Manchmal deutet sich schon beim Voract an, wie ein Abend verlaufen wird. So auch bei The World Is A Beautiful Place & I’m No Longer Afraid To Die, die momentan ihr drittes Album „Always Foreign“ betouren – übrigens für uns eine der Emo-Platten des letzten Jahres – und sich die Kamikaze Girls aus der UK als Einheizer einpackten. Diese erwiesen sich als perfekten Opener für das amerikanische Sextett. Bestehend aus Sängerin und Gitarristin Lucinda Livingstone und Schlagzeuger Conor Dawson spielt die Band progressiven Riot-Punk und weiß mit seinem ersten Köln-Auftritt direkt ein selbstbewusstes Statement zu setzen. Die Band spricht sich gegen sexuelle Belästigung aus und solidarisiert sich mit Opfern von Übergriffen, konzentriert sich sonst aber voll auf seine Musik, in der man versinkt und scheinbar viel Spaß hat. Das Gebäude 9 ist weit vom Ausverkauf entfernt, dennoch aber gut gefüllt. Die Zuhörer lauschen höflich.
Das ändert sich auch nicht für den Hauptact des Abends. Auch während der Band mit dem langen Namen beobachtet man den Auftritt eher zurückhaltend und tanzt in sich versunken. Zwischen den Songs huldigt man der Band, die eine grandiose Performance hinlegt, mit tosendem Applaus. Diesen haben die sechs Musiker – man hat nicht nur einen längeren Namen, sondern auch ein deutlich fetter besetztes Line-Up gewählt – sich wahrlich verdient.
Sänger David Bello wirkt zwar die gesamte Dauer des 90-minütigen Konzertes etwas schüchtern, tanzt mit geschlossenen Augen und singt mit herabhängenden Armen, legt damit aber eine zu der Grundstimmung der Musik passende Performance ab. Die beiden Gitarristen Chris Teti – versteckt sich die größte Zeit hinter seinen langen Haaren – und Tyler Bussey zaubern wunderschöne Melodieparts aus ihren Sechsaitern, arbeiten viel mit Delay und Effekten und harmonieren wunderbar. Bassist Josh Cyr wirkt dagegen etwas weniger introvertiert, sucht immer wieder den Blickkontakt zu seinen Kollegen, wälzt sich über den Bühnenboden und treibt die oftmals sehr langen Stücke seiner Band ordentlich voran. Auch Schlagzeuger Steven Buttery legt kraftvolle anderthalb Stunden hin, meistert die nicht selten auch mal vertrackten Rhythmen der Songs und weiß vor allem in den lauteren Passagen zu überzeugen. Neben diesen markanten Charakteren geht Keyboarderin und Zweitvocalistin Katie Dvorak zwar ein wenig unter und rückt am linken Bühnenrand etwas in den Hintergrund, trägt aber ihren Teil zum breiten Sound von The World Is A Beautiful Place & I’m No Longer Afraid To Die souverän bei.
All diese komplett unterschiedlichen Charakter bilden das Kernstück von dem, was The World Is A Beautiful Place & I’m No Longer Afraid To Die auszeichnet. Die Musik thront majestätisch über der Performance dieser einzelnen Bandmitglieder und umhüllt die Zuhörer mollig warm in Zeiten, in denen vor allem im Politischen Kälte herrscht. So dreht sich auch einzige Ansage, die Bello hält und ein Großteil des letzten Albums des Sextettes um (amerikanische) Politik. Emo kann eben auch politisch sein. Dies rückt für den Abend jedoch bei der musikalischen Genialität, die man abliefert, fast in den Hintergrund. Das, was da präsentiert wird, ist nämlich große Klasse. Was sich also schon bei den ersten Tönen der Kamikaze Girls angedeutet hatte, führt sich auch während des Hauptacts fort. Was ein musikalischer Abend der Extraklasse!
Und so sah das vielleicht aus:
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The World Is A Beautiful Place & I’m No Longer Afraid To Die live 2018:
26.03. – München, Feierwerk
29.03. – Wien, Arena (AT)
Foto von Jonas Horn.
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