebody Set Them Free“ alle dabei sind, aber trotzdem fehlt es eben an dem Stückchen Besonderen. Man sitzt halt nicht zuhause mit Kopfhörern auf der Couch und lauscht der Musik, sondern ist bei brüllender Hitze auf einem Konzert und guckt auf die Bühne.
Bei der dritten und letzten Zugabe „Fragile“ wird es dann aber doch emotional. Die akustisch heruntergefahrene Nummer wirkt nicht so nach Pflichtprogramm wie einige Titel zuvor. Hier kommt dank viel Ruhe im Stadion, einer untergehenden Sonne, aber auch einem schönen Instrumental, viel Gefühl an. Das hätte mit Sicherheit auch bei anderen Songs geklappt.
Für die besten Plätze verlangt Sting einen Betrag, der grade die dreistellige Marke knackt. Und ja, eine wilde Show würde nicht wirklich zu ihm passen. Aber besonders im Vergleich zu anderen Kollegen, die ebenfalls lange im Geschäft sind und ähnliche Preise verlangen, ist das leider dann doch etwas zu steif und ernst, zu wenig persönlich und irgendwo auch ein wenig öde.
Und so hört sich das an:
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Foto von Christopher.
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