While She Sleeps, Essigfabrik Köln, 23.02.2019

While She Sleeps

„You Are We“, das aktuellste Album von While She Sleeps, entwickelte sich schnell zu einem Szene-Klassiker und befand sich sicherlich nicht nur bei mir ganz oben in der Top-Liste des Jahres 2017. Dementsprechend enttäuscht waren die Fans als die fünf Jungs damit nicht als Headliner zu uns in die Nähe kamen. Zwei Jahre später steht der Nachfolger „So What“ kurz vor Veröffentlichung und While She Sleeps treten endlich wieder als Hauptact auf. Die Band veröffentlichte davon bereits drei Lieder, die darauf schließen lassen, dass das Album thematisch an seinen Vorgänger anknüpft. Viele Musiker in der Szene nutzen ihre Reichweite, um auf die aktuellen Probleme in der Welt aufmerksam zu machen. Und so sollte das Publikum am Samstagabend nicht nur von While She Sleeps zum Nachdenken angeregt werden.

Die Sheffielder setzten mit dem Opener „ANTI-SOCIAL“ direkt zu Beginn zwei Statements: Sie sind unzufrieden mit der Weltlage und hier sind alle gleich. Auch der Main Support Stray From The Path aus dem 5420 Kilometer entfernten New York vertritt die gleiche Haltung. Sänger Andrew Di Jorio betritt mit pfirsichfarbenem Haar die Bühne und stellt als allererstes klar, dass er und seine Bandkollegen gegen Rassismus und andere Feindlichkeiten sind. Jeder ihrer Songs dreht sich um genau das und wurde energiegeladen präsentiert. Nicht nur die textlich, sondern auch musikalisch lässt sich die Gruppe am besten als Rage Against The Machine unserer Genration beschreiben. Das kam gut beim Publikum an: Ausgelassene Moshpits, etliche Crowdsurfer und rasante Circle Pits prägten das Set.

Hilfreich war dabei natürlich, dass sich die Menge gut bei der ersten Band des Abends aufwärmen konnte. LANDMVRKS aus Marseille hatten modernen Metalcore mit frischen Post-Hardcore Elementen in petto. Sie ergänzten damit perfekt das Line-Up. Ungeachtet der gerade mal halb gefüllten Essigfabrik war die Stimmung nämlich so gut wie bei einer Headliner Show. Hoffentlich kommen die vier Franzosen für mehr als nur 6 Lieder bald wieder nach Deutschland.

Doch zurück zum Hauptact. Fans, die eine „You Are We“ Tour vermisst hatten, kamen bei diesem Konzert voll auf ihre Kosten. While She Sleeps legten den Fokus auf ihr Erfolgsalbum und machten ihre Einstellung mit 6 Songs davon klar: Sie haben genug von einer Gesellschaft, in der Kriege herrschen und Länder sich abgrenzen, die von Ignoranz und Manipulation geprägt ist, in der man sich machtlos fühlt und in der sich einfach nichts ändert.

Die Atmosphäre war aggressiv. Der Gesang des Gitarristen Mat Welsh und des Bassisten Aaron Mckenzie war rau und laut. Im Vergleich zu der Support Show bei Architects 2018 wurden wesentlich weniger Backingvocals eingesetzt. Hierdurch wirkten die Lieder echter und emotionaler. Es störte auch nicht, dass Frontman Lawrence Taylor live nicht der beste Sänger ist. Loz ist einfach ein herzenssympatischer Mensch. Er verlierte sich vollkommen in den Liedern, gab sich der Musik hin und zog das gesamte Publikum in seinen Bann. Trotz der wütenden Stimmung der Lieder sah man der Band den Spaß an einer Live-Performance an. Die Musiker grinsten zwischendurch über beide Wangen und stellten immer wieder Blickkontakt mit dem Publikum her.

Die Stimmung auf Metalcore Konzerten kann allerdings auch gefühlvoll werden: Band und Publikum sangen gemeinsam das Intro von „Four Walls“ während die Essigfabrik von Handylichtern und Feuerzeugen erleuchtet wurde. Gänsehaut pur. Natürlich durfte der Klassiker „Seven Hills“, bei dem sich die Halle in ein Meer aus Crowdsurfern verwandelte, nicht fehlen. Auch die neusten Lieder „HAUNT ME“ und „THE GUILTY PARTY“ fanden einen Platz im Set. While She Sleeps ruhen sich nicht auf ihrem Erfolg mit „You Are We“ aus, sondern beweisen erneut genialen Ideenreichtum. Ihre Fans zeigten sich textsicher und die allgemeine Vorfreude auf „So What“ ließ die Stimmung am gesamten Abend kochen.

Der Auftritt endete damit, dass Loz zum Mischpult „surfte“, dort auf ein Gerüst über dem Publikum kletterte und sich, wie man es eben von ihm kennt, in die Menge fallen ließ. Es bleibt zu hoffen, dass die Message des Abends zusammen mit den Besuchern die Essigfabrik verließ und While She Sleeps sowie dutzende andere Bands die Grundeinstellung vieler Menschen doch noch mit ihrer Musik verändern können.

Und So hört sich das an:

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Die Rechte für das Foto liegen bei Lucie Kreß

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